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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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und Ton bedürfen auch die übrigen. Von der Musik getrennt, erschienen auch
die "Irischen Melodieen" dem Dichter selbst mehr als "die Hälfte ihrer Seele"
-- äimickirmi aoiirias -- verloren zu haben; es war ihm sogar peinlich, seine
Liedertexte ohne die zugehörigen Weisen gedruckt zu sehen; es sei ihm, sagte
er, als sehe er die Skelette seiner Kinder, des warmen Fleisches beraubt, ohne
Athem und Leben vor sich. "Huo8 si vlmtu 8xo1iÄV6ris, nuclg. rermmiMt, ar^dio"
zitirte er aus dem Cieero, und als der Ruhm der "Irischen Melodieen"
über ganz Europa erscholl, wies er bescheiden das Verdienst dem Zauber der
heimatlichen Klänge zu.

Nach dem Gesagten ist es gewiß ein verdienstvolles Unternehmen, daß
Prof. Alfons Kißner in Erlangen im Laufe der letzten Jahre in einer
Reihe von Sammlungen -- sie sind sämmtlich im Verlage von Rieter-Bieder¬
mann in Leipzig erschienen -- nach und nach die schönsten Perlen des eng¬
lischen Volksgesanges in Wort und Weise dem deutschen Publikum zugänglich
gemacht hat. Erschienen sind davon bis jetzt -- und nun, lieber Leser, wenn
du nicht ein kompletter ^01-^05 bist (und das kannst du nicht sein, denn sonst
Hüttest du ja nicht bis hierher gelesen), so sei einmal nicht schwerfällig, sondern
nimm Brieftasche und Bleistift zur Hand und notire dir folgende Titel: 1. Schot¬
tische Lieder, 2. Burns-Album, 3. Lieder von der grünen
Insel, 4. Lieder ans Wales, 5. Balladen aus keltischen Bergen*)
-- und wenn du zu deinem Musikalienhändler kommst, so dir bestelle die erste
beste dieser Sammlungen; womit du den Anfang machst, ist gleichgiltig, doch
rathe ich dir zu Nummer vier oder drei. Und bist dn einer von den armen
Schluckern, die keine Noten kaufen, sondern bloß borgen können, dann gehe in
deine "Leihanstalt", die übrigens, das kann ich dir voraussagen, nicht ein ein¬
ziges von all' diesen Liedern besitzen wird, und fordere die Lieder so oft und
unter dem Ausdrucke deiner tiefsten Verachtung vor der Lückenhaftigkeit der
besagten Leihanstalt, bis die gewünschten Hefte dir vorlegt werden. Du wirst
mir dankbar dafür sein.

Die erste Sammlung, die Schottischen Lieder, umfaßt in drei Heften
36 der schönsten schottischen Volkslieder aus älterer und neuerer Zeit, die nicht
zu den von Burns bearbeiteten gehören. Im Burns-Album sind in vier
Heften hundert "Lieder und Balladen" von Burns vereinigt. Die Lieder
vou der grünen Insel bestehen aus drei Heften; das erste enthält 12
keltische Vvlksmelodieen mit dem alten, zum Theil noch Mischen Texte, die



*) Außer diesen fünf Sammlungen für eine Singstimme mit Klavier sind in derselben
Verlagshandlung noch erschienen: 6. Bier altschottische Volksmelodien für Sopran und Baß
"Ut Begleitung des Pianoforte, 7. Schottische Volkslieder für gemischten Chor (2 Hefte),
8- Schottische Volkslieder für vier Männerstimmen.

und Ton bedürfen auch die übrigen. Von der Musik getrennt, erschienen auch
die „Irischen Melodieen" dem Dichter selbst mehr als „die Hälfte ihrer Seele"
— äimickirmi aoiirias — verloren zu haben; es war ihm sogar peinlich, seine
Liedertexte ohne die zugehörigen Weisen gedruckt zu sehen; es sei ihm, sagte
er, als sehe er die Skelette seiner Kinder, des warmen Fleisches beraubt, ohne
Athem und Leben vor sich. „Huo8 si vlmtu 8xo1iÄV6ris, nuclg. rermmiMt, ar^dio"
zitirte er aus dem Cieero, und als der Ruhm der „Irischen Melodieen"
über ganz Europa erscholl, wies er bescheiden das Verdienst dem Zauber der
heimatlichen Klänge zu.

Nach dem Gesagten ist es gewiß ein verdienstvolles Unternehmen, daß
Prof. Alfons Kißner in Erlangen im Laufe der letzten Jahre in einer
Reihe von Sammlungen — sie sind sämmtlich im Verlage von Rieter-Bieder¬
mann in Leipzig erschienen — nach und nach die schönsten Perlen des eng¬
lischen Volksgesanges in Wort und Weise dem deutschen Publikum zugänglich
gemacht hat. Erschienen sind davon bis jetzt — und nun, lieber Leser, wenn
du nicht ein kompletter ^01-^05 bist (und das kannst du nicht sein, denn sonst
Hüttest du ja nicht bis hierher gelesen), so sei einmal nicht schwerfällig, sondern
nimm Brieftasche und Bleistift zur Hand und notire dir folgende Titel: 1. Schot¬
tische Lieder, 2. Burns-Album, 3. Lieder von der grünen
Insel, 4. Lieder ans Wales, 5. Balladen aus keltischen Bergen*)
— und wenn du zu deinem Musikalienhändler kommst, so dir bestelle die erste
beste dieser Sammlungen; womit du den Anfang machst, ist gleichgiltig, doch
rathe ich dir zu Nummer vier oder drei. Und bist dn einer von den armen
Schluckern, die keine Noten kaufen, sondern bloß borgen können, dann gehe in
deine „Leihanstalt", die übrigens, das kann ich dir voraussagen, nicht ein ein¬
ziges von all' diesen Liedern besitzen wird, und fordere die Lieder so oft und
unter dem Ausdrucke deiner tiefsten Verachtung vor der Lückenhaftigkeit der
besagten Leihanstalt, bis die gewünschten Hefte dir vorlegt werden. Du wirst
mir dankbar dafür sein.

Die erste Sammlung, die Schottischen Lieder, umfaßt in drei Heften
36 der schönsten schottischen Volkslieder aus älterer und neuerer Zeit, die nicht
zu den von Burns bearbeiteten gehören. Im Burns-Album sind in vier
Heften hundert „Lieder und Balladen" von Burns vereinigt. Die Lieder
vou der grünen Insel bestehen aus drei Heften; das erste enthält 12
keltische Vvlksmelodieen mit dem alten, zum Theil noch Mischen Texte, die



*) Außer diesen fünf Sammlungen für eine Singstimme mit Klavier sind in derselben
Verlagshandlung noch erschienen: 6. Bier altschottische Volksmelodien für Sopran und Baß
"Ut Begleitung des Pianoforte, 7. Schottische Volkslieder für gemischten Chor (2 Hefte),
8- Schottische Volkslieder für vier Männerstimmen.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/389>, abgerufen am 22.07.2024.