Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite

Stand gesunken sind, den sie in letzterem Jahre hatten. Sodann aber liegt noch
auf der Hand, daß man unmöglich Gesetze machen kann, die sich auf vorüber¬
gehende Konjunkturen stützen, und wenn unter dem Einfluß der überall her¬
vortretenden industriellen Nothstände der Preis der Lumpen keine solche Steige¬
rung erfahren hat, wie man nach Aufhebung des Ausgangszolles befürchten
mußte, so ist mit Nichten daraus zu folgern, was die Freihändler daraus
herleiten möchten. "Augenblicklich wird," so bemerkt unsere Denkschrift mit
Recht, "in England und Amerika infolge der schlechteren Konjunkturen weniger
konsumirt als früher. Sollten sich die Verhältnisse dort bessern und von dort
größere Nachfrage eintreten, so würden die Lumpen aller Wahrscheinlichkeit
nach erheblich im Preise steigen, unabhängig davon, ob hier in Deutschland
die Verhältnisse sich gebessert haben, und unsere Fabrikanten für ihr Papier
höhere Preise erzielen können oder nicht. Daß hierin eine große Gefahr für
diesen wichtigen Industriezweig liegt, wird kein Unbefangener bestreiten wollen."

Die Schweiz belegt den metrischen Zentner bei der Hadernaussuhr mit
3,20, Rußland belegt ihn mit 5,60, Italien mit 6,40, Oesterreich-Ungarn mit
.8, Dänemark mit 8,80, Portugal mit 9,80, Frankreich mit 9,90, Spanien mit
16,40 Mark. Der Reichskanzler hat wiederholt seinen Entschluß kund gegeben,
Angesichts der hohen Schutzzölle Amerika's, Rußland's, Frankreich's und Oester¬
reich's anch der deutschen Arbeit einen angemessenen Schutz zu verschaffen, der
so lange zu dauern hätte, als dort keine Herabsetzung zu erlangen wäre. Er
hat sich erst vor Kurzem noch sehr entschieden dahin geäußert. Hier, auf dem
Gebiete der Papiererzeugung, liegt ein Fall vor, wo Hilfe dringend noth thut,
und da durch Wiedereinführung des Ausfuhrzolles auf Lumpen niemand er¬
heblich geschädigt werden, die Papierindustrie aber an Sicherheit gewinnen und
einen neuen Aufschwung nehmen würde, so steht zu hoffen, daß der Bundes¬
rath die Bitte und Beschwerde, die unsere Denkschrift vorträgt, berücksichtigen
und die Wiedereinführung eines Ausgangszolles auf Lumpen (ob in der Höhe
von 4 Mark für 50 Kilo, wie die Bittsteller wollen, bleibe dahingestellt)
möglichst bald beim Reichstage vorschlagen werde.

Der Bundesrath hat ferner die Beschwerden der deutschen Industrie
theilweise als gerechtfertigt anerkannt und deshalb hinsichtlich der Gewerbs-
zweige, welche von Aenderungen in der Zollgesetzgebung betroffen worden sind,
Erkundigungen und Untersuchungen angeordnet. Das Ergebniß derselben ist, nach
gewissen Mittheilungen in der Presse, von der Art, daß eine Erhöhung der bis¬
herigen Zolltarifsätze für die fremdländischen Erzeugnisse dieser Industriezweige
wenigstens für eine bestimmte Zeit, d. h. bis anderwärts der Schutz sich ver¬
tragsmäßig vermindert, erwartet werden darf. Auch die Papiererzeugung zählt
zu den Gewerbszweigen, welche durch die in den letzten Jahren beliebten Ver-


Stand gesunken sind, den sie in letzterem Jahre hatten. Sodann aber liegt noch
auf der Hand, daß man unmöglich Gesetze machen kann, die sich auf vorüber¬
gehende Konjunkturen stützen, und wenn unter dem Einfluß der überall her¬
vortretenden industriellen Nothstände der Preis der Lumpen keine solche Steige¬
rung erfahren hat, wie man nach Aufhebung des Ausgangszolles befürchten
mußte, so ist mit Nichten daraus zu folgern, was die Freihändler daraus
herleiten möchten. „Augenblicklich wird," so bemerkt unsere Denkschrift mit
Recht, „in England und Amerika infolge der schlechteren Konjunkturen weniger
konsumirt als früher. Sollten sich die Verhältnisse dort bessern und von dort
größere Nachfrage eintreten, so würden die Lumpen aller Wahrscheinlichkeit
nach erheblich im Preise steigen, unabhängig davon, ob hier in Deutschland
die Verhältnisse sich gebessert haben, und unsere Fabrikanten für ihr Papier
höhere Preise erzielen können oder nicht. Daß hierin eine große Gefahr für
diesen wichtigen Industriezweig liegt, wird kein Unbefangener bestreiten wollen."

Die Schweiz belegt den metrischen Zentner bei der Hadernaussuhr mit
3,20, Rußland belegt ihn mit 5,60, Italien mit 6,40, Oesterreich-Ungarn mit
.8, Dänemark mit 8,80, Portugal mit 9,80, Frankreich mit 9,90, Spanien mit
16,40 Mark. Der Reichskanzler hat wiederholt seinen Entschluß kund gegeben,
Angesichts der hohen Schutzzölle Amerika's, Rußland's, Frankreich's und Oester¬
reich's anch der deutschen Arbeit einen angemessenen Schutz zu verschaffen, der
so lange zu dauern hätte, als dort keine Herabsetzung zu erlangen wäre. Er
hat sich erst vor Kurzem noch sehr entschieden dahin geäußert. Hier, auf dem
Gebiete der Papiererzeugung, liegt ein Fall vor, wo Hilfe dringend noth thut,
und da durch Wiedereinführung des Ausfuhrzolles auf Lumpen niemand er¬
heblich geschädigt werden, die Papierindustrie aber an Sicherheit gewinnen und
einen neuen Aufschwung nehmen würde, so steht zu hoffen, daß der Bundes¬
rath die Bitte und Beschwerde, die unsere Denkschrift vorträgt, berücksichtigen
und die Wiedereinführung eines Ausgangszolles auf Lumpen (ob in der Höhe
von 4 Mark für 50 Kilo, wie die Bittsteller wollen, bleibe dahingestellt)
möglichst bald beim Reichstage vorschlagen werde.

Der Bundesrath hat ferner die Beschwerden der deutschen Industrie
theilweise als gerechtfertigt anerkannt und deshalb hinsichtlich der Gewerbs-
zweige, welche von Aenderungen in der Zollgesetzgebung betroffen worden sind,
Erkundigungen und Untersuchungen angeordnet. Das Ergebniß derselben ist, nach
gewissen Mittheilungen in der Presse, von der Art, daß eine Erhöhung der bis¬
herigen Zolltarifsätze für die fremdländischen Erzeugnisse dieser Industriezweige
wenigstens für eine bestimmte Zeit, d. h. bis anderwärts der Schutz sich ver¬
tragsmäßig vermindert, erwartet werden darf. Auch die Papiererzeugung zählt
zu den Gewerbszweigen, welche durch die in den letzten Jahren beliebten Ver-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0118" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/141529"/>
          <p xml:id="ID_357" prev="#ID_356"> Stand gesunken sind, den sie in letzterem Jahre hatten. Sodann aber liegt noch<lb/>
auf der Hand, daß man unmöglich Gesetze machen kann, die sich auf vorüber¬<lb/>
gehende Konjunkturen stützen, und wenn unter dem Einfluß der überall her¬<lb/>
vortretenden industriellen Nothstände der Preis der Lumpen keine solche Steige¬<lb/>
rung erfahren hat, wie man nach Aufhebung des Ausgangszolles befürchten<lb/>
mußte, so ist mit Nichten daraus zu folgern, was die Freihändler daraus<lb/>
herleiten möchten. &#x201E;Augenblicklich wird," so bemerkt unsere Denkschrift mit<lb/>
Recht, &#x201E;in England und Amerika infolge der schlechteren Konjunkturen weniger<lb/>
konsumirt als früher. Sollten sich die Verhältnisse dort bessern und von dort<lb/>
größere Nachfrage eintreten, so würden die Lumpen aller Wahrscheinlichkeit<lb/>
nach erheblich im Preise steigen, unabhängig davon, ob hier in Deutschland<lb/>
die Verhältnisse sich gebessert haben, und unsere Fabrikanten für ihr Papier<lb/>
höhere Preise erzielen können oder nicht. Daß hierin eine große Gefahr für<lb/>
diesen wichtigen Industriezweig liegt, wird kein Unbefangener bestreiten wollen."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_358"> Die Schweiz belegt den metrischen Zentner bei der Hadernaussuhr mit<lb/>
3,20, Rußland belegt ihn mit 5,60, Italien mit 6,40, Oesterreich-Ungarn mit<lb/>
.8, Dänemark mit 8,80, Portugal mit 9,80, Frankreich mit 9,90, Spanien mit<lb/>
16,40 Mark. Der Reichskanzler hat wiederholt seinen Entschluß kund gegeben,<lb/>
Angesichts der hohen Schutzzölle Amerika's, Rußland's, Frankreich's und Oester¬<lb/>
reich's anch der deutschen Arbeit einen angemessenen Schutz zu verschaffen, der<lb/>
so lange zu dauern hätte, als dort keine Herabsetzung zu erlangen wäre. Er<lb/>
hat sich erst vor Kurzem noch sehr entschieden dahin geäußert. Hier, auf dem<lb/>
Gebiete der Papiererzeugung, liegt ein Fall vor, wo Hilfe dringend noth thut,<lb/>
und da durch Wiedereinführung des Ausfuhrzolles auf Lumpen niemand er¬<lb/>
heblich geschädigt werden, die Papierindustrie aber an Sicherheit gewinnen und<lb/>
einen neuen Aufschwung nehmen würde, so steht zu hoffen, daß der Bundes¬<lb/>
rath die Bitte und Beschwerde, die unsere Denkschrift vorträgt, berücksichtigen<lb/>
und die Wiedereinführung eines Ausgangszolles auf Lumpen (ob in der Höhe<lb/>
von 4 Mark für 50 Kilo, wie die Bittsteller wollen, bleibe dahingestellt)<lb/>
möglichst bald beim Reichstage vorschlagen werde.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_359" next="#ID_360"> Der Bundesrath hat ferner die Beschwerden der deutschen Industrie<lb/>
theilweise als gerechtfertigt anerkannt und deshalb hinsichtlich der Gewerbs-<lb/>
zweige, welche von Aenderungen in der Zollgesetzgebung betroffen worden sind,<lb/>
Erkundigungen und Untersuchungen angeordnet. Das Ergebniß derselben ist, nach<lb/>
gewissen Mittheilungen in der Presse, von der Art, daß eine Erhöhung der bis¬<lb/>
herigen Zolltarifsätze für die fremdländischen Erzeugnisse dieser Industriezweige<lb/>
wenigstens für eine bestimmte Zeit, d. h. bis anderwärts der Schutz sich ver¬<lb/>
tragsmäßig vermindert, erwartet werden darf. Auch die Papiererzeugung zählt<lb/>
zu den Gewerbszweigen, welche durch die in den letzten Jahren beliebten Ver-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0118] Stand gesunken sind, den sie in letzterem Jahre hatten. Sodann aber liegt noch auf der Hand, daß man unmöglich Gesetze machen kann, die sich auf vorüber¬ gehende Konjunkturen stützen, und wenn unter dem Einfluß der überall her¬ vortretenden industriellen Nothstände der Preis der Lumpen keine solche Steige¬ rung erfahren hat, wie man nach Aufhebung des Ausgangszolles befürchten mußte, so ist mit Nichten daraus zu folgern, was die Freihändler daraus herleiten möchten. „Augenblicklich wird," so bemerkt unsere Denkschrift mit Recht, „in England und Amerika infolge der schlechteren Konjunkturen weniger konsumirt als früher. Sollten sich die Verhältnisse dort bessern und von dort größere Nachfrage eintreten, so würden die Lumpen aller Wahrscheinlichkeit nach erheblich im Preise steigen, unabhängig davon, ob hier in Deutschland die Verhältnisse sich gebessert haben, und unsere Fabrikanten für ihr Papier höhere Preise erzielen können oder nicht. Daß hierin eine große Gefahr für diesen wichtigen Industriezweig liegt, wird kein Unbefangener bestreiten wollen." Die Schweiz belegt den metrischen Zentner bei der Hadernaussuhr mit 3,20, Rußland belegt ihn mit 5,60, Italien mit 6,40, Oesterreich-Ungarn mit .8, Dänemark mit 8,80, Portugal mit 9,80, Frankreich mit 9,90, Spanien mit 16,40 Mark. Der Reichskanzler hat wiederholt seinen Entschluß kund gegeben, Angesichts der hohen Schutzzölle Amerika's, Rußland's, Frankreich's und Oester¬ reich's anch der deutschen Arbeit einen angemessenen Schutz zu verschaffen, der so lange zu dauern hätte, als dort keine Herabsetzung zu erlangen wäre. Er hat sich erst vor Kurzem noch sehr entschieden dahin geäußert. Hier, auf dem Gebiete der Papiererzeugung, liegt ein Fall vor, wo Hilfe dringend noth thut, und da durch Wiedereinführung des Ausfuhrzolles auf Lumpen niemand er¬ heblich geschädigt werden, die Papierindustrie aber an Sicherheit gewinnen und einen neuen Aufschwung nehmen würde, so steht zu hoffen, daß der Bundes¬ rath die Bitte und Beschwerde, die unsere Denkschrift vorträgt, berücksichtigen und die Wiedereinführung eines Ausgangszolles auf Lumpen (ob in der Höhe von 4 Mark für 50 Kilo, wie die Bittsteller wollen, bleibe dahingestellt) möglichst bald beim Reichstage vorschlagen werde. Der Bundesrath hat ferner die Beschwerden der deutschen Industrie theilweise als gerechtfertigt anerkannt und deshalb hinsichtlich der Gewerbs- zweige, welche von Aenderungen in der Zollgesetzgebung betroffen worden sind, Erkundigungen und Untersuchungen angeordnet. Das Ergebniß derselben ist, nach gewissen Mittheilungen in der Presse, von der Art, daß eine Erhöhung der bis¬ herigen Zolltarifsätze für die fremdländischen Erzeugnisse dieser Industriezweige wenigstens für eine bestimmte Zeit, d. h. bis anderwärts der Schutz sich ver¬ tragsmäßig vermindert, erwartet werden darf. Auch die Papiererzeugung zählt zu den Gewerbszweigen, welche durch die in den letzten Jahren beliebten Ver-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_141412
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_141412/118
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_141412/118>, abgerufen am 01.10.2024.