Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal.Hauptsatze gezogene Konsequenz, wenn er, wie es in unserer einheimischen Hauptsatze gezogene Konsequenz, wenn er, wie es in unserer einheimischen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0276" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/141687"/> <p xml:id="ID_832" prev="#ID_831" next="#ID_833"> Hauptsatze gezogene Konsequenz, wenn er, wie es in unserer einheimischen<lb/> geographischen Literatur vielfach geschieht, die einzelnen Bundesstaaten nicht<lb/> nach dem jetzigen Umfange ihres Gebietes bespricht, dem es ja meist an einer<lb/> natürlichen Begrenzung gebricht, sondern das Ganze in neun Theile zerlegt,<lb/> die, wie er meint, den Anforderungen geographischer Begrenztheit entsprechen.<lb/> Diese Terrainabschnitte, die er ganz selbständig ohne Anlehnung an deutsche<lb/> Quellen aufgestellt hat, sind: die Region der Vogesen; Rhein und Mosel; der<lb/> schwäbische Jura und das Thal des Neckar; die obere Donau und der Main;<lb/> die Ebenen der Elbe und Weser und die Küstengebiete der Nordsee; das<lb/> Becken der mittleren Elbe; die Ebenen der Elbe, Oder und Weichsel; die<lb/> cimbrische Halbinsel. Dies Verfahren muß doch bedenklich erscheinen. So<lb/> sehr auch Reclus Recht darin hat, daß er nach Gebieten suchte, die eine gewisse<lb/> Selbständigkeit dem Ganzen gegenüber behaupten, damit Zusammengehöriges<lb/> nicht getrennt und von Natur uicht Zusammengehöriges nicht zusammen be¬<lb/> handelt zu werden braucht, so kann doch die von ihm gegebene Eintheilung<lb/> in neun Terrainabschnitte nicht befriedigen. Der Hauptfehler derselben liegt<lb/> darin, daß Reclus den Zusammenhang und die relative Abgeschlossenheit des<lb/> deutschen Mittelgebirges im Verhältniß zu Europa nicht anerkennt, und daß<lb/> es ihm nicht gelungen ist, sich in den zahlreichen Gebirgsstöcken und Einzel¬<lb/> erhebungen zurechtzufinden und sie in Reihen anzuordnen. Und doch ist eine<lb/> bestimmte Anordnung des deutschen Gebirgssystems gar nicht zu verkennen,<lb/> wenn sie auch nicht in dem Sinne aufzufassen ist, daß sich ein Gebirge an das<lb/> andere unmittelbar anschließt, sondern mehr in der Weise, daß verschiedene<lb/> Hebungssysteme, deren einzelne Glieder mitunter räumlich etwas getrennt oder<lb/> aus der ursprünglichen Richtung geschoben sind, sowohl auf der Karte verfolgt,<lb/> als geologisch nachgewiesen werden können. Die allerdings existirende un¬<lb/> leugbare Undeutlichkeit und scheinbare Verworrenheit hat einmal ihren Grund<lb/> darin, daß auf einer verhältnißmäßig kleinen Landstrecke vier verschiedene, nach<lb/> verschiedenen Richtungen verlaufende Hebungen stattfanden, die an den Ecken<lb/> und Seiten an einander stießen; da die hebenden Kräfte sich gegenseitig störten,<lb/> so entstanden hier sehr mannichfaltige Formen, in denen sich die ursprünglichen<lb/> Richtungen erst nach genauer Untersuchung finden lassen; sodann hat gerade<lb/> in der Mitte Deutschland's ein im böhmischen Mittelgebirge im Osten bis zur<lb/> Eifel im Westen thätig gewesener Vulkanismus zahlreiche Umformungen her¬<lb/> vorgerufen. Von den erwähnten vier Hebungssystemen gebührt nach dem<lb/> geologischen Alter dem niederrheinischen Schiefergebirge der erste Rang, ihm<lb/> nahe kommt die oberrheinische Hebung, welche sich aber nicht blos auf die zu<lb/> beiden Seiten des Oberrhein's liegenden Gebirge und Berge beschränkt, sondern<lb/> sich in der Richtung nach Norden zunächst im Spessart fortsetzt, dann sich in</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0276]
Hauptsatze gezogene Konsequenz, wenn er, wie es in unserer einheimischen
geographischen Literatur vielfach geschieht, die einzelnen Bundesstaaten nicht
nach dem jetzigen Umfange ihres Gebietes bespricht, dem es ja meist an einer
natürlichen Begrenzung gebricht, sondern das Ganze in neun Theile zerlegt,
die, wie er meint, den Anforderungen geographischer Begrenztheit entsprechen.
Diese Terrainabschnitte, die er ganz selbständig ohne Anlehnung an deutsche
Quellen aufgestellt hat, sind: die Region der Vogesen; Rhein und Mosel; der
schwäbische Jura und das Thal des Neckar; die obere Donau und der Main;
die Ebenen der Elbe und Weser und die Küstengebiete der Nordsee; das
Becken der mittleren Elbe; die Ebenen der Elbe, Oder und Weichsel; die
cimbrische Halbinsel. Dies Verfahren muß doch bedenklich erscheinen. So
sehr auch Reclus Recht darin hat, daß er nach Gebieten suchte, die eine gewisse
Selbständigkeit dem Ganzen gegenüber behaupten, damit Zusammengehöriges
nicht getrennt und von Natur uicht Zusammengehöriges nicht zusammen be¬
handelt zu werden braucht, so kann doch die von ihm gegebene Eintheilung
in neun Terrainabschnitte nicht befriedigen. Der Hauptfehler derselben liegt
darin, daß Reclus den Zusammenhang und die relative Abgeschlossenheit des
deutschen Mittelgebirges im Verhältniß zu Europa nicht anerkennt, und daß
es ihm nicht gelungen ist, sich in den zahlreichen Gebirgsstöcken und Einzel¬
erhebungen zurechtzufinden und sie in Reihen anzuordnen. Und doch ist eine
bestimmte Anordnung des deutschen Gebirgssystems gar nicht zu verkennen,
wenn sie auch nicht in dem Sinne aufzufassen ist, daß sich ein Gebirge an das
andere unmittelbar anschließt, sondern mehr in der Weise, daß verschiedene
Hebungssysteme, deren einzelne Glieder mitunter räumlich etwas getrennt oder
aus der ursprünglichen Richtung geschoben sind, sowohl auf der Karte verfolgt,
als geologisch nachgewiesen werden können. Die allerdings existirende un¬
leugbare Undeutlichkeit und scheinbare Verworrenheit hat einmal ihren Grund
darin, daß auf einer verhältnißmäßig kleinen Landstrecke vier verschiedene, nach
verschiedenen Richtungen verlaufende Hebungen stattfanden, die an den Ecken
und Seiten an einander stießen; da die hebenden Kräfte sich gegenseitig störten,
so entstanden hier sehr mannichfaltige Formen, in denen sich die ursprünglichen
Richtungen erst nach genauer Untersuchung finden lassen; sodann hat gerade
in der Mitte Deutschland's ein im böhmischen Mittelgebirge im Osten bis zur
Eifel im Westen thätig gewesener Vulkanismus zahlreiche Umformungen her¬
vorgerufen. Von den erwähnten vier Hebungssystemen gebührt nach dem
geologischen Alter dem niederrheinischen Schiefergebirge der erste Rang, ihm
nahe kommt die oberrheinische Hebung, welche sich aber nicht blos auf die zu
beiden Seiten des Oberrhein's liegenden Gebirge und Berge beschränkt, sondern
sich in der Richtung nach Norden zunächst im Spessart fortsetzt, dann sich in
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