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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal.

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Hauses, und als solcher, hat er sich um die Familie hochverdient gemacht; die
meisten Rechtssachen hat er glücklich verfochten, und nur seinen Bemühungen
war es zuzuschreiben, daß den Fuggern der reiche Besitz der Herrschaft
Mindelheim zugesprochen wurde. Im Jahre 1590 verheirathete er sich mit
der Tochter des Herrn Hörmann v. Gutenberg, der Nichte des obersten Ver¬
walters der spanischen Handelsangelegenheiten, "einer züchtigen und klugen
Jungfrau". Die Herren Fugger selbst hatten ihn auf die wohlhabende
Patrizierstochter, die ihrem Manne eine einflußreiche und weitverzweigte Ver¬
wandtschaft mitbrachte, aufmerksam gemacht und ihn reichlich mit Geld und
Gut ausgestattet. Am 27. Juni 1588 fand die Verlobung und Unterzeichnung
des Heirathsbricfes statt. Der Abschluß der Ehe mußte indeß noch verschoben
werden, bis der Bräutigam von eiuer Kommission an den kaiserlichen Hof in
Prag zurückgekehrt war. Das hatte aber gute Weile: Volle anderthalb Jahre
mußte Geizkofler am Hoflager der Erledigung seiner Angelegenheit harren --
eine kleine Ewigkeit für einen Bräutigam, der gerade alt genug zum hei-
rathen war. Und doch hätte er vielleicht noch länger warten müssen, hätte
er nicht den allmächtigen Kammerdiener des menschenscheu in den Gemächern
des Hradschin hausenden Rudolf II. durch Gold auf seine Seite gebracht.
Für die Braut, die inzwischen bei ihrer verheirateten Schwester in Nürnberg
lebte, ließ es der Bräutigam an zarten Aufmerksamkeiten nicht fehlen. Gleich
anfangs schickte er ihr eine goldene Kette, zu Neujahr ein Barer mit Gold
und Perlen gestickt, und als er zu Weihnachten nach Nürnberg kam , brachte
er ihr abermals eine goldene Kette mit, "welche neunmal um den Hals geht"-
Zu Anfang des Jahres 1590 führte er seine Braut und ihre Schwester mit
drei Kindern in zwei Kutschen nach Augsburg. Dort kamen ihnen die Ver¬
wandten und Gäste in acht Kutschen mit vierzig Pferden entgegen, und am
3. Januar hielten die Brautleute ihren feierlichen Einzug in die Stadt. Die
Landsknechte und Wächter am Thore versäumten nicht, die Schranken vorzu¬
stoßen, bis sich die Brautleute mit einem Trinkgelde gelöst hatten. Zwei Tage
nachher, am 5. Januar, wurde die feierliche Verlobung, "das Hinschwören oder
der Handschlag" genannt, gefeiert. Geizkofler verehrte dabei seiner Braut einen
Smaragdring und eine goldene Haube mit Perlen gefaßt. Mehr als fünfzig
Gäste waren geladen, und sie aßen und tranken in dem Hause des Anton
Hörmann an fünf großen Tischen, während das "Junggesinde" in den unteren
Stuben gespeist wurde. Nicht weniger denn 12 Kapaune, 8 Jndiane, 2 Hennen,
18 Rebhühner, 33 Pfund Kalbfleisch, 20 Pfund Rindfleisch, 10 Pfund Würste
wurden außer dem "Mandelbackenen und Zetteln", dem Marzipan und Obst
dabei verzehrt. An Getränken gingen auf: 28 Maß Rothwein, 24 Maß


Hauses, und als solcher, hat er sich um die Familie hochverdient gemacht; die
meisten Rechtssachen hat er glücklich verfochten, und nur seinen Bemühungen
war es zuzuschreiben, daß den Fuggern der reiche Besitz der Herrschaft
Mindelheim zugesprochen wurde. Im Jahre 1590 verheirathete er sich mit
der Tochter des Herrn Hörmann v. Gutenberg, der Nichte des obersten Ver¬
walters der spanischen Handelsangelegenheiten, „einer züchtigen und klugen
Jungfrau". Die Herren Fugger selbst hatten ihn auf die wohlhabende
Patrizierstochter, die ihrem Manne eine einflußreiche und weitverzweigte Ver¬
wandtschaft mitbrachte, aufmerksam gemacht und ihn reichlich mit Geld und
Gut ausgestattet. Am 27. Juni 1588 fand die Verlobung und Unterzeichnung
des Heirathsbricfes statt. Der Abschluß der Ehe mußte indeß noch verschoben
werden, bis der Bräutigam von eiuer Kommission an den kaiserlichen Hof in
Prag zurückgekehrt war. Das hatte aber gute Weile: Volle anderthalb Jahre
mußte Geizkofler am Hoflager der Erledigung seiner Angelegenheit harren —
eine kleine Ewigkeit für einen Bräutigam, der gerade alt genug zum hei-
rathen war. Und doch hätte er vielleicht noch länger warten müssen, hätte
er nicht den allmächtigen Kammerdiener des menschenscheu in den Gemächern
des Hradschin hausenden Rudolf II. durch Gold auf seine Seite gebracht.
Für die Braut, die inzwischen bei ihrer verheirateten Schwester in Nürnberg
lebte, ließ es der Bräutigam an zarten Aufmerksamkeiten nicht fehlen. Gleich
anfangs schickte er ihr eine goldene Kette, zu Neujahr ein Barer mit Gold
und Perlen gestickt, und als er zu Weihnachten nach Nürnberg kam , brachte
er ihr abermals eine goldene Kette mit, „welche neunmal um den Hals geht"-
Zu Anfang des Jahres 1590 führte er seine Braut und ihre Schwester mit
drei Kindern in zwei Kutschen nach Augsburg. Dort kamen ihnen die Ver¬
wandten und Gäste in acht Kutschen mit vierzig Pferden entgegen, und am
3. Januar hielten die Brautleute ihren feierlichen Einzug in die Stadt. Die
Landsknechte und Wächter am Thore versäumten nicht, die Schranken vorzu¬
stoßen, bis sich die Brautleute mit einem Trinkgelde gelöst hatten. Zwei Tage
nachher, am 5. Januar, wurde die feierliche Verlobung, „das Hinschwören oder
der Handschlag" genannt, gefeiert. Geizkofler verehrte dabei seiner Braut einen
Smaragdring und eine goldene Haube mit Perlen gefaßt. Mehr als fünfzig
Gäste waren geladen, und sie aßen und tranken in dem Hause des Anton
Hörmann an fünf großen Tischen, während das „Junggesinde" in den unteren
Stuben gespeist wurde. Nicht weniger denn 12 Kapaune, 8 Jndiane, 2 Hennen,
18 Rebhühner, 33 Pfund Kalbfleisch, 20 Pfund Rindfleisch, 10 Pfund Würste
wurden außer dem „Mandelbackenen und Zetteln", dem Marzipan und Obst
dabei verzehrt. An Getränken gingen auf: 28 Maß Rothwein, 24 Maß


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[0196] Hauses, und als solcher, hat er sich um die Familie hochverdient gemacht; die meisten Rechtssachen hat er glücklich verfochten, und nur seinen Bemühungen war es zuzuschreiben, daß den Fuggern der reiche Besitz der Herrschaft Mindelheim zugesprochen wurde. Im Jahre 1590 verheirathete er sich mit der Tochter des Herrn Hörmann v. Gutenberg, der Nichte des obersten Ver¬ walters der spanischen Handelsangelegenheiten, „einer züchtigen und klugen Jungfrau". Die Herren Fugger selbst hatten ihn auf die wohlhabende Patrizierstochter, die ihrem Manne eine einflußreiche und weitverzweigte Ver¬ wandtschaft mitbrachte, aufmerksam gemacht und ihn reichlich mit Geld und Gut ausgestattet. Am 27. Juni 1588 fand die Verlobung und Unterzeichnung des Heirathsbricfes statt. Der Abschluß der Ehe mußte indeß noch verschoben werden, bis der Bräutigam von eiuer Kommission an den kaiserlichen Hof in Prag zurückgekehrt war. Das hatte aber gute Weile: Volle anderthalb Jahre mußte Geizkofler am Hoflager der Erledigung seiner Angelegenheit harren — eine kleine Ewigkeit für einen Bräutigam, der gerade alt genug zum hei- rathen war. Und doch hätte er vielleicht noch länger warten müssen, hätte er nicht den allmächtigen Kammerdiener des menschenscheu in den Gemächern des Hradschin hausenden Rudolf II. durch Gold auf seine Seite gebracht. Für die Braut, die inzwischen bei ihrer verheirateten Schwester in Nürnberg lebte, ließ es der Bräutigam an zarten Aufmerksamkeiten nicht fehlen. Gleich anfangs schickte er ihr eine goldene Kette, zu Neujahr ein Barer mit Gold und Perlen gestickt, und als er zu Weihnachten nach Nürnberg kam , brachte er ihr abermals eine goldene Kette mit, „welche neunmal um den Hals geht"- Zu Anfang des Jahres 1590 führte er seine Braut und ihre Schwester mit drei Kindern in zwei Kutschen nach Augsburg. Dort kamen ihnen die Ver¬ wandten und Gäste in acht Kutschen mit vierzig Pferden entgegen, und am 3. Januar hielten die Brautleute ihren feierlichen Einzug in die Stadt. Die Landsknechte und Wächter am Thore versäumten nicht, die Schranken vorzu¬ stoßen, bis sich die Brautleute mit einem Trinkgelde gelöst hatten. Zwei Tage nachher, am 5. Januar, wurde die feierliche Verlobung, „das Hinschwören oder der Handschlag" genannt, gefeiert. Geizkofler verehrte dabei seiner Braut einen Smaragdring und eine goldene Haube mit Perlen gefaßt. Mehr als fünfzig Gäste waren geladen, und sie aßen und tranken in dem Hause des Anton Hörmann an fünf großen Tischen, während das „Junggesinde" in den unteren Stuben gespeist wurde. Nicht weniger denn 12 Kapaune, 8 Jndiane, 2 Hennen, 18 Rebhühner, 33 Pfund Kalbfleisch, 20 Pfund Rindfleisch, 10 Pfund Würste wurden außer dem „Mandelbackenen und Zetteln", dem Marzipan und Obst dabei verzehrt. An Getränken gingen auf: 28 Maß Rothwein, 24 Maß

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157663/196>, abgerufen am 27.09.2024.