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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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merkenswert!). Sie leiten das Gefecht ein, bekämpfen die Wurfspieß- und
Schlendrerschützen der feindlichen Vorhut und ziehen sich beim Herannahen der
gegnerischen Massen durch die Intervallen des 1. Treffens zurück, um sich
hinter ihrem Manipel aufzustellen. Damit waren die Manipel des 1. Treffens
selbständig für die verschiedenen Gefechtszwecke organisirt, was beim Gebirgs-
kriege unzweifelhaft von großem Werthe war.

Die mit dem xiluiu, bewaffneten Triarier scheinen anfangs übrigens nicht
regelmäßig mit in der Schlachtordnung gestanden zu haben, sondern häufiger noch,
so wie schon früher, zur Besetzung und Vertheidigung des Lagers verwendet
worden zu sein.*)

Die Samniterkriege waren eine schwere Aufgabe für Rom und es fehlte
ihnen nicht an unglücklichen Begebenheiten, deren berühmteste die Gefangen¬
nahme eines römischen Heeres bei den kaudinischen Pässen ist; aber der endliche
Erfolg war doch ein vollkommener Triumph der Römer. Sie behaupteten nicht
nur Campanien sondern auch Apulien. -- Und jetzt beginnt jenes meisterhafte
System, die eroberten Landstriche durch Militärstraß en zu sichern
und an diesen entlang Kolonien als Festungen einzurichten, theils rein
römische Bürgerkolonien, theils solche mit latinischer Beimischung. Die erste
dieser Straßen war die vom Censor Appius Claudius von Rom uach Capucr
angelegte vis. ^.Min.. (312) Darauf folgte die flaminische Straße, tiberanf-
würts der Adria zu, und die öl^ Valsria nordöstlich ins Marsenland.
Während der Anlage dieser Straßen und Kolonien erhob sich noch einmal die
ganze mittelitalieuische Coalition gegen Rom und zog sogar die Gallier von
der Po-Ebene als Bundesgenossen heran. Aber die Schlacht bei Sentinum
in Umbrien brach die Macht der Wirten, und im Jahre 290 war Rom die
unbestrittene Herrin voll ganz Centralitalien.

Mit der Festsetzung in Apulien, wo Venusia allein 20,000 Kolonisten er¬
hielt, war Rom im Jahre 282 bis dicht vor das dorische Tarent gerückt.
Sofort brachte der Stolz der Tarentiner den Allsbruch des Kampfes zu Wege,
zu dessen Führung die Griechen jedoch, unfähig, sich mit eigenen Kräften zu
halten, den König Pyrrhos von Epeiros herüberriefen.

Damit trat eine Prüfung an Rom heran, wie es eine solche noch nicht
zu bestehen gehabt; denn Pyrrhos und sein Heer waren das Ergebniß einer
Jahrhunderte alten hochentwickelten kriegskünstlerischen Kultur, die sich unter
Alexander in glorreichen Siegen den ganzen Osten unterworfen hatte. Es
mußte fraglich erscheine", ob Rom die Kraft und das Geschick besäße, einem
solchen Gegner zu widerstehen.



Niebuyr: Römische Geschichte II. S. 6L1.

merkenswert!). Sie leiten das Gefecht ein, bekämpfen die Wurfspieß- und
Schlendrerschützen der feindlichen Vorhut und ziehen sich beim Herannahen der
gegnerischen Massen durch die Intervallen des 1. Treffens zurück, um sich
hinter ihrem Manipel aufzustellen. Damit waren die Manipel des 1. Treffens
selbständig für die verschiedenen Gefechtszwecke organisirt, was beim Gebirgs-
kriege unzweifelhaft von großem Werthe war.

Die mit dem xiluiu, bewaffneten Triarier scheinen anfangs übrigens nicht
regelmäßig mit in der Schlachtordnung gestanden zu haben, sondern häufiger noch,
so wie schon früher, zur Besetzung und Vertheidigung des Lagers verwendet
worden zu sein.*)

Die Samniterkriege waren eine schwere Aufgabe für Rom und es fehlte
ihnen nicht an unglücklichen Begebenheiten, deren berühmteste die Gefangen¬
nahme eines römischen Heeres bei den kaudinischen Pässen ist; aber der endliche
Erfolg war doch ein vollkommener Triumph der Römer. Sie behaupteten nicht
nur Campanien sondern auch Apulien. — Und jetzt beginnt jenes meisterhafte
System, die eroberten Landstriche durch Militärstraß en zu sichern
und an diesen entlang Kolonien als Festungen einzurichten, theils rein
römische Bürgerkolonien, theils solche mit latinischer Beimischung. Die erste
dieser Straßen war die vom Censor Appius Claudius von Rom uach Capucr
angelegte vis. ^.Min.. (312) Darauf folgte die flaminische Straße, tiberanf-
würts der Adria zu, und die öl^ Valsria nordöstlich ins Marsenland.
Während der Anlage dieser Straßen und Kolonien erhob sich noch einmal die
ganze mittelitalieuische Coalition gegen Rom und zog sogar die Gallier von
der Po-Ebene als Bundesgenossen heran. Aber die Schlacht bei Sentinum
in Umbrien brach die Macht der Wirten, und im Jahre 290 war Rom die
unbestrittene Herrin voll ganz Centralitalien.

Mit der Festsetzung in Apulien, wo Venusia allein 20,000 Kolonisten er¬
hielt, war Rom im Jahre 282 bis dicht vor das dorische Tarent gerückt.
Sofort brachte der Stolz der Tarentiner den Allsbruch des Kampfes zu Wege,
zu dessen Führung die Griechen jedoch, unfähig, sich mit eigenen Kräften zu
halten, den König Pyrrhos von Epeiros herüberriefen.

Damit trat eine Prüfung an Rom heran, wie es eine solche noch nicht
zu bestehen gehabt; denn Pyrrhos und sein Heer waren das Ergebniß einer
Jahrhunderte alten hochentwickelten kriegskünstlerischen Kultur, die sich unter
Alexander in glorreichen Siegen den ganzen Osten unterworfen hatte. Es
mußte fraglich erscheine«, ob Rom die Kraft und das Geschick besäße, einem
solchen Gegner zu widerstehen.



Niebuyr: Römische Geschichte II. S. 6L1.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/138>, abgerufen am 22.07.2024.