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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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Ile Entwickelung des altrömischen Kriegswesens.
Von Max Jähns.
IV.
Die Ausrüstung drr römischen Truppen.

Wie die Taktik und die Wehrordnung Italien's, so ging auch seine Be¬
waffnung aus den pyrrhischen Kriegen als ein im Wesentlichen vollendetes
Ganzes hervor, das an dieser Stelle, ruck- und vorschauend, im Zusammenhange
betrachtet werden soll.

Das Bild, welches man vom römischen Waffenwesen entwerfen kann, ist
allerdings lückenhaft und unsicher; denn trotz zahlreicher literarischer Erwäh¬
nungen, trotz mancher künstlerischen Darstellung, ja trotz wirklich aufgefundener
Rüststücke bleiben nicht wenige Fragen ungelöst. Zumal die Spärlichkeit der
Waffenfunde wirkt in dieser Hinsicht hemmend; denn die Zahl der überbliebenen
Waffen steht in erstannenerregend geringem Verhältniß zu der Größe des über
drei Welttheile ausgedehnten Römerreiches, und doch sind solche Funde uner¬
meßlich wichtig zur Nachprüfung der monumentalen Darstellungen, auf die
man seit Justus Lipsius (1596) die Rekonstruktion der römischen Bewaffnung
fast ausschließlich zu begründen pflegte. Die Waffenreste, welche sich in italischen
Boden fanden, noch mehr aber die neuen und reicheren Funde, welche in den
Trümmern deutscher Römerkastelle gemacht wurden, ergeben nämlich sehr be¬
deutende Abweichungen von den Abbildungen auf den Säulen und Triumph¬
bögen der herrschenden Stadt, Abweichungen, die um so auffallender erscheinen,
als sowohl die Fundstücke wie die Monumente der späteren, der kaiserlichen
Zeit angehören. Offenbar liegt der Grund solcher Verschiedenheit in künstlerischen
Rücksichten, welche die Schöpfer der römischen Denkmäler nahmen. Wenn sie
die Helme mit Seitenklappen und Nackenschirmen darstellen wollten, so hätten


Grmzbow, III. 1873. 26
Ile Entwickelung des altrömischen Kriegswesens.
Von Max Jähns.
IV.
Die Ausrüstung drr römischen Truppen.

Wie die Taktik und die Wehrordnung Italien's, so ging auch seine Be¬
waffnung aus den pyrrhischen Kriegen als ein im Wesentlichen vollendetes
Ganzes hervor, das an dieser Stelle, ruck- und vorschauend, im Zusammenhange
betrachtet werden soll.

Das Bild, welches man vom römischen Waffenwesen entwerfen kann, ist
allerdings lückenhaft und unsicher; denn trotz zahlreicher literarischer Erwäh¬
nungen, trotz mancher künstlerischen Darstellung, ja trotz wirklich aufgefundener
Rüststücke bleiben nicht wenige Fragen ungelöst. Zumal die Spärlichkeit der
Waffenfunde wirkt in dieser Hinsicht hemmend; denn die Zahl der überbliebenen
Waffen steht in erstannenerregend geringem Verhältniß zu der Größe des über
drei Welttheile ausgedehnten Römerreiches, und doch sind solche Funde uner¬
meßlich wichtig zur Nachprüfung der monumentalen Darstellungen, auf die
man seit Justus Lipsius (1596) die Rekonstruktion der römischen Bewaffnung
fast ausschließlich zu begründen pflegte. Die Waffenreste, welche sich in italischen
Boden fanden, noch mehr aber die neuen und reicheren Funde, welche in den
Trümmern deutscher Römerkastelle gemacht wurden, ergeben nämlich sehr be¬
deutende Abweichungen von den Abbildungen auf den Säulen und Triumph¬
bögen der herrschenden Stadt, Abweichungen, die um so auffallender erscheinen,
als sowohl die Fundstücke wie die Monumente der späteren, der kaiserlichen
Zeit angehören. Offenbar liegt der Grund solcher Verschiedenheit in künstlerischen
Rücksichten, welche die Schöpfer der römischen Denkmäler nahmen. Wenn sie
die Helme mit Seitenklappen und Nackenschirmen darstellen wollten, so hätten


Grmzbow, III. 1873. 26
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[0209] Ile Entwickelung des altrömischen Kriegswesens. Von Max Jähns. IV. Die Ausrüstung drr römischen Truppen. Wie die Taktik und die Wehrordnung Italien's, so ging auch seine Be¬ waffnung aus den pyrrhischen Kriegen als ein im Wesentlichen vollendetes Ganzes hervor, das an dieser Stelle, ruck- und vorschauend, im Zusammenhange betrachtet werden soll. Das Bild, welches man vom römischen Waffenwesen entwerfen kann, ist allerdings lückenhaft und unsicher; denn trotz zahlreicher literarischer Erwäh¬ nungen, trotz mancher künstlerischen Darstellung, ja trotz wirklich aufgefundener Rüststücke bleiben nicht wenige Fragen ungelöst. Zumal die Spärlichkeit der Waffenfunde wirkt in dieser Hinsicht hemmend; denn die Zahl der überbliebenen Waffen steht in erstannenerregend geringem Verhältniß zu der Größe des über drei Welttheile ausgedehnten Römerreiches, und doch sind solche Funde uner¬ meßlich wichtig zur Nachprüfung der monumentalen Darstellungen, auf die man seit Justus Lipsius (1596) die Rekonstruktion der römischen Bewaffnung fast ausschließlich zu begründen pflegte. Die Waffenreste, welche sich in italischen Boden fanden, noch mehr aber die neuen und reicheren Funde, welche in den Trümmern deutscher Römerkastelle gemacht wurden, ergeben nämlich sehr be¬ deutende Abweichungen von den Abbildungen auf den Säulen und Triumph¬ bögen der herrschenden Stadt, Abweichungen, die um so auffallender erscheinen, als sowohl die Fundstücke wie die Monumente der späteren, der kaiserlichen Zeit angehören. Offenbar liegt der Grund solcher Verschiedenheit in künstlerischen Rücksichten, welche die Schöpfer der römischen Denkmäler nahmen. Wenn sie die Helme mit Seitenklappen und Nackenschirmen darstellen wollten, so hätten Grmzbow, III. 1873. 26

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/209>, abgerufen am 03.07.2024.