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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.

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des Saukrieges bekannt, weil ersterer vom Schlachtfelde bei Würzen 700 Schweine
als gute Beute mit sich führte. Sickingen und Berlichingen kehrten sich auch
wenig genug an den ewigen Landfrieden, und als allerletzter Fehderitter darf
wohl Wilhelm von Grumbach gelten, der als Landfriedensstörer, Fürstenmörder
und Aechter 1567 auf dem Blutgerüste starb.

Solche Erfahrungen gaben Zeugniß, wie wenig die wegen Handhabung
des Landfriedens von Kaiser und Reich gegebenen Ordnungen, so viel auch an
ihnen fast auf allen Reichstagen herumgebessert und geflickt worden war, ihren
Zweck erfüllten. Als daher im Jahre 1555 auf dem Reichstage zu Augsburg
der Religionsfriede abgeschlossen wurde, sah man sich genöthigt, wegen Hand¬
habung desselben, sowie auch des Landfriedens, neue reichsgesetzliche Anord¬
nungen zu treffen. Sie sind zusammengefaßt in der sogenannten Reichsexeku-
tions-Ordnung, deren in späteren Reichsgesetzen öfters Erwähnung geschieht
und die, wenn auch vielfach verändert und verbessert, bis zu Ende des Reichs
zu Recht bestand.

Was es nun mit dieser Reichsexekutions - Ordnung auf sich hatte, das
besagt Z 96: "Es soll auch diese Ordnung und Handhabung des Fried¬
standes und Landfriedens gegen diejenigen, fo im heiligen Reich Teutscher
Nation Vergadderungen, Versammlungen, Aufwiegelungen und Notierungen
der Kriegsleut zu Roß und zu Fuß anstifften, auch wider diejenigen, welche
die Stände des Reichs, so jetzt gemelten der Kayserlichen Majestät, Unseren
und des heiligen Reichs Landfrieden unterworffen und in Landfriedbrüchigen
Sachen an dem Kayserlichen Cammer-Gericht Recht nehmen und geben, ver¬
gewaltigen, bekriegen, überziehen, ihr Land und Leut, Haab und Güter, wider
berührten Landfrieden einzunehmen und sie zu beschädigen unterständen, auch
verstanden und vollzogen werden."

In Neuhochdeutsch übertragen gab also die Reichsexekutions-Ordnung
Mittel und Wege an die Hand, um Aufruhr und Empörung im Lande zu
unterdrücken, so wie Meutereien bei den Truppen niederzuschlagen, den reichs-
kammergerichtlichen Urtheilen Geltung zu verschaffen und fehdelustige Stände,
die sich ihr Recht selbst suchen wollten, zur Raison zu bringen.

Hatten früher schon seit der von Kaiser Maximilian geschaffenen Kreis-
eintheilung sogenannte Kreishauptleute bestanden, zur Exequirung der Acht und
des Bannes, so enthielt die neue Exekutions-Ordnung eine ausdrückliche Be¬
stimmung, wonach jeder Kreis einen Kreis-Obersten; -- nicht zu verwechseln
mit dem Obersten eines Kreis-Regiments, -- nebst etlichen Zugeordneten zu
wählen verpflichtet war. Dieser Kreis-Oberste hatte die Handhabung des
Land- und Religivnsfriedens zu überwachen, da wo er gestört wurde einzu¬
schreiten, den kammergerichtlichen Urtheilen, sowie überhaupt den Reichsgesetzeu,


des Saukrieges bekannt, weil ersterer vom Schlachtfelde bei Würzen 700 Schweine
als gute Beute mit sich führte. Sickingen und Berlichingen kehrten sich auch
wenig genug an den ewigen Landfrieden, und als allerletzter Fehderitter darf
wohl Wilhelm von Grumbach gelten, der als Landfriedensstörer, Fürstenmörder
und Aechter 1567 auf dem Blutgerüste starb.

Solche Erfahrungen gaben Zeugniß, wie wenig die wegen Handhabung
des Landfriedens von Kaiser und Reich gegebenen Ordnungen, so viel auch an
ihnen fast auf allen Reichstagen herumgebessert und geflickt worden war, ihren
Zweck erfüllten. Als daher im Jahre 1555 auf dem Reichstage zu Augsburg
der Religionsfriede abgeschlossen wurde, sah man sich genöthigt, wegen Hand¬
habung desselben, sowie auch des Landfriedens, neue reichsgesetzliche Anord¬
nungen zu treffen. Sie sind zusammengefaßt in der sogenannten Reichsexeku-
tions-Ordnung, deren in späteren Reichsgesetzen öfters Erwähnung geschieht
und die, wenn auch vielfach verändert und verbessert, bis zu Ende des Reichs
zu Recht bestand.

Was es nun mit dieser Reichsexekutions - Ordnung auf sich hatte, das
besagt Z 96: „Es soll auch diese Ordnung und Handhabung des Fried¬
standes und Landfriedens gegen diejenigen, fo im heiligen Reich Teutscher
Nation Vergadderungen, Versammlungen, Aufwiegelungen und Notierungen
der Kriegsleut zu Roß und zu Fuß anstifften, auch wider diejenigen, welche
die Stände des Reichs, so jetzt gemelten der Kayserlichen Majestät, Unseren
und des heiligen Reichs Landfrieden unterworffen und in Landfriedbrüchigen
Sachen an dem Kayserlichen Cammer-Gericht Recht nehmen und geben, ver¬
gewaltigen, bekriegen, überziehen, ihr Land und Leut, Haab und Güter, wider
berührten Landfrieden einzunehmen und sie zu beschädigen unterständen, auch
verstanden und vollzogen werden."

In Neuhochdeutsch übertragen gab also die Reichsexekutions-Ordnung
Mittel und Wege an die Hand, um Aufruhr und Empörung im Lande zu
unterdrücken, so wie Meutereien bei den Truppen niederzuschlagen, den reichs-
kammergerichtlichen Urtheilen Geltung zu verschaffen und fehdelustige Stände,
die sich ihr Recht selbst suchen wollten, zur Raison zu bringen.

Hatten früher schon seit der von Kaiser Maximilian geschaffenen Kreis-
eintheilung sogenannte Kreishauptleute bestanden, zur Exequirung der Acht und
des Bannes, so enthielt die neue Exekutions-Ordnung eine ausdrückliche Be¬
stimmung, wonach jeder Kreis einen Kreis-Obersten; — nicht zu verwechseln
mit dem Obersten eines Kreis-Regiments, — nebst etlichen Zugeordneten zu
wählen verpflichtet war. Dieser Kreis-Oberste hatte die Handhabung des
Land- und Religivnsfriedens zu überwachen, da wo er gestört wurde einzu¬
schreiten, den kammergerichtlichen Urtheilen, sowie überhaupt den Reichsgesetzeu,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157670/208>, abgerufen am 05.02.2025.