Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal.ihnen, was er gethan; ein begeisterter Jubel ist die Antwort; er aber schließt Ausschließlich Deutsche waren es, die in den Morgenstunden des nächsten Die so hofften, ahnten wenig von der peinlichen Lage ihrer Regierung. ihnen, was er gethan; ein begeisterter Jubel ist die Antwort; er aber schließt Ausschließlich Deutsche waren es, die in den Morgenstunden des nächsten Die so hofften, ahnten wenig von der peinlichen Lage ihrer Regierung. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0222" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/142177"/> <p xml:id="ID_617" prev="#ID_616"> ihnen, was er gethan; ein begeisterter Jubel ist die Antwort; er aber schließt<lb/> die Szene mit den frommen Worten: „So möge denn unter Gottes gnädigem<lb/> Beistand das Werk der Befreiung beginnen und sich vollenden."</p><lb/> <p xml:id="ID_618"> Ausschließlich Deutsche waren es, die in den Morgenstunden des nächsten<lb/> Tages, des 30. Dezember, in der Poscherun'schen Mühle bei Tauroggen sich<lb/> versammelten: Diebitsch und Clausewitz von russischer, Jork, Roter, Seydlitz<lb/> von preußischer Seite; der letztere schrieb die Paragraphen der Konvention.<lb/> Sie erklärte Jork's Korps für neutral, wies ihm den Landstrich nördlich der<lb/> Memel an, gestattete ihm, salls der König die Abkunft verwerfe, den freien<lb/> Abmarsch gegen das Versprechen, zwei Monate lang nicht die Waffen gegen<lb/> Rußland zu führen. Jubelnd vernahmen die Truppen, was geschehen; mit<lb/> endlosen, donnernden Hurrahs — sie hatten das Wort von den Russen gelernt —<lb/> begrüßten sie am Sylvesterabend den preußischen Grenzadler und die Bataillone<lb/> Massenbach's, der auf den direkten Befehl Aork's Tilsit verlassen hatte, über<lb/> das Eis der Memel gegangen war und ihm entgegen kam. Jede Brust athmete<lb/> auf: der verhaßten Bundesgenossenschaft war man ledig; mit dem Neujahrs-<lb/> morgen von 1813 war auch der Morgen des Befreiungstages angebrochen.</p><lb/> <p xml:id="ID_619" next="#ID_620"> Die so hofften, ahnten wenig von der peinlichen Lage ihrer Regierung.<lb/> Der König hatte am 2. Januar die Meldung Aork's, er werde sich zu einer<lb/> Konvention verstehen müssen, mit den beigelegten Schreiben Paulucci's und<lb/> des Czaren erhalten; er war von dem letzteren, welches das Anerbieten eines<lb/> Bündnisses zur Wiederherstellung Preußen's in dem Umfange von 1806 enthielt,<lb/> freudig überrascht, er billigte Jork's Entschluß und suchte diplomatisch das<lb/> Ereigniß den Franzosen gegenüber vorzubereiten. Hardenberg entwickelte des¬<lb/> halb dem französischen Gesandten Se. Marsan, wie schwierig des Generals<lb/> Lage sei, und wie an alledem nur sein auf Macdonald's Befehl erfolgter ver¬<lb/> späteter Abmarsch die Schuld trage. Doch als am 4. Januar gegen Abend<lb/> ein Adjutant Macdonald's — Hardenberg war eben mit Fürst Hatzfeld, Se.<lb/> Marsan u. a. bei General Augereau, dem Kommandanten Berlin's, zu Tische —<lb/> das wirklich Geschehene meldete, das Schreiben Aork's an den Marschall über¬<lb/> brachte, welches unverhüllt das Schicksal des Korps von den.Verhandlungen<lb/> der kriegführenden Mächte abhängig machte und damit indirekt zugestand, die<lb/> Konvention sei nicht aus militärischen, sondern aus politischen Gründen ge¬<lb/> schlossen, da bemächtigte sich der Franzosen tiefe Bestürzung, und auch der<lb/> König erschrak. Wie oft und wie bitter hat man nachmals dem Monarchen<lb/> dies zum Vorwurf gemacht! Wir übersehen jetzt besser, wie begründet es war.<lb/> Erkannte der König die Konvention an, so brach er in einem Momente mit<lb/> Frankreich, wo Preußen militärisch noch unvorbereitet, politisch völlig isolirt<lb/> war, wo die Russen noch kaum die fernste Grenzlandschaft des Staates er-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0222]
ihnen, was er gethan; ein begeisterter Jubel ist die Antwort; er aber schließt
die Szene mit den frommen Worten: „So möge denn unter Gottes gnädigem
Beistand das Werk der Befreiung beginnen und sich vollenden."
Ausschließlich Deutsche waren es, die in den Morgenstunden des nächsten
Tages, des 30. Dezember, in der Poscherun'schen Mühle bei Tauroggen sich
versammelten: Diebitsch und Clausewitz von russischer, Jork, Roter, Seydlitz
von preußischer Seite; der letztere schrieb die Paragraphen der Konvention.
Sie erklärte Jork's Korps für neutral, wies ihm den Landstrich nördlich der
Memel an, gestattete ihm, salls der König die Abkunft verwerfe, den freien
Abmarsch gegen das Versprechen, zwei Monate lang nicht die Waffen gegen
Rußland zu führen. Jubelnd vernahmen die Truppen, was geschehen; mit
endlosen, donnernden Hurrahs — sie hatten das Wort von den Russen gelernt —
begrüßten sie am Sylvesterabend den preußischen Grenzadler und die Bataillone
Massenbach's, der auf den direkten Befehl Aork's Tilsit verlassen hatte, über
das Eis der Memel gegangen war und ihm entgegen kam. Jede Brust athmete
auf: der verhaßten Bundesgenossenschaft war man ledig; mit dem Neujahrs-
morgen von 1813 war auch der Morgen des Befreiungstages angebrochen.
Die so hofften, ahnten wenig von der peinlichen Lage ihrer Regierung.
Der König hatte am 2. Januar die Meldung Aork's, er werde sich zu einer
Konvention verstehen müssen, mit den beigelegten Schreiben Paulucci's und
des Czaren erhalten; er war von dem letzteren, welches das Anerbieten eines
Bündnisses zur Wiederherstellung Preußen's in dem Umfange von 1806 enthielt,
freudig überrascht, er billigte Jork's Entschluß und suchte diplomatisch das
Ereigniß den Franzosen gegenüber vorzubereiten. Hardenberg entwickelte des¬
halb dem französischen Gesandten Se. Marsan, wie schwierig des Generals
Lage sei, und wie an alledem nur sein auf Macdonald's Befehl erfolgter ver¬
späteter Abmarsch die Schuld trage. Doch als am 4. Januar gegen Abend
ein Adjutant Macdonald's — Hardenberg war eben mit Fürst Hatzfeld, Se.
Marsan u. a. bei General Augereau, dem Kommandanten Berlin's, zu Tische —
das wirklich Geschehene meldete, das Schreiben Aork's an den Marschall über¬
brachte, welches unverhüllt das Schicksal des Korps von den.Verhandlungen
der kriegführenden Mächte abhängig machte und damit indirekt zugestand, die
Konvention sei nicht aus militärischen, sondern aus politischen Gründen ge¬
schlossen, da bemächtigte sich der Franzosen tiefe Bestürzung, und auch der
König erschrak. Wie oft und wie bitter hat man nachmals dem Monarchen
dies zum Vorwurf gemacht! Wir übersehen jetzt besser, wie begründet es war.
Erkannte der König die Konvention an, so brach er in einem Momente mit
Frankreich, wo Preußen militärisch noch unvorbereitet, politisch völlig isolirt
war, wo die Russen noch kaum die fernste Grenzlandschaft des Staates er-
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