Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite

zur Sommerszeit reizenden Gegend liegen, andern Theils weil die Lebens¬
weise angenehm ist und von Seite jenes Staates für die fremden Gäste viele
humane und gute Gesetze eingeführt sind. Und so erscheint es mir nicht
wunderbar, daß selbst aus den entferntesten Gegenden zahlreiche Gäste zu jenen
Heilquellen kommen, so unter anderen auch Tyroler, auch einige Cramer, deren
Abzeichen ich in oben beschriebener Stadt aufgehängt gesehen. Die Wildquellen
fließen zwischen Felsen und Gestein hindurch, sind bei ihrem Hervorsprudeln
mit einer hochgewölbten und mit Galerieen versehenen pyramidenförmigen Halle
bedeckt und sind in Gemächer abgetheilt, sodaß die Gemeinen von den Vor¬
nehmen getrennt sind, sowie die Männer von den Frauen, wenngleich mehrere
am selben Platz zu baden pflegen. Es gibt nur drei Abtheilungen: die erste
für den Fürsten, die zweite für die Adelichen und die dritte für den Bürger¬
stand. Von diesen abgesondert sind die Bäder für die Frauen, welche in
ähnlicher Weise abgetheilt sind, so daß die adelichen Frauen von den gemeinen
getrennt erscheinen.

Im Jahre 1575 ging Geizkofler von Augsburg nach Padua, um dort
noch ein oder zwei Jahre zu studiren. Aber die Pest, welche damals in
ganz Oberitalien herrschte, trieb ihn bald wieder in's Vaterland zurück. Da er
in Straßburg und Padua Gelegenheit gefunden hatte, den Fuggern in einigen
Rechtssachen gute Dienste zu leisten, so boten ihm diese, als er nun nach
Augsburg zurückkehrte, an, noch eine Zeit lang in Speier bei dem Reichskammer¬
gerichte zu praktiziren und dann als Anwalt in ihre Dienste zu treten. Mit
dieser Hoffnung zog Geizkofler 1577 nach Speier, ließ sich in die Matrikel des
Reichskammergerichtes eintragen und arbeitete sich in die Fugger'schen Prozesse
ein, deren nicht weniger als 56 damals bei dem Reichskammergerichte anhängig
waren, und ging im Sommer 1578 auf den Rath seiner Freunde und um
seiner künftigen Stellung Ehre zu machen, nochmals nach Dole, wo er zum
Doktor beider Rechte promovirt wurde.

Als er im Juli 1578 wieder nach Speier kam, war sein Ruf schon so
begründet, daß er Antrüge erhielt, in österreichische oder Salzburgische Dienste
zu treten. Aber er fürchtete für die Freiheit seiner religiösen Ueberzeugung
und zog die einfache Stellung eines Fugger'schen Rathes und Anwaltes der
glänzenden Laufbahn vor, die ihm in kaiserlichen und fürstlichen Diensten ge¬
boten wurde. Nach fünfjähriger Abwesenheit kehrte er nach Augsburg zurück,
das er als seine zweite Vaterstadt und von nun an als seine eigentliche Heimat
ansah. Doch führte er auch jetzt noch ein fortwährendes Wanderleben, denn
er war unaufhörlich in Fugger'schen Geschäften auf Reisen, bald in Prag
und Wien, bald in Sachsen und Bayern. Nachdem der alte Rechtsfreund der
Fugger, Dr. Laimann, gestorben war, wurde Geizkofler der erste Anwalt des


zur Sommerszeit reizenden Gegend liegen, andern Theils weil die Lebens¬
weise angenehm ist und von Seite jenes Staates für die fremden Gäste viele
humane und gute Gesetze eingeführt sind. Und so erscheint es mir nicht
wunderbar, daß selbst aus den entferntesten Gegenden zahlreiche Gäste zu jenen
Heilquellen kommen, so unter anderen auch Tyroler, auch einige Cramer, deren
Abzeichen ich in oben beschriebener Stadt aufgehängt gesehen. Die Wildquellen
fließen zwischen Felsen und Gestein hindurch, sind bei ihrem Hervorsprudeln
mit einer hochgewölbten und mit Galerieen versehenen pyramidenförmigen Halle
bedeckt und sind in Gemächer abgetheilt, sodaß die Gemeinen von den Vor¬
nehmen getrennt sind, sowie die Männer von den Frauen, wenngleich mehrere
am selben Platz zu baden pflegen. Es gibt nur drei Abtheilungen: die erste
für den Fürsten, die zweite für die Adelichen und die dritte für den Bürger¬
stand. Von diesen abgesondert sind die Bäder für die Frauen, welche in
ähnlicher Weise abgetheilt sind, so daß die adelichen Frauen von den gemeinen
getrennt erscheinen.

Im Jahre 1575 ging Geizkofler von Augsburg nach Padua, um dort
noch ein oder zwei Jahre zu studiren. Aber die Pest, welche damals in
ganz Oberitalien herrschte, trieb ihn bald wieder in's Vaterland zurück. Da er
in Straßburg und Padua Gelegenheit gefunden hatte, den Fuggern in einigen
Rechtssachen gute Dienste zu leisten, so boten ihm diese, als er nun nach
Augsburg zurückkehrte, an, noch eine Zeit lang in Speier bei dem Reichskammer¬
gerichte zu praktiziren und dann als Anwalt in ihre Dienste zu treten. Mit
dieser Hoffnung zog Geizkofler 1577 nach Speier, ließ sich in die Matrikel des
Reichskammergerichtes eintragen und arbeitete sich in die Fugger'schen Prozesse
ein, deren nicht weniger als 56 damals bei dem Reichskammergerichte anhängig
waren, und ging im Sommer 1578 auf den Rath seiner Freunde und um
seiner künftigen Stellung Ehre zu machen, nochmals nach Dole, wo er zum
Doktor beider Rechte promovirt wurde.

Als er im Juli 1578 wieder nach Speier kam, war sein Ruf schon so
begründet, daß er Antrüge erhielt, in österreichische oder Salzburgische Dienste
zu treten. Aber er fürchtete für die Freiheit seiner religiösen Ueberzeugung
und zog die einfache Stellung eines Fugger'schen Rathes und Anwaltes der
glänzenden Laufbahn vor, die ihm in kaiserlichen und fürstlichen Diensten ge¬
boten wurde. Nach fünfjähriger Abwesenheit kehrte er nach Augsburg zurück,
das er als seine zweite Vaterstadt und von nun an als seine eigentliche Heimat
ansah. Doch führte er auch jetzt noch ein fortwährendes Wanderleben, denn
er war unaufhörlich in Fugger'schen Geschäften auf Reisen, bald in Prag
und Wien, bald in Sachsen und Bayern. Nachdem der alte Rechtsfreund der
Fugger, Dr. Laimann, gestorben war, wurde Geizkofler der erste Anwalt des


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0195" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/142150"/>
          <p xml:id="ID_555" prev="#ID_554"> zur Sommerszeit reizenden Gegend liegen, andern Theils weil die Lebens¬<lb/>
weise angenehm ist und von Seite jenes Staates für die fremden Gäste viele<lb/>
humane und gute Gesetze eingeführt sind. Und so erscheint es mir nicht<lb/>
wunderbar, daß selbst aus den entferntesten Gegenden zahlreiche Gäste zu jenen<lb/>
Heilquellen kommen, so unter anderen auch Tyroler, auch einige Cramer, deren<lb/>
Abzeichen ich in oben beschriebener Stadt aufgehängt gesehen. Die Wildquellen<lb/>
fließen zwischen Felsen und Gestein hindurch, sind bei ihrem Hervorsprudeln<lb/>
mit einer hochgewölbten und mit Galerieen versehenen pyramidenförmigen Halle<lb/>
bedeckt und sind in Gemächer abgetheilt, sodaß die Gemeinen von den Vor¬<lb/>
nehmen getrennt sind, sowie die Männer von den Frauen, wenngleich mehrere<lb/>
am selben Platz zu baden pflegen. Es gibt nur drei Abtheilungen: die erste<lb/>
für den Fürsten, die zweite für die Adelichen und die dritte für den Bürger¬<lb/>
stand. Von diesen abgesondert sind die Bäder für die Frauen, welche in<lb/>
ähnlicher Weise abgetheilt sind, so daß die adelichen Frauen von den gemeinen<lb/>
getrennt erscheinen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_556"> Im Jahre 1575 ging Geizkofler von Augsburg nach Padua, um dort<lb/>
noch ein oder zwei Jahre zu studiren. Aber die Pest, welche damals in<lb/>
ganz Oberitalien herrschte, trieb ihn bald wieder in's Vaterland zurück. Da er<lb/>
in Straßburg und Padua Gelegenheit gefunden hatte, den Fuggern in einigen<lb/>
Rechtssachen gute Dienste zu leisten, so boten ihm diese, als er nun nach<lb/>
Augsburg zurückkehrte, an, noch eine Zeit lang in Speier bei dem Reichskammer¬<lb/>
gerichte zu praktiziren und dann als Anwalt in ihre Dienste zu treten. Mit<lb/>
dieser Hoffnung zog Geizkofler 1577 nach Speier, ließ sich in die Matrikel des<lb/>
Reichskammergerichtes eintragen und arbeitete sich in die Fugger'schen Prozesse<lb/>
ein, deren nicht weniger als 56 damals bei dem Reichskammergerichte anhängig<lb/>
waren, und ging im Sommer 1578 auf den Rath seiner Freunde und um<lb/>
seiner künftigen Stellung Ehre zu machen, nochmals nach Dole, wo er zum<lb/>
Doktor beider Rechte promovirt wurde.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_557" next="#ID_558"> Als er im Juli 1578 wieder nach Speier kam, war sein Ruf schon so<lb/>
begründet, daß er Antrüge erhielt, in österreichische oder Salzburgische Dienste<lb/>
zu treten. Aber er fürchtete für die Freiheit seiner religiösen Ueberzeugung<lb/>
und zog die einfache Stellung eines Fugger'schen Rathes und Anwaltes der<lb/>
glänzenden Laufbahn vor, die ihm in kaiserlichen und fürstlichen Diensten ge¬<lb/>
boten wurde. Nach fünfjähriger Abwesenheit kehrte er nach Augsburg zurück,<lb/>
das er als seine zweite Vaterstadt und von nun an als seine eigentliche Heimat<lb/>
ansah. Doch führte er auch jetzt noch ein fortwährendes Wanderleben, denn<lb/>
er war unaufhörlich in Fugger'schen Geschäften auf Reisen, bald in Prag<lb/>
und Wien, bald in Sachsen und Bayern. Nachdem der alte Rechtsfreund der<lb/>
Fugger, Dr. Laimann, gestorben war, wurde Geizkofler der erste Anwalt des</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0195] zur Sommerszeit reizenden Gegend liegen, andern Theils weil die Lebens¬ weise angenehm ist und von Seite jenes Staates für die fremden Gäste viele humane und gute Gesetze eingeführt sind. Und so erscheint es mir nicht wunderbar, daß selbst aus den entferntesten Gegenden zahlreiche Gäste zu jenen Heilquellen kommen, so unter anderen auch Tyroler, auch einige Cramer, deren Abzeichen ich in oben beschriebener Stadt aufgehängt gesehen. Die Wildquellen fließen zwischen Felsen und Gestein hindurch, sind bei ihrem Hervorsprudeln mit einer hochgewölbten und mit Galerieen versehenen pyramidenförmigen Halle bedeckt und sind in Gemächer abgetheilt, sodaß die Gemeinen von den Vor¬ nehmen getrennt sind, sowie die Männer von den Frauen, wenngleich mehrere am selben Platz zu baden pflegen. Es gibt nur drei Abtheilungen: die erste für den Fürsten, die zweite für die Adelichen und die dritte für den Bürger¬ stand. Von diesen abgesondert sind die Bäder für die Frauen, welche in ähnlicher Weise abgetheilt sind, so daß die adelichen Frauen von den gemeinen getrennt erscheinen. Im Jahre 1575 ging Geizkofler von Augsburg nach Padua, um dort noch ein oder zwei Jahre zu studiren. Aber die Pest, welche damals in ganz Oberitalien herrschte, trieb ihn bald wieder in's Vaterland zurück. Da er in Straßburg und Padua Gelegenheit gefunden hatte, den Fuggern in einigen Rechtssachen gute Dienste zu leisten, so boten ihm diese, als er nun nach Augsburg zurückkehrte, an, noch eine Zeit lang in Speier bei dem Reichskammer¬ gerichte zu praktiziren und dann als Anwalt in ihre Dienste zu treten. Mit dieser Hoffnung zog Geizkofler 1577 nach Speier, ließ sich in die Matrikel des Reichskammergerichtes eintragen und arbeitete sich in die Fugger'schen Prozesse ein, deren nicht weniger als 56 damals bei dem Reichskammergerichte anhängig waren, und ging im Sommer 1578 auf den Rath seiner Freunde und um seiner künftigen Stellung Ehre zu machen, nochmals nach Dole, wo er zum Doktor beider Rechte promovirt wurde. Als er im Juli 1578 wieder nach Speier kam, war sein Ruf schon so begründet, daß er Antrüge erhielt, in österreichische oder Salzburgische Dienste zu treten. Aber er fürchtete für die Freiheit seiner religiösen Ueberzeugung und zog die einfache Stellung eines Fugger'schen Rathes und Anwaltes der glänzenden Laufbahn vor, die ihm in kaiserlichen und fürstlichen Diensten ge¬ boten wurde. Nach fünfjähriger Abwesenheit kehrte er nach Augsburg zurück, das er als seine zweite Vaterstadt und von nun an als seine eigentliche Heimat ansah. Doch führte er auch jetzt noch ein fortwährendes Wanderleben, denn er war unaufhörlich in Fugger'schen Geschäften auf Reisen, bald in Prag und Wien, bald in Sachsen und Bayern. Nachdem der alte Rechtsfreund der Fugger, Dr. Laimann, gestorben war, wurde Geizkofler der erste Anwalt des

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157663
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157663/195
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157663/195>, abgerufen am 28.12.2024.