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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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wache übernommen hatten.*) -- Das endliche Herabgehen der Legion von
5000 auf 4200 Mann im Jahr 303 hängt dann wahrscheinlich mit der in
jenem Jahre erfolgten Verweisung der Libertinen aller Tribus auf die 4 städti¬
schen Tribus zusammen, eine eensorische Maßregel, welche das Erlöschen der
regelmäßigen Aushebung in den Stadtbezirken zur Folge gehabt zu haben
scheint.^) -- Vermuthlich kamen aber zu diesen bürgerlichen Bedingungen auch
noch taktische Rücksichten. Zu Ende des 4. Jahrhunderts bestanden 32 Tribus,
welche bei unveränderter Heranziehung Legionen von 6400 Mann ergeben
hätten -- eine den Römern offenbar nicht mehr härtlich erscheinende Heeres¬
einheit. -- Jedenfalls zählt seit dem Jahre 303 die Legion organisationsmäßig
wieder 4200 Mann.

Der Regel nach wurden in jedem Jahre 4 neue Legionen ausgehoben,
nach Bedarf jedoch auch mehr. Wie früher blieben die Proletarier, d. h. die
unter 11,000 W Censirten vom Dienste frei, und die Formen der Aushebung
(clilsews) glichen ebenfalls im Wesentlichen denen der Königszeit. Nachdem
sich die Pflichtigen an dein vom Konsul bestimmten Tage auf dem Kapitole
eingestellt, wurden zuerst die 24 Tribunen auf die 4 Legionen vertheilt, da sie
bei dem Ersatzgeschäfte mitzuwirken hatten. Diesem präsidirten die Konsuln
auf den elfenbeinernen cnrulischen Sesseln -- so sehr war die Aushebung
Haupt- und Stands-Aktion. Man begann mit dem äilscws der Fußtruppen.
Zunächst ward von sämmtlichen erschienenen Tribus eine ausgelost und ver¬
lesen, und nun ließ mau immer je 4 an Alter und Tüchtigkeit möglichst gleich-
werthige Leute vortreten, vertheilte sie auf die vier Legionen und fuhr dann
mit den andern Tribus in derselben Weise fort, sodaß jede Legion aus alleu
Tribus Rekruten erhielt und zwar gleich gute. Bei der ersten Tribus hatte
ein Tribun der ersten Legion die Vorwahl, bei der zweiten ein Tribun der
zweiten Legion n. s. f. Da der römische Aberglaube in allem Zufälligen etwas
Bedeutungsvolles suchte, so sah man darauf, daß zuerst Namen guten Klanges
aufgerufen wurden, wie Salvius, Valerius, Statorius. Erschwert wurde die
peinlich sorgfältige Art der Rekrutirung uoch dadurch, daß man die Soldaten
sogleich nach ihrem Dienstalter in die verschiedenen Treffen und Centurien ein¬
ordnete. -- Nicht selten meldeten sich Freiwillige zum Eintritt. -- Zweimal
(275 und 152 v. Chr.) wird erwähnt, daß man die Rekruten nicht auswählte
sondern auflöste. Ein solches Verfahren gestattete man sich jedoch nur bei
Aushebung eines subitariuZ sxsreiws in Fällen der Noth (in wirrten). Er¬
schienen aufgerufene Pflichtige nicht, so drohten ihnen noch jetzt dieselben




*) 1tlo. XXVII., 38.
^) Stmiwendcr a. a. O.

wache übernommen hatten.*) — Das endliche Herabgehen der Legion von
5000 auf 4200 Mann im Jahr 303 hängt dann wahrscheinlich mit der in
jenem Jahre erfolgten Verweisung der Libertinen aller Tribus auf die 4 städti¬
schen Tribus zusammen, eine eensorische Maßregel, welche das Erlöschen der
regelmäßigen Aushebung in den Stadtbezirken zur Folge gehabt zu haben
scheint.^) — Vermuthlich kamen aber zu diesen bürgerlichen Bedingungen auch
noch taktische Rücksichten. Zu Ende des 4. Jahrhunderts bestanden 32 Tribus,
welche bei unveränderter Heranziehung Legionen von 6400 Mann ergeben
hätten — eine den Römern offenbar nicht mehr härtlich erscheinende Heeres¬
einheit. — Jedenfalls zählt seit dem Jahre 303 die Legion organisationsmäßig
wieder 4200 Mann.

Der Regel nach wurden in jedem Jahre 4 neue Legionen ausgehoben,
nach Bedarf jedoch auch mehr. Wie früher blieben die Proletarier, d. h. die
unter 11,000 W Censirten vom Dienste frei, und die Formen der Aushebung
(clilsews) glichen ebenfalls im Wesentlichen denen der Königszeit. Nachdem
sich die Pflichtigen an dein vom Konsul bestimmten Tage auf dem Kapitole
eingestellt, wurden zuerst die 24 Tribunen auf die 4 Legionen vertheilt, da sie
bei dem Ersatzgeschäfte mitzuwirken hatten. Diesem präsidirten die Konsuln
auf den elfenbeinernen cnrulischen Sesseln — so sehr war die Aushebung
Haupt- und Stands-Aktion. Man begann mit dem äilscws der Fußtruppen.
Zunächst ward von sämmtlichen erschienenen Tribus eine ausgelost und ver¬
lesen, und nun ließ mau immer je 4 an Alter und Tüchtigkeit möglichst gleich-
werthige Leute vortreten, vertheilte sie auf die vier Legionen und fuhr dann
mit den andern Tribus in derselben Weise fort, sodaß jede Legion aus alleu
Tribus Rekruten erhielt und zwar gleich gute. Bei der ersten Tribus hatte
ein Tribun der ersten Legion die Vorwahl, bei der zweiten ein Tribun der
zweiten Legion n. s. f. Da der römische Aberglaube in allem Zufälligen etwas
Bedeutungsvolles suchte, so sah man darauf, daß zuerst Namen guten Klanges
aufgerufen wurden, wie Salvius, Valerius, Statorius. Erschwert wurde die
peinlich sorgfältige Art der Rekrutirung uoch dadurch, daß man die Soldaten
sogleich nach ihrem Dienstalter in die verschiedenen Treffen und Centurien ein¬
ordnete. — Nicht selten meldeten sich Freiwillige zum Eintritt. — Zweimal
(275 und 152 v. Chr.) wird erwähnt, daß man die Rekruten nicht auswählte
sondern auflöste. Ein solches Verfahren gestattete man sich jedoch nur bei
Aushebung eines subitariuZ sxsreiws in Fällen der Noth (in wirrten). Er¬
schienen aufgerufene Pflichtige nicht, so drohten ihnen noch jetzt dieselben




*) 1tlo. XXVII., 38.
^) Stmiwendcr a. a. O.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/140>, abgerufen am 22.07.2024.