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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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Weg. Am wenigsten aber lassen sich in der Nähe der hohen Gebirge die
normalen Windrichtungen erkennen.

Die Luftströme wirken nun auch, am meisten im Shamobecken, auf die
zeitliche und räumliche Vertheilung der atmosphärischen Niederschläge. Im
Sommer entziehen die ostchinesischen Gebirge den südlichen Winden einen Theil
ihrer Feuchtigkeit, einen Theil entladen sie auf der Steppe. Im Winter fällt
wenig Schnee, einmal weil die Luft aus kälteren Gegenden kommend, bei ihrer
Bewegung nach weniger kalten die Fähigkeit, die Feuchtigkeit zu kondensiren,
verliert und sodann weil der Feuchtigkeitsbetrag nur gering ist. Die Wolken
streichen also über die Steppe weg und entladen sich erst am Kwenlun. Dem
Tcirymbecken müßte der Südwind Regen bringen; aber die Hochketten des
Hin-Uaya, Karakorum und Kwenlun verhindern es, indem sie den Wasserge¬
halt der Südwinde auffangen und große Firnfelder und Gletscher bilden, aus denen
zahlreiche und starke Flüsse entstehen; dagegen erhalten die ausgedehnten Areale
zwischen den Hochketten einen äußerst geringen Niederschlag, der jedoch im
Winter großer ist als im Sommer. Wenn die Luftströmungen regelmäßig
verliefen, würden die tieferen Regionen gar keinen Niederschlag erhalten, da
die warmen Ströme oben liegen und ihres Feuchtigkeitsgehaltes von den Hoch-
gipfeln beraubt werden. Nur durch Störungen in ihnen geschieht es, daß die
wärmere Schicht nach unten kommt und auch den niedern Regionen etwas
Feuchtigkeit abgiebt, hauptsächlich in der Nähe der Gebirge. Im Sommer
aber hindert die Ausstrahlung des erhitzten Bodens die Bildung von Gewölk.
So verursacht einerseits die Entziehung der Feuchtigkeit durch die Hochgipfel,
andererseits die starke Einwirkung der Sonne und die Rückwirkung des er¬
hitzten Bodens eine bedeutende Trockenheit. Im östlichen Theile des Shamv-
beckeus fehlen zwar die Hochgebirge; dennoch sind die mit der Lufttrockenheit
zusammenhängenden Agentien mächtig genug, um den Salzbecken den Zustand
der Abflußlosigkeit zu bewahren.

Auf die gestaltenden Vorgänge in abflußlosen Ländern, als: Regenvertheilung,
Richtung und Stärke der Luftströmungen, Vegetation und Intensität der
chemischen Zersetzung üben auch die Temperaturverhältnisse ein gewisse Ein¬
wirkung; doch ist ihr Einfluß gegenseitig, und dieselbe Erscheinung kaun hier
Ursache, dort Wirkung sein. Soviel ist festzuhalten, daß die größten Extreme
der Jahreszeiten durch starke Kälteausstrahlung im Winter und durch intensive
Insolation im Sommer entstehen. Außerdem liegt das ausgleichende Meer
weit entfernt, das Binnenland ist von gewaltiger Ausdehnung. Abgesehen
davon, daß der Salzgehalt des Bodens im Winter die Kälte erhöht, hindert
er auch das Aufkommen von Bäumen und Sträuchern, was nicht blos an der


Weg. Am wenigsten aber lassen sich in der Nähe der hohen Gebirge die
normalen Windrichtungen erkennen.

Die Luftströme wirken nun auch, am meisten im Shamobecken, auf die
zeitliche und räumliche Vertheilung der atmosphärischen Niederschläge. Im
Sommer entziehen die ostchinesischen Gebirge den südlichen Winden einen Theil
ihrer Feuchtigkeit, einen Theil entladen sie auf der Steppe. Im Winter fällt
wenig Schnee, einmal weil die Luft aus kälteren Gegenden kommend, bei ihrer
Bewegung nach weniger kalten die Fähigkeit, die Feuchtigkeit zu kondensiren,
verliert und sodann weil der Feuchtigkeitsbetrag nur gering ist. Die Wolken
streichen also über die Steppe weg und entladen sich erst am Kwenlun. Dem
Tcirymbecken müßte der Südwind Regen bringen; aber die Hochketten des
Hin-Uaya, Karakorum und Kwenlun verhindern es, indem sie den Wasserge¬
halt der Südwinde auffangen und große Firnfelder und Gletscher bilden, aus denen
zahlreiche und starke Flüsse entstehen; dagegen erhalten die ausgedehnten Areale
zwischen den Hochketten einen äußerst geringen Niederschlag, der jedoch im
Winter großer ist als im Sommer. Wenn die Luftströmungen regelmäßig
verliefen, würden die tieferen Regionen gar keinen Niederschlag erhalten, da
die warmen Ströme oben liegen und ihres Feuchtigkeitsgehaltes von den Hoch-
gipfeln beraubt werden. Nur durch Störungen in ihnen geschieht es, daß die
wärmere Schicht nach unten kommt und auch den niedern Regionen etwas
Feuchtigkeit abgiebt, hauptsächlich in der Nähe der Gebirge. Im Sommer
aber hindert die Ausstrahlung des erhitzten Bodens die Bildung von Gewölk.
So verursacht einerseits die Entziehung der Feuchtigkeit durch die Hochgipfel,
andererseits die starke Einwirkung der Sonne und die Rückwirkung des er¬
hitzten Bodens eine bedeutende Trockenheit. Im östlichen Theile des Shamv-
beckeus fehlen zwar die Hochgebirge; dennoch sind die mit der Lufttrockenheit
zusammenhängenden Agentien mächtig genug, um den Salzbecken den Zustand
der Abflußlosigkeit zu bewahren.

Auf die gestaltenden Vorgänge in abflußlosen Ländern, als: Regenvertheilung,
Richtung und Stärke der Luftströmungen, Vegetation und Intensität der
chemischen Zersetzung üben auch die Temperaturverhältnisse ein gewisse Ein¬
wirkung; doch ist ihr Einfluß gegenseitig, und dieselbe Erscheinung kaun hier
Ursache, dort Wirkung sein. Soviel ist festzuhalten, daß die größten Extreme
der Jahreszeiten durch starke Kälteausstrahlung im Winter und durch intensive
Insolation im Sommer entstehen. Außerdem liegt das ausgleichende Meer
weit entfernt, das Binnenland ist von gewaltiger Ausdehnung. Abgesehen
davon, daß der Salzgehalt des Bodens im Winter die Kälte erhöht, hindert
er auch das Aufkommen von Bäumen und Sträuchern, was nicht blos an der


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[0460] Weg. Am wenigsten aber lassen sich in der Nähe der hohen Gebirge die normalen Windrichtungen erkennen. Die Luftströme wirken nun auch, am meisten im Shamobecken, auf die zeitliche und räumliche Vertheilung der atmosphärischen Niederschläge. Im Sommer entziehen die ostchinesischen Gebirge den südlichen Winden einen Theil ihrer Feuchtigkeit, einen Theil entladen sie auf der Steppe. Im Winter fällt wenig Schnee, einmal weil die Luft aus kälteren Gegenden kommend, bei ihrer Bewegung nach weniger kalten die Fähigkeit, die Feuchtigkeit zu kondensiren, verliert und sodann weil der Feuchtigkeitsbetrag nur gering ist. Die Wolken streichen also über die Steppe weg und entladen sich erst am Kwenlun. Dem Tcirymbecken müßte der Südwind Regen bringen; aber die Hochketten des Hin-Uaya, Karakorum und Kwenlun verhindern es, indem sie den Wasserge¬ halt der Südwinde auffangen und große Firnfelder und Gletscher bilden, aus denen zahlreiche und starke Flüsse entstehen; dagegen erhalten die ausgedehnten Areale zwischen den Hochketten einen äußerst geringen Niederschlag, der jedoch im Winter großer ist als im Sommer. Wenn die Luftströmungen regelmäßig verliefen, würden die tieferen Regionen gar keinen Niederschlag erhalten, da die warmen Ströme oben liegen und ihres Feuchtigkeitsgehaltes von den Hoch- gipfeln beraubt werden. Nur durch Störungen in ihnen geschieht es, daß die wärmere Schicht nach unten kommt und auch den niedern Regionen etwas Feuchtigkeit abgiebt, hauptsächlich in der Nähe der Gebirge. Im Sommer aber hindert die Ausstrahlung des erhitzten Bodens die Bildung von Gewölk. So verursacht einerseits die Entziehung der Feuchtigkeit durch die Hochgipfel, andererseits die starke Einwirkung der Sonne und die Rückwirkung des er¬ hitzten Bodens eine bedeutende Trockenheit. Im östlichen Theile des Shamv- beckeus fehlen zwar die Hochgebirge; dennoch sind die mit der Lufttrockenheit zusammenhängenden Agentien mächtig genug, um den Salzbecken den Zustand der Abflußlosigkeit zu bewahren. Auf die gestaltenden Vorgänge in abflußlosen Ländern, als: Regenvertheilung, Richtung und Stärke der Luftströmungen, Vegetation und Intensität der chemischen Zersetzung üben auch die Temperaturverhältnisse ein gewisse Ein¬ wirkung; doch ist ihr Einfluß gegenseitig, und dieselbe Erscheinung kaun hier Ursache, dort Wirkung sein. Soviel ist festzuhalten, daß die größten Extreme der Jahreszeiten durch starke Kälteausstrahlung im Winter und durch intensive Insolation im Sommer entstehen. Außerdem liegt das ausgleichende Meer weit entfernt, das Binnenland ist von gewaltiger Ausdehnung. Abgesehen davon, daß der Salzgehalt des Bodens im Winter die Kälte erhöht, hindert er auch das Aufkommen von Bäumen und Sträuchern, was nicht blos an der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/460>, abgerufen am 22.07.2024.