Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.Geltung zu verschaffen und endlich auch die kaiserliche Acht zu vollstrecken. Zu Wenn auch keineswegs in der Regel, so wurde der Kreis-Oberst doch sehr Nach dem Westphälischen Frieden, der das Neichsregiment nach allen Nichtsdestoweniger war man beim Westphälischen Friedensschlüsse auf Geltung zu verschaffen und endlich auch die kaiserliche Acht zu vollstrecken. Zu Wenn auch keineswegs in der Regel, so wurde der Kreis-Oberst doch sehr Nach dem Westphälischen Frieden, der das Neichsregiment nach allen Nichtsdestoweniger war man beim Westphälischen Friedensschlüsse auf <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0209" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/141088"/> <p xml:id="ID_718" prev="#ID_717"> Geltung zu verschaffen und endlich auch die kaiserliche Acht zu vollstrecken. Zu<lb/> dem Ende waren die Stunde verpflichtet, auf Requisition des Kreis-Obersten,<lb/> „ohne einige cmfzttgige Ausflucht und Ausrede/' die etwa benöthigte Miliz,<lb/> und zwar nach Verhältniß der Reichsmatrikel, zu gestellen. Reinste die eigene<lb/> Truppenzahl nicht aus, so waren auch die benachbarten Kreise zur Hilfelei¬<lb/> stung verpflichtet.</p><lb/> <p xml:id="ID_719"> Wenn auch keineswegs in der Regel, so wurde der Kreis-Oberst doch sehr<lb/> häufig aus der Zahl der Kreisansschreibenden d. h. der mächtigsten Fürsten des<lb/> Kreises gewühlt. Allerdings lag in diesem Falle für den Kreis-Obersten die Ver¬<lb/> suchung sehr nahe, sich über die Mitstünde eine Hoheit anzumaßen, die ihm<lb/> nach den Reichsgesetzen nicht zukam. Die ebenfalls aus der Zahl der Stunde<lb/> durch Wahl hervorgegangenen Beigeordneten, eine Art von Hofkriegsrath, sorgten<lb/> jedoch dafür, daß Alles in gehörige Erwägung gezogen und, keineswegs immer<lb/> im Interesse des Landfriedens, nichts übereilt wurde.</p><lb/> <p xml:id="ID_720"> Nach dem Westphälischen Frieden, der das Neichsregiment nach allen<lb/> Richtungen hin schwächte, dagegen die Ungebundenheit der einzelnen Stände<lb/> besiegelte, kam naturgemäß das Amt eiues Kreis-Obersten immer mehr in Ver¬<lb/> fall. In einzelnen Kreisen fanden gar keine Wahlen mehr statt, so im ober-<lb/> und niedersächsischen Kreise, wo mehrere Jahrzehnte lang die Kreistage nicht<lb/> zusammenberufen wurden, und die Kreisverfassung vollkommen ruhte. Im<lb/> Jahre 1740 konnten sich die oberrheinischen Stände, nach dem Absterben des<lb/> Landgrafen von Hessen-Darmstadt, über die Wahl eines Kreis-Obersten nicht<lb/> einigen. Die Fürstlichen Deputirten verlangten einen Fürsten, ^speziell den<lb/> Regierungsnachfolger des verstorbenen Landgrafen, wogegen die Gräflichen<lb/> Deputirten protestirten: „Es sei jetzt die Reihe an ihren Herren Prinzipalen<lb/> und müßte sonach einer aus dem Grasenstand zum Kreis-Obersten erwählt<lb/> werden." Eine Einigung fand nicht statt, und so blieb denn die Stelle unbe¬<lb/> setzt. Wo ja noch ein Kreis-Oberster existirte, da war er, nach Moser, in<lb/> Msew nicht das, was er nach den Reichsgesetzen sein sollte. Es entwickelte<lb/> sich aus diesem Amt eine Kreis-Generalität, die jedoch mit den Funktionen<lb/> des ersteren kaum etwas gemein hatte.</p><lb/> <p xml:id="ID_721" next="#ID_722"> Nichtsdestoweniger war man beim Westphälischen Friedensschlüsse auf<lb/> die Reichsexekutious-Ordnung wieder zurückgekommen, und die Kreisaus¬<lb/> schreibenden Fürsten, sowie die Kreis-Obersten erhielten ausdrücklich Anweisung,<lb/> wenn nöthig, dem Recht mit gewaffneter Hand Geltung zu verschaffen. Das<lb/> Verfahren wurde jedoch mit so viel Klauseln umgeben, daß, wie wir aus dem<lb/> demnächst mitzutheilenden Beispiele ersehen werden, selbst im besten Falle<lb/> meistens Jahre darüber hingingen, ehe dem gekränkten Rechte Geltung ver¬<lb/> schafft wurde. Erst wenn der Beleidiger des Gesetzes auf gar nichts eingehen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0209]
Geltung zu verschaffen und endlich auch die kaiserliche Acht zu vollstrecken. Zu
dem Ende waren die Stunde verpflichtet, auf Requisition des Kreis-Obersten,
„ohne einige cmfzttgige Ausflucht und Ausrede/' die etwa benöthigte Miliz,
und zwar nach Verhältniß der Reichsmatrikel, zu gestellen. Reinste die eigene
Truppenzahl nicht aus, so waren auch die benachbarten Kreise zur Hilfelei¬
stung verpflichtet.
Wenn auch keineswegs in der Regel, so wurde der Kreis-Oberst doch sehr
häufig aus der Zahl der Kreisansschreibenden d. h. der mächtigsten Fürsten des
Kreises gewühlt. Allerdings lag in diesem Falle für den Kreis-Obersten die Ver¬
suchung sehr nahe, sich über die Mitstünde eine Hoheit anzumaßen, die ihm
nach den Reichsgesetzen nicht zukam. Die ebenfalls aus der Zahl der Stunde
durch Wahl hervorgegangenen Beigeordneten, eine Art von Hofkriegsrath, sorgten
jedoch dafür, daß Alles in gehörige Erwägung gezogen und, keineswegs immer
im Interesse des Landfriedens, nichts übereilt wurde.
Nach dem Westphälischen Frieden, der das Neichsregiment nach allen
Richtungen hin schwächte, dagegen die Ungebundenheit der einzelnen Stände
besiegelte, kam naturgemäß das Amt eiues Kreis-Obersten immer mehr in Ver¬
fall. In einzelnen Kreisen fanden gar keine Wahlen mehr statt, so im ober-
und niedersächsischen Kreise, wo mehrere Jahrzehnte lang die Kreistage nicht
zusammenberufen wurden, und die Kreisverfassung vollkommen ruhte. Im
Jahre 1740 konnten sich die oberrheinischen Stände, nach dem Absterben des
Landgrafen von Hessen-Darmstadt, über die Wahl eines Kreis-Obersten nicht
einigen. Die Fürstlichen Deputirten verlangten einen Fürsten, ^speziell den
Regierungsnachfolger des verstorbenen Landgrafen, wogegen die Gräflichen
Deputirten protestirten: „Es sei jetzt die Reihe an ihren Herren Prinzipalen
und müßte sonach einer aus dem Grasenstand zum Kreis-Obersten erwählt
werden." Eine Einigung fand nicht statt, und so blieb denn die Stelle unbe¬
setzt. Wo ja noch ein Kreis-Oberster existirte, da war er, nach Moser, in
Msew nicht das, was er nach den Reichsgesetzen sein sollte. Es entwickelte
sich aus diesem Amt eine Kreis-Generalität, die jedoch mit den Funktionen
des ersteren kaum etwas gemein hatte.
Nichtsdestoweniger war man beim Westphälischen Friedensschlüsse auf
die Reichsexekutious-Ordnung wieder zurückgekommen, und die Kreisaus¬
schreibenden Fürsten, sowie die Kreis-Obersten erhielten ausdrücklich Anweisung,
wenn nöthig, dem Recht mit gewaffneter Hand Geltung zu verschaffen. Das
Verfahren wurde jedoch mit so viel Klauseln umgeben, daß, wie wir aus dem
demnächst mitzutheilenden Beispiele ersehen werden, selbst im besten Falle
meistens Jahre darüber hingingen, ehe dem gekränkten Rechte Geltung ver¬
schafft wurde. Erst wenn der Beleidiger des Gesetzes auf gar nichts eingehen
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