Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal.haben für die Landwirthschaft eine eigene und eigenthümliche Bedeutung. Sie Die Ausführung eines so mannichfach verzweigten, gewaltigen Netzes von haben für die Landwirthschaft eine eigene und eigenthümliche Bedeutung. Sie Die Ausführung eines so mannichfach verzweigten, gewaltigen Netzes von <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0412" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/141823"/> <p xml:id="ID_1213" prev="#ID_1212"> haben für die Landwirthschaft eine eigene und eigenthümliche Bedeutung. Sie<lb/> dringen in die entlegensten Winkel-des Landes, in die engen Gebirgsthäler,<lb/> mitten in die Fabrikate. Sie nehmen die Montanprodukte an Ort und Stelle<lb/> auf, wo dieselben zu Tage gefordert werden, und führen sie mittelst Seilbahnen<lb/> ohne kostspielige Anlagen über die Thäler hinweg. Andererseits schließen sie sich<lb/> dem Chausseeverkehr direkt an, da sich bei ihrer geringen Fahrgeschwindigkeit<lb/> leicht Wagen konstruiren lassen, die sowohl für die Chaussee wie für die<lb/> Sekundürbcchn zu gebrauchen sind. Auf kurze Strecken können sie mit den<lb/> Chausseen zusammenlaufen, ohne daß daraus Gefahren entspringen. Die Ver¬<lb/> waltung ist höchst einfach und verursacht wenig Kosten, ebenso der Bau und die<lb/> Unterhaltung. Die Tarife können in Folge dessen sehr niedrig sein, und das<lb/> System der Wagenvermiethung an Gesellschaften und Private ist hier einer weit<lb/> ausgedehnteren Anwendung fähig, als bei den Vollbahnen. Für den großen<lb/> Verkehr werden die Sekundürbahnen die Zufuhrstraßen bilden und somit auch<lb/> diesen beleben. Treffend nannte sie deshalb der Minister die Adern des<lb/> Systems.</p><lb/> <p xml:id="ID_1214" next="#ID_1215"> Die Ausführung eines so mannichfach verzweigten, gewaltigen Netzes von<lb/> Verkehrsstraßen wird freilich noch manches Jahr in Anspruch nehmen und nicht<lb/> minder die Durchführung des Staatsbahnsystems. Inzwischen aber ist es<lb/> Aufgabe des Staates, auf die Privateisenbahnen so einzuwirken, daß die Trans¬<lb/> porte im Interesse der allgemeinen Volkswirthschaft und des Wohlstandes so<lb/> billig als möglich beschafft werden. Die Gesellschaften haben in erster Linie<lb/> ihr Privatinteresse im Auge, das Allgemeinwohl hat der Staat zu vertreten.<lb/> Ihm muß also auch das Recht zuerkannt werden, das Tarifsystem einheitlich<lb/> zu ordnen und auf die möglichst niedrigen Sätze herabzudrücken. Dies Recht<lb/> ist dem deutschen Reiche in der That auch durch den Artikel 45 der Reichs¬<lb/> verfassung vorbehalten; aber bis jetzt ist es zur Handhabung desselben nicht<lb/> gekommen. Bereits 1874 wurde eine Kommission zur Untersuchung dieser An¬<lb/> gelegenheit niedergesetzt. Sie entschied sich für möglichst baldige Einführung<lb/> einer einheitlichen Tarifordnung auf allen deutschen Bahnen. Im Jahre 1877<lb/> wurde dann ein System der Frachtberechnungen unter den Eisenbahnverwaltungen<lb/> vereinbart, aber die Erfahrungen haben gezeigt, daß es den Anforderungen nicht<lb/> entspricht, welche man im Interesse der Volkswirthschaft daran stellen muß, ganz<lb/> abgesehen davon, daß die Vereinbarungen nicht einmal allgemein eingeführt<lb/> worden sind. Jetzt hat nun die Reichsregierung Hand an's Werk gelegt, indem<lb/> sie beim Bundesrathe den Antrag stellte, die Ausarbeitung eines Gesetzes zur<lb/> Regelung des Güter-Tarifwesens zu beschließen und zu diesem Zwecke zunächst<lb/> einen Ausschuß von Vertretern derjenigen Bundesstaaten, welche Staatsbahnen<lb/> besitzen, zu berufen. Sie hat ihrem Antrage gleich einen Entwurf zu einem</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0412]
haben für die Landwirthschaft eine eigene und eigenthümliche Bedeutung. Sie
dringen in die entlegensten Winkel-des Landes, in die engen Gebirgsthäler,
mitten in die Fabrikate. Sie nehmen die Montanprodukte an Ort und Stelle
auf, wo dieselben zu Tage gefordert werden, und führen sie mittelst Seilbahnen
ohne kostspielige Anlagen über die Thäler hinweg. Andererseits schließen sie sich
dem Chausseeverkehr direkt an, da sich bei ihrer geringen Fahrgeschwindigkeit
leicht Wagen konstruiren lassen, die sowohl für die Chaussee wie für die
Sekundürbcchn zu gebrauchen sind. Auf kurze Strecken können sie mit den
Chausseen zusammenlaufen, ohne daß daraus Gefahren entspringen. Die Ver¬
waltung ist höchst einfach und verursacht wenig Kosten, ebenso der Bau und die
Unterhaltung. Die Tarife können in Folge dessen sehr niedrig sein, und das
System der Wagenvermiethung an Gesellschaften und Private ist hier einer weit
ausgedehnteren Anwendung fähig, als bei den Vollbahnen. Für den großen
Verkehr werden die Sekundürbahnen die Zufuhrstraßen bilden und somit auch
diesen beleben. Treffend nannte sie deshalb der Minister die Adern des
Systems.
Die Ausführung eines so mannichfach verzweigten, gewaltigen Netzes von
Verkehrsstraßen wird freilich noch manches Jahr in Anspruch nehmen und nicht
minder die Durchführung des Staatsbahnsystems. Inzwischen aber ist es
Aufgabe des Staates, auf die Privateisenbahnen so einzuwirken, daß die Trans¬
porte im Interesse der allgemeinen Volkswirthschaft und des Wohlstandes so
billig als möglich beschafft werden. Die Gesellschaften haben in erster Linie
ihr Privatinteresse im Auge, das Allgemeinwohl hat der Staat zu vertreten.
Ihm muß also auch das Recht zuerkannt werden, das Tarifsystem einheitlich
zu ordnen und auf die möglichst niedrigen Sätze herabzudrücken. Dies Recht
ist dem deutschen Reiche in der That auch durch den Artikel 45 der Reichs¬
verfassung vorbehalten; aber bis jetzt ist es zur Handhabung desselben nicht
gekommen. Bereits 1874 wurde eine Kommission zur Untersuchung dieser An¬
gelegenheit niedergesetzt. Sie entschied sich für möglichst baldige Einführung
einer einheitlichen Tarifordnung auf allen deutschen Bahnen. Im Jahre 1877
wurde dann ein System der Frachtberechnungen unter den Eisenbahnverwaltungen
vereinbart, aber die Erfahrungen haben gezeigt, daß es den Anforderungen nicht
entspricht, welche man im Interesse der Volkswirthschaft daran stellen muß, ganz
abgesehen davon, daß die Vereinbarungen nicht einmal allgemein eingeführt
worden sind. Jetzt hat nun die Reichsregierung Hand an's Werk gelegt, indem
sie beim Bundesrathe den Antrag stellte, die Ausarbeitung eines Gesetzes zur
Regelung des Güter-Tarifwesens zu beschließen und zu diesem Zwecke zunächst
einen Ausschuß von Vertretern derjenigen Bundesstaaten, welche Staatsbahnen
besitzen, zu berufen. Sie hat ihrem Antrage gleich einen Entwurf zu einem
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |