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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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schaft hätte hierher ziehen wollen; aber dadurch hätte ich die Wahrheit nur
verschleiert. Weit mehr entspricht es der Wahrheit und Gerechtigkeit, wenn
ich es zum Schluß ausspreche, daß von einem tastenden Halb-Ergreifen natur¬
wissenschaftlicher Wahrheiten zu ihrer der Gründe bewußten Erkenntniß oft
jede Brücke fehlt. Jedenfalls findet die Physik wie die Chemie, welche den
Stolz des Jahrhunderts ausmachen, unter ihren Schätzen wenig oder fast
nichts, was sie sich uicht selbst erworben hätten. Aber auch so haben die Ge¬
danken, in welchen die Philosophie der auf dem Gebiete der Naturforschung
kaum aus dem Kindesalter herausgekommenen antiken Völker in ihrer Weise
naturwissenschaftliche Wahrheiten vorweggenommen, für die Geschichte der
Wissenschaft wie für die allgemeine Kultur- und Geistesgeschichte hohe Bedeutung.


A. Brieger.


Keuere theologische Literatur.
1. Martin Luther als deutscher Klassiker in einer Auswahl seiner kleineren
Schriften. Zweite vermehrte Auflage. Frankfurt n. M. Heyder und Zimmer 1378.
2. Wissenschaftliche Vorträge über Religiöse Fragen. Zweite Sammlung-
Frankfurt a. M. Moritz Diesterweg, 1878.
3. Wie entstand das Dogma von der Gottheit Christi? Vortrag gehalten
im Protestantenverein zu Chemnitz am 29. Oktober und im Protestantenverein zu Leipzig
am 30. Oktober 1377 von or. I. R. Hanne, I.le. tlieal. Pfarrer in Bad Elgersbnrg. Ohr-
druf und Leipzig. Angust Stcidermcmn >jr. 1373.
4. Ueber Feuerbestattung oder Leichenverbrennung. Ein Vortrag von or. Edmund
Spiest, Professor an der Universität Jena. Jena. Hermann Costenoble, 1373.

1. Im Jahre 1871 veröffentlichte H. Zimmer eine Auswahl kleinerer
Schriften Luther's unter dem Titel: Martin Luther als deutscher Klassiker.
Nach sieben Jahren erscheint diese Sammlung in zweiter Auflage. Ist dies
ein erfreulicher Beweis, daß unserm deutsche" Volke die Empfänglichkeit für
Wort und Geist des Mannes uicht entschwunden ist, dem es wie keinem andern
seine religiöse und sittliche Bildung zu danken hat, so ist es auch ein thatsäch¬
liches Zeugniß dafür, daß der Herausgeber es verstanden hat, mit Takt und
Geschmack zweckentsprechende Abschnitte aus deu Werken Luther's zusammen¬
zustellen. Das spezifisch theologische Element ist mit Recht unbeachtet geblieben,
die reformatorischen Beziehungen kommen nnr in den mitgetheilten Briefen zur
Darstellung. Dagegen sind Beleuchtungen des natürlich menschlichen Gebietes
in reichem Maße aufgenommen. Die Predigten sind nnr sparsam benutzt, und
immer ist nur ein kurzer Abschnitt aus der gewählten Predigt mitgetheilt; ein


schaft hätte hierher ziehen wollen; aber dadurch hätte ich die Wahrheit nur
verschleiert. Weit mehr entspricht es der Wahrheit und Gerechtigkeit, wenn
ich es zum Schluß ausspreche, daß von einem tastenden Halb-Ergreifen natur¬
wissenschaftlicher Wahrheiten zu ihrer der Gründe bewußten Erkenntniß oft
jede Brücke fehlt. Jedenfalls findet die Physik wie die Chemie, welche den
Stolz des Jahrhunderts ausmachen, unter ihren Schätzen wenig oder fast
nichts, was sie sich uicht selbst erworben hätten. Aber auch so haben die Ge¬
danken, in welchen die Philosophie der auf dem Gebiete der Naturforschung
kaum aus dem Kindesalter herausgekommenen antiken Völker in ihrer Weise
naturwissenschaftliche Wahrheiten vorweggenommen, für die Geschichte der
Wissenschaft wie für die allgemeine Kultur- und Geistesgeschichte hohe Bedeutung.


A. Brieger.


Keuere theologische Literatur.
1. Martin Luther als deutscher Klassiker in einer Auswahl seiner kleineren
Schriften. Zweite vermehrte Auflage. Frankfurt n. M. Heyder und Zimmer 1378.
2. Wissenschaftliche Vorträge über Religiöse Fragen. Zweite Sammlung-
Frankfurt a. M. Moritz Diesterweg, 1878.
3. Wie entstand das Dogma von der Gottheit Christi? Vortrag gehalten
im Protestantenverein zu Chemnitz am 29. Oktober und im Protestantenverein zu Leipzig
am 30. Oktober 1377 von or. I. R. Hanne, I.le. tlieal. Pfarrer in Bad Elgersbnrg. Ohr-
druf und Leipzig. Angust Stcidermcmn >jr. 1373.
4. Ueber Feuerbestattung oder Leichenverbrennung. Ein Vortrag von or. Edmund
Spiest, Professor an der Universität Jena. Jena. Hermann Costenoble, 1373.

1. Im Jahre 1871 veröffentlichte H. Zimmer eine Auswahl kleinerer
Schriften Luther's unter dem Titel: Martin Luther als deutscher Klassiker.
Nach sieben Jahren erscheint diese Sammlung in zweiter Auflage. Ist dies
ein erfreulicher Beweis, daß unserm deutsche» Volke die Empfänglichkeit für
Wort und Geist des Mannes uicht entschwunden ist, dem es wie keinem andern
seine religiöse und sittliche Bildung zu danken hat, so ist es auch ein thatsäch¬
liches Zeugniß dafür, daß der Herausgeber es verstanden hat, mit Takt und
Geschmack zweckentsprechende Abschnitte aus deu Werken Luther's zusammen¬
zustellen. Das spezifisch theologische Element ist mit Recht unbeachtet geblieben,
die reformatorischen Beziehungen kommen nnr in den mitgetheilten Briefen zur
Darstellung. Dagegen sind Beleuchtungen des natürlich menschlichen Gebietes
in reichem Maße aufgenommen. Die Predigten sind nnr sparsam benutzt, und
immer ist nur ein kurzer Abschnitt aus der gewählten Predigt mitgetheilt; ein


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/424>, abgerufen am 22.07.2024.