Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.Straßen geschleift. Mackenzie jcigte mit einem der Häilptlinge im Galopp Völlig unbegreiflich erscheint das Verhalten der Engländer im Lager Den ganzen Tag über war man über das Schicksal Mac-Naghten's in Straßen geschleift. Mackenzie jcigte mit einem der Häilptlinge im Galopp Völlig unbegreiflich erscheint das Verhalten der Engländer im Lager Den ganzen Tag über war man über das Schicksal Mac-Naghten's in <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0386" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/141265"/> <p xml:id="ID_1293" prev="#ID_1292"> Straßen geschleift. Mackenzie jcigte mit einem der Häilptlinge im Galopp<lb/> nach einem der Forts, während ihnen die Kngeln um die Ohren pfiffen, und<lb/> unter dem Wuthgeheul der nachsetzenden Afghanen. Als sie blutend und auf<lb/> den Tod ermattet mit knapper Noth das Fort erreichten, fanden sie Lawrence<lb/> ebendaselbst in Sicherheit, aber nach dem rasenden Ritt, nach der entsetzlichen<lb/> Aufregung und aus mehreren Wunden blutend, eher todt als lebendig. Die<lb/> afghanischen Häuptlinge fanden sich allmälig ebenfalls dort ein. Mohamed<lb/> Akbar versuchte die Engländer glauben zu machen, Sir William und der<lb/> Hauptmann wären in Sicherheit, aber im selben Augenblicke wurde die blutige<lb/> und verstümmelte Hand des Botschafters zum Fenster herein gereicht. Da<lb/> übrigens wiederholte Angriffe auf das Fort statt fanden, wurden die englischen<lb/> Offiziere noch in der nämlichen Nacht nach der Stadt geschafft und im Hause<lb/> des Sirdars in Sicherheit gebracht. Ebendaselbst befand sich auch der Haupt¬<lb/> mann Skinner, der den verhängnißvollen Vorschlag überbracht hatte. Die<lb/> Behandlung der Offiziere war eine ziemlich anständige und humane. Bald<lb/> suchten denn auch die Afghanen die Unterhandlungen wieder aufzunehmen.<lb/> Lawrence erhielt zunächst eine Wohnung bei Amenoulah Khan angewiesen und<lb/> wurde dann am 29. Dezember unter Bedeckung in's Lager zurückgeschickt.<lb/> Bereits am folgenden Morgen erfuhren Mackenzie und Skinner, daß Major<lb/> Pottinger wieder unterhandle, und nun erhielten sie auch Erlaubniß, in afgha¬<lb/> nischer Tracht, um möglichst wenig Aufsehen zu erregen, zu deu Ihrigen zu<lb/> stoßen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1294"> Völlig unbegreiflich erscheint das Verhalten der Engländer im Lager<lb/> während der erzählten Vorgänge. Während der Vertreter ihrer Nation gleich¬<lb/> sam vor ihren Augen wie ein Hund todtgeschlagen wurde, rührte sich kein<lb/> Arm, fiel kein Schuß! „Kein englischer Soldat", ruft Ehre in gerechtem Zorne<lb/> aus, „ward sichtbar, als unser Botschafter, auf Büchsenschußweite von uns, ab¬<lb/> geschlachtet wurde; ja es machte nicht nur Niemand Anstalt, die Frevelthat zu<lb/> rächen, sondern man ließ auch uoch den Leichnam des Unglücklichen ruhig in<lb/> den Händen der Barbaren, der Wuth der Soldateska und des Pöbels aus¬<lb/> gesetzt!"</p><lb/> <p xml:id="ID_1295" next="#ID_1296"> Den ganzen Tag über war man über das Schicksal Mac-Naghten's in<lb/> Besorgniß gewesen, und namentlich schwebte seine Gattin in schrecklichen Aengsten.<lb/> Erst am Abend brachte ein Brief des Hauptmanns Conolly die Schreckenskunde.<lb/> Nun übernahm Pottinger an Sir William's Stelle das Amt der diplomatischen<lb/> Vermittelung, und kaum war er in Funktion getreten, so trafen die neuen<lb/> Vorschläge der Afghanen ein. Dieselben forderten Auslieferung des gesammten<lb/> schweren Geschützes, mit Ausnahme von sechs Kanonen, und vier verheiratheter<lb/> Männer mit ihren Familien als Geiseln. Alle kostbarere, nicht unentbehrliche</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0386]
Straßen geschleift. Mackenzie jcigte mit einem der Häilptlinge im Galopp
nach einem der Forts, während ihnen die Kngeln um die Ohren pfiffen, und
unter dem Wuthgeheul der nachsetzenden Afghanen. Als sie blutend und auf
den Tod ermattet mit knapper Noth das Fort erreichten, fanden sie Lawrence
ebendaselbst in Sicherheit, aber nach dem rasenden Ritt, nach der entsetzlichen
Aufregung und aus mehreren Wunden blutend, eher todt als lebendig. Die
afghanischen Häuptlinge fanden sich allmälig ebenfalls dort ein. Mohamed
Akbar versuchte die Engländer glauben zu machen, Sir William und der
Hauptmann wären in Sicherheit, aber im selben Augenblicke wurde die blutige
und verstümmelte Hand des Botschafters zum Fenster herein gereicht. Da
übrigens wiederholte Angriffe auf das Fort statt fanden, wurden die englischen
Offiziere noch in der nämlichen Nacht nach der Stadt geschafft und im Hause
des Sirdars in Sicherheit gebracht. Ebendaselbst befand sich auch der Haupt¬
mann Skinner, der den verhängnißvollen Vorschlag überbracht hatte. Die
Behandlung der Offiziere war eine ziemlich anständige und humane. Bald
suchten denn auch die Afghanen die Unterhandlungen wieder aufzunehmen.
Lawrence erhielt zunächst eine Wohnung bei Amenoulah Khan angewiesen und
wurde dann am 29. Dezember unter Bedeckung in's Lager zurückgeschickt.
Bereits am folgenden Morgen erfuhren Mackenzie und Skinner, daß Major
Pottinger wieder unterhandle, und nun erhielten sie auch Erlaubniß, in afgha¬
nischer Tracht, um möglichst wenig Aufsehen zu erregen, zu deu Ihrigen zu
stoßen.
Völlig unbegreiflich erscheint das Verhalten der Engländer im Lager
während der erzählten Vorgänge. Während der Vertreter ihrer Nation gleich¬
sam vor ihren Augen wie ein Hund todtgeschlagen wurde, rührte sich kein
Arm, fiel kein Schuß! „Kein englischer Soldat", ruft Ehre in gerechtem Zorne
aus, „ward sichtbar, als unser Botschafter, auf Büchsenschußweite von uns, ab¬
geschlachtet wurde; ja es machte nicht nur Niemand Anstalt, die Frevelthat zu
rächen, sondern man ließ auch uoch den Leichnam des Unglücklichen ruhig in
den Händen der Barbaren, der Wuth der Soldateska und des Pöbels aus¬
gesetzt!"
Den ganzen Tag über war man über das Schicksal Mac-Naghten's in
Besorgniß gewesen, und namentlich schwebte seine Gattin in schrecklichen Aengsten.
Erst am Abend brachte ein Brief des Hauptmanns Conolly die Schreckenskunde.
Nun übernahm Pottinger an Sir William's Stelle das Amt der diplomatischen
Vermittelung, und kaum war er in Funktion getreten, so trafen die neuen
Vorschläge der Afghanen ein. Dieselben forderten Auslieferung des gesammten
schweren Geschützes, mit Ausnahme von sechs Kanonen, und vier verheiratheter
Männer mit ihren Familien als Geiseln. Alle kostbarere, nicht unentbehrliche
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |