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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal.

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wann hat diese ministerielle Ansicht gesetzliche Bestimmung? Doch wozu diese
Fragen! Hoo volo, sie ^".itiso, sit pro rations vo1ur>.ta,s!

Die Sachsen blieben sich selber treu. Als der Borsitzende die Frage
stellte, welche Mitglieder gesonnen seien, die Statute genau nach der Weisung
des Münsters abzuändern, verweigerte die Mehrheit (zwölf) die Antwort, weil
die Frage an sich unzulässig sei; nur die beiden romanischen Abgeordneten
Tincu und Pacurariu erklärten ihren Entschluß, der Aufforderung des Ministers
nachzukommen, und der eine von ihnen stellte den entsprechenden Antrag auf
Abänderung der Statuten. Naturgemäß verwarf ihn die gesetzestreue Majo¬
rität. Da führte der Obergespan seine Drohung aus. Er erklärte: da aus
der Abstimmung erhelle, daß die Majorität bei der Ablehnung der Verhandlung
nach der ministeriellen Weisung beharre, so fordere er nunmehr diejenigen,
welche in die Verhandlung eintreten zu wollen erklärten, auf, die Organisations¬
entwürfe, selbstverständlich unter Beobachtung der ministeriellen Verfügungen,
bald fertig zu machen und ihm vorzulegen, damit dieselben in einer Sitzung
der Generalversammlung zum Vortrag gebracht würden.

Dieser lohnenden Aufgabe unterzogen sich bereitwilligst die beiden Romanen,
während die Mehrheit ihre Sondermeinung zu Protokoll gab; am 25. Oktober
legten sie ihr Elaborat vor, das mit wenigen Abänderungen den ministeriellen
Weisungen entsprach. Eben deshalb lehnte die Mehrheit jede Berathung dar¬
über ab, der Obergespan aber brachte die Entwürfe als "Minoritätsantrag"
zur Kenntniß seiner Exzellenz.

Nun erinnerte sich allerdings die Generalversammlung, daß es in Ungarn
noch eine Autorität selbst über dem allmächtigen Minister gebe: den König.
Aber einen Antrag des Abgeordneten Betens, eine Deputation an den Minister
und nöthigenfalls an des Kaisers und des Königs Majestät zu senden, ließ
Herr Wächter gar nicht zur Verhandlung zu und zwar mit der sinnigen
Motivirung, daß die Aufgabe dieser außerordentlichen Versammlung erfüllt sei.

Von dem Minister freilich erwarteten die schwergekränkten selbst nichts
mehr. Sie thaten recht daran. Denn sein Erlaß vom 19. November, den die
Universität, zum vierten Male innerhalb weniger Monate versammelt, am
12. Dezember vernahm, ging mit der oppositionellen Mehrheit scharf in's Ge¬
richt, warf ihr vor, von dem Wege der Gesetzlichkeit abgewichen zu sein, ent¬
wickelte die Auffassung, daß aus dem Rechte der Regierung, die Beschlüsse der
Universität zu genehmigen, anch das Recht fließe, die Genehmigung an Bedin¬
gungen zu knüpfen, und motivirte die Anerkennung der von der Minderheit
festgesetzten Statuten folgendermaßen: "Dadurch, daß die in meinen Ver¬
ordnungen bezeichneten Aenderungen in den Organisations-Statuten nicht durch
die Majorität, sondern dnrch die Minorität der Generalversammlung ausge-


wann hat diese ministerielle Ansicht gesetzliche Bestimmung? Doch wozu diese
Fragen! Hoo volo, sie ^«.itiso, sit pro rations vo1ur>.ta,s!

Die Sachsen blieben sich selber treu. Als der Borsitzende die Frage
stellte, welche Mitglieder gesonnen seien, die Statute genau nach der Weisung
des Münsters abzuändern, verweigerte die Mehrheit (zwölf) die Antwort, weil
die Frage an sich unzulässig sei; nur die beiden romanischen Abgeordneten
Tincu und Pacurariu erklärten ihren Entschluß, der Aufforderung des Ministers
nachzukommen, und der eine von ihnen stellte den entsprechenden Antrag auf
Abänderung der Statuten. Naturgemäß verwarf ihn die gesetzestreue Majo¬
rität. Da führte der Obergespan seine Drohung aus. Er erklärte: da aus
der Abstimmung erhelle, daß die Majorität bei der Ablehnung der Verhandlung
nach der ministeriellen Weisung beharre, so fordere er nunmehr diejenigen,
welche in die Verhandlung eintreten zu wollen erklärten, auf, die Organisations¬
entwürfe, selbstverständlich unter Beobachtung der ministeriellen Verfügungen,
bald fertig zu machen und ihm vorzulegen, damit dieselben in einer Sitzung
der Generalversammlung zum Vortrag gebracht würden.

Dieser lohnenden Aufgabe unterzogen sich bereitwilligst die beiden Romanen,
während die Mehrheit ihre Sondermeinung zu Protokoll gab; am 25. Oktober
legten sie ihr Elaborat vor, das mit wenigen Abänderungen den ministeriellen
Weisungen entsprach. Eben deshalb lehnte die Mehrheit jede Berathung dar¬
über ab, der Obergespan aber brachte die Entwürfe als „Minoritätsantrag"
zur Kenntniß seiner Exzellenz.

Nun erinnerte sich allerdings die Generalversammlung, daß es in Ungarn
noch eine Autorität selbst über dem allmächtigen Minister gebe: den König.
Aber einen Antrag des Abgeordneten Betens, eine Deputation an den Minister
und nöthigenfalls an des Kaisers und des Königs Majestät zu senden, ließ
Herr Wächter gar nicht zur Verhandlung zu und zwar mit der sinnigen
Motivirung, daß die Aufgabe dieser außerordentlichen Versammlung erfüllt sei.

Von dem Minister freilich erwarteten die schwergekränkten selbst nichts
mehr. Sie thaten recht daran. Denn sein Erlaß vom 19. November, den die
Universität, zum vierten Male innerhalb weniger Monate versammelt, am
12. Dezember vernahm, ging mit der oppositionellen Mehrheit scharf in's Ge¬
richt, warf ihr vor, von dem Wege der Gesetzlichkeit abgewichen zu sein, ent¬
wickelte die Auffassung, daß aus dem Rechte der Regierung, die Beschlüsse der
Universität zu genehmigen, anch das Recht fließe, die Genehmigung an Bedin¬
gungen zu knüpfen, und motivirte die Anerkennung der von der Minderheit
festgesetzten Statuten folgendermaßen: „Dadurch, daß die in meinen Ver¬
ordnungen bezeichneten Aenderungen in den Organisations-Statuten nicht durch
die Majorität, sondern dnrch die Minorität der Generalversammlung ausge-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157663/420>, abgerufen am 27.09.2024.