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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal.

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zu bewältigen galt, in der kurzen Zeit von anderthalb Jahren bewältigt werden.
Daß die Herausgeber dabei nicht gewagt haben, die historische Darstellung bis
über die Grenze des 18. Jahrhunderts hinaus fortzuführen, ist sehr begreiflich.
Hätte dies geschehen sollen -- und bis gegen die Mitte des 19. Jahrhunderts
hin ließe sich ja schon jetzt der Stoff sehr wohl geschichtlich behandeln -- dann
hätte die Redaktiouscirbeit noch mehr, als es ohnehin schon nöthig war, zen-
tralisirt, ja womöglich in eine Hand gelegt werden müssen. Das war ein
Ding der Unmöglichkeit. Sollte aber die Redaktionsarbeit vertheilt werden,
dann blieb nur eine derartige Gliederung übrig, wie sie in dem Werke durch¬
geführt ist.

Trotz der sehr verschiedenartigen Hände, die zum Inhalte des Buches bei¬
gesteuert haben, ist doch im Ganzen überall uach denselben Grundsätzen ver¬
fahren. Von jedem Banmerke, das behandelt wird, geben die Mitarbeiter
Geschichte, Beschreibung und Charakteristik. Das, was von Künstlerhand an
einem Gebäude geschaffen worden, erfährt dabei die gleiche Berücksichtigung wie
die Heizungs- und Beleuchtungsanlagen und die Berechnung der Baukosten,
und da die Verlagshandlung in der Beigabe von Plänen und Abbildungen
äußerst liberal gewesen ist, so bildet das Werk eine ebenso wichtige Fundgrube
für den Techniker wie für den Kunsthistoriker.

Uns interessirt in erster Linie der eigentlich historische Theil, der aus der
Feder des Architekten Richard steche stammt. Man muß den Muth be¬
wundern, den steche mit der Uebernahme dieser Aufgabe bewiesen hat. Die
Vorarbeiten, die zur Durchführung derselben vorhanden waren, konnten in
keiner Weise für hinreichend gelten. Wäre dies der Fall gewesen, dann müßte
mau sich im Gegeutheil wundern, daß nicht längst jemand sich gefunden, der
an die Ausführung dieser Aufgabe, die ja ohne Zweifel etwas fehr Verlocken¬
des hat, Hand augelegt hat. steche mußte nicht nur den reichen Denkmäler-
Vorrath, den die älteren Bauten der Stadt repräsentiren, systematisch durch¬
arbeiten -- mitten in dem Alltagsgetriebe der großen Stadt und unter der
Belästigung zudringlicher Passanten-Neugier sicherlich kein beneidenswerthes
Geschäft --, er mußte sich auch bemühen, das schriftliche, vor allem das archi-
valische Quellenmaterial, das noch große Lücken zeigte, zu vervollständigen.
Ein zaghafterer, skrupulöserer Autor als der Verfasser würde dies vielleicht für
eine Arbeit von 5 bis 6 Jahren gehalten haben. Hier, wo es galt, den Stier
bei den Hörnern zu nehmen, muß man dem Verfasser dankbar sein, daß er
sich von keinerlei Bedenklichkeiten hat abhalten lassen, sondern keck an die Arbeit
gegangen ist. Des Resultates darf man sich, in einer Beziehung mindestens,
aufrichtig freuen: Der Verfasser hat nicht blos die Umrisse zu einer Bau-


zu bewältigen galt, in der kurzen Zeit von anderthalb Jahren bewältigt werden.
Daß die Herausgeber dabei nicht gewagt haben, die historische Darstellung bis
über die Grenze des 18. Jahrhunderts hinaus fortzuführen, ist sehr begreiflich.
Hätte dies geschehen sollen — und bis gegen die Mitte des 19. Jahrhunderts
hin ließe sich ja schon jetzt der Stoff sehr wohl geschichtlich behandeln — dann
hätte die Redaktiouscirbeit noch mehr, als es ohnehin schon nöthig war, zen-
tralisirt, ja womöglich in eine Hand gelegt werden müssen. Das war ein
Ding der Unmöglichkeit. Sollte aber die Redaktionsarbeit vertheilt werden,
dann blieb nur eine derartige Gliederung übrig, wie sie in dem Werke durch¬
geführt ist.

Trotz der sehr verschiedenartigen Hände, die zum Inhalte des Buches bei¬
gesteuert haben, ist doch im Ganzen überall uach denselben Grundsätzen ver¬
fahren. Von jedem Banmerke, das behandelt wird, geben die Mitarbeiter
Geschichte, Beschreibung und Charakteristik. Das, was von Künstlerhand an
einem Gebäude geschaffen worden, erfährt dabei die gleiche Berücksichtigung wie
die Heizungs- und Beleuchtungsanlagen und die Berechnung der Baukosten,
und da die Verlagshandlung in der Beigabe von Plänen und Abbildungen
äußerst liberal gewesen ist, so bildet das Werk eine ebenso wichtige Fundgrube
für den Techniker wie für den Kunsthistoriker.

Uns interessirt in erster Linie der eigentlich historische Theil, der aus der
Feder des Architekten Richard steche stammt. Man muß den Muth be¬
wundern, den steche mit der Uebernahme dieser Aufgabe bewiesen hat. Die
Vorarbeiten, die zur Durchführung derselben vorhanden waren, konnten in
keiner Weise für hinreichend gelten. Wäre dies der Fall gewesen, dann müßte
mau sich im Gegeutheil wundern, daß nicht längst jemand sich gefunden, der
an die Ausführung dieser Aufgabe, die ja ohne Zweifel etwas fehr Verlocken¬
des hat, Hand augelegt hat. steche mußte nicht nur den reichen Denkmäler-
Vorrath, den die älteren Bauten der Stadt repräsentiren, systematisch durch¬
arbeiten — mitten in dem Alltagsgetriebe der großen Stadt und unter der
Belästigung zudringlicher Passanten-Neugier sicherlich kein beneidenswerthes
Geschäft —, er mußte sich auch bemühen, das schriftliche, vor allem das archi-
valische Quellenmaterial, das noch große Lücken zeigte, zu vervollständigen.
Ein zaghafterer, skrupulöserer Autor als der Verfasser würde dies vielleicht für
eine Arbeit von 5 bis 6 Jahren gehalten haben. Hier, wo es galt, den Stier
bei den Hörnern zu nehmen, muß man dem Verfasser dankbar sein, daß er
sich von keinerlei Bedenklichkeiten hat abhalten lassen, sondern keck an die Arbeit
gegangen ist. Des Resultates darf man sich, in einer Beziehung mindestens,
aufrichtig freuen: Der Verfasser hat nicht blos die Umrisse zu einer Bau-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_141412/75>, abgerufen am 03.07.2024.