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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal.

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Regierung oder auf Antrag der Mehrheit vom Obergespan berufen werden.
Ihre Kompetenz ergibt sich aus HZ. 5--7, ihre Beschlüsse unterliegen der Ge¬
nehmigung des Ministers des Innern, beziehentlich des Kultusministers. Der
Obergespan hat das Recht, "wenn die Generalversammlung nach seiner Ansicht
ihren Wirkungskreis überschritten hat, oder wenn er die Ordnung aufrecht zu
erhalten nicht im Stande ist, die Sitzung zu suspendiren und im Falle der
Wiederholung dieselbe auf 14 Tage zu vertagen" (§. 14). "Die Geschäfte
der Universität verwaltet in Gemäßheit der Beschlüsse der Generalversammlung
das Zentralamt der Universität. Das Oberhaupt dieses Amtes ist der Vor¬
sitzer der Universitäts-Generalversammlung (d. h. der Komes-Obergespan), seine
Beamten der Sekretär und der Kassirer der Universität. Im Zentralamt ver¬
tritt den Vorsitzer im Falle seiner Verhinderung der Sekretär der Universität.
Den Status der übrigen Beamten des Zentralamts, ferner das Gehalt sämmt¬
licher Beamten des Zentralamtes, die Modalität ihrer Erwählung und die
Dauer ihrer Amtirung bestimmt die Universitäts-Generalversammlung mit Ge¬
nehmigung des Ministers" <Z. 16). Die letzten Paragraphen betreffen insbe¬
sondere die Verwaltung des Vermögens der sogenannten sieben Richter, d. h.
der sieben alten Stuhlbezirke des Hermannstädter Gaues, welche ganz nach
Analogie der Verwaltung des Gesammtvermögens geordnet wird.

Daß dies Gesetz nicht die "Sicherstellung" der Rechte der Sachsen ent¬
hielt, daß es die Universität nicht in ihrem Wirkungskreise beließ, wie im
Jahre 1868 versprochen worden war, bedarf keines Beweises. Aber alle Gründe,
welche die sächsischen Abgeordneten in den überaus bewegten Debatten des
Pester Unterhauses vom 22. bis 24. März gegen den Entwurf in's Feld
führten, vermochten nicht das Geschick zu ändern; er wurde fast ohne jede
Umgestaltung erst vom Unterhause, dann auch vom Oberhause angenommen
und am 2. April bereits vom König sanktionirt.

Dieser Akt vernichtete die Kompetenz der sächsischen Nationsuniversität zum
guten Theile, hob das Amt des freigewählten Sachsengrafen auf und stellte
die Bewohner des Königsbodens unter jene ungarische Komitatsverwaltung,
die unter dem Scheine der Selbstverwaltung die "Munizipien" (Komitate) der
schrankenlosen Macht der Zentralregierung unterwarf, während zugleich die
neue Eintheilung des Landes die Territorien der Sachsen mit magyarischen
und romünischen Landestheilen zu neuen Komitaten verband. Fortan blieb
der Universität nur das Recht, ihr Vermögen selbständig, unter Aufsicht der
Regierung zu verwalten, gewiß immerhin noch ein hochbedeutsames Recht, denn
dies Vermögen, ein Ergebniß rastloser Kulturarbeit, ist sehr beträchtlich.
Es besteht großentheils ans sehr ausgedehnten Waldungen, deren Bewirth¬
schaftung und Beaufsichtigung ein zahlreiches Personal mit dem Zentralsitze


Regierung oder auf Antrag der Mehrheit vom Obergespan berufen werden.
Ihre Kompetenz ergibt sich aus HZ. 5—7, ihre Beschlüsse unterliegen der Ge¬
nehmigung des Ministers des Innern, beziehentlich des Kultusministers. Der
Obergespan hat das Recht, „wenn die Generalversammlung nach seiner Ansicht
ihren Wirkungskreis überschritten hat, oder wenn er die Ordnung aufrecht zu
erhalten nicht im Stande ist, die Sitzung zu suspendiren und im Falle der
Wiederholung dieselbe auf 14 Tage zu vertagen" (§. 14). „Die Geschäfte
der Universität verwaltet in Gemäßheit der Beschlüsse der Generalversammlung
das Zentralamt der Universität. Das Oberhaupt dieses Amtes ist der Vor¬
sitzer der Universitäts-Generalversammlung (d. h. der Komes-Obergespan), seine
Beamten der Sekretär und der Kassirer der Universität. Im Zentralamt ver¬
tritt den Vorsitzer im Falle seiner Verhinderung der Sekretär der Universität.
Den Status der übrigen Beamten des Zentralamts, ferner das Gehalt sämmt¬
licher Beamten des Zentralamtes, die Modalität ihrer Erwählung und die
Dauer ihrer Amtirung bestimmt die Universitäts-Generalversammlung mit Ge¬
nehmigung des Ministers" <Z. 16). Die letzten Paragraphen betreffen insbe¬
sondere die Verwaltung des Vermögens der sogenannten sieben Richter, d. h.
der sieben alten Stuhlbezirke des Hermannstädter Gaues, welche ganz nach
Analogie der Verwaltung des Gesammtvermögens geordnet wird.

Daß dies Gesetz nicht die „Sicherstellung" der Rechte der Sachsen ent¬
hielt, daß es die Universität nicht in ihrem Wirkungskreise beließ, wie im
Jahre 1868 versprochen worden war, bedarf keines Beweises. Aber alle Gründe,
welche die sächsischen Abgeordneten in den überaus bewegten Debatten des
Pester Unterhauses vom 22. bis 24. März gegen den Entwurf in's Feld
führten, vermochten nicht das Geschick zu ändern; er wurde fast ohne jede
Umgestaltung erst vom Unterhause, dann auch vom Oberhause angenommen
und am 2. April bereits vom König sanktionirt.

Dieser Akt vernichtete die Kompetenz der sächsischen Nationsuniversität zum
guten Theile, hob das Amt des freigewählten Sachsengrafen auf und stellte
die Bewohner des Königsbodens unter jene ungarische Komitatsverwaltung,
die unter dem Scheine der Selbstverwaltung die „Munizipien" (Komitate) der
schrankenlosen Macht der Zentralregierung unterwarf, während zugleich die
neue Eintheilung des Landes die Territorien der Sachsen mit magyarischen
und romünischen Landestheilen zu neuen Komitaten verband. Fortan blieb
der Universität nur das Recht, ihr Vermögen selbständig, unter Aufsicht der
Regierung zu verwalten, gewiß immerhin noch ein hochbedeutsames Recht, denn
dies Vermögen, ein Ergebniß rastloser Kulturarbeit, ist sehr beträchtlich.
Es besteht großentheils ans sehr ausgedehnten Waldungen, deren Bewirth¬
schaftung und Beaufsichtigung ein zahlreiches Personal mit dem Zentralsitze


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[0414] Regierung oder auf Antrag der Mehrheit vom Obergespan berufen werden. Ihre Kompetenz ergibt sich aus HZ. 5—7, ihre Beschlüsse unterliegen der Ge¬ nehmigung des Ministers des Innern, beziehentlich des Kultusministers. Der Obergespan hat das Recht, „wenn die Generalversammlung nach seiner Ansicht ihren Wirkungskreis überschritten hat, oder wenn er die Ordnung aufrecht zu erhalten nicht im Stande ist, die Sitzung zu suspendiren und im Falle der Wiederholung dieselbe auf 14 Tage zu vertagen" (§. 14). „Die Geschäfte der Universität verwaltet in Gemäßheit der Beschlüsse der Generalversammlung das Zentralamt der Universität. Das Oberhaupt dieses Amtes ist der Vor¬ sitzer der Universitäts-Generalversammlung (d. h. der Komes-Obergespan), seine Beamten der Sekretär und der Kassirer der Universität. Im Zentralamt ver¬ tritt den Vorsitzer im Falle seiner Verhinderung der Sekretär der Universität. Den Status der übrigen Beamten des Zentralamts, ferner das Gehalt sämmt¬ licher Beamten des Zentralamtes, die Modalität ihrer Erwählung und die Dauer ihrer Amtirung bestimmt die Universitäts-Generalversammlung mit Ge¬ nehmigung des Ministers" <Z. 16). Die letzten Paragraphen betreffen insbe¬ sondere die Verwaltung des Vermögens der sogenannten sieben Richter, d. h. der sieben alten Stuhlbezirke des Hermannstädter Gaues, welche ganz nach Analogie der Verwaltung des Gesammtvermögens geordnet wird. Daß dies Gesetz nicht die „Sicherstellung" der Rechte der Sachsen ent¬ hielt, daß es die Universität nicht in ihrem Wirkungskreise beließ, wie im Jahre 1868 versprochen worden war, bedarf keines Beweises. Aber alle Gründe, welche die sächsischen Abgeordneten in den überaus bewegten Debatten des Pester Unterhauses vom 22. bis 24. März gegen den Entwurf in's Feld führten, vermochten nicht das Geschick zu ändern; er wurde fast ohne jede Umgestaltung erst vom Unterhause, dann auch vom Oberhause angenommen und am 2. April bereits vom König sanktionirt. Dieser Akt vernichtete die Kompetenz der sächsischen Nationsuniversität zum guten Theile, hob das Amt des freigewählten Sachsengrafen auf und stellte die Bewohner des Königsbodens unter jene ungarische Komitatsverwaltung, die unter dem Scheine der Selbstverwaltung die „Munizipien" (Komitate) der schrankenlosen Macht der Zentralregierung unterwarf, während zugleich die neue Eintheilung des Landes die Territorien der Sachsen mit magyarischen und romünischen Landestheilen zu neuen Komitaten verband. Fortan blieb der Universität nur das Recht, ihr Vermögen selbständig, unter Aufsicht der Regierung zu verwalten, gewiß immerhin noch ein hochbedeutsames Recht, denn dies Vermögen, ein Ergebniß rastloser Kulturarbeit, ist sehr beträchtlich. Es besteht großentheils ans sehr ausgedehnten Waldungen, deren Bewirth¬ schaftung und Beaufsichtigung ein zahlreiches Personal mit dem Zentralsitze

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157663/414>, abgerufen am 20.10.2024.