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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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Manipel, zu selbständigen taktischen Einheiten erhoben, stehen
mit regelmäßigen Intervallen, welche ihrer Frontlänge gleich gewesen zu sein
scheinen, nebeneinander und zugleich in mehren Tressen mit Abständen hinter¬
einander, und zwar schachbrettartig, sodaß die Manipel der Hinteren Treffen die
Intervallen der vorderen decken.

Den nächsten Anlaß zu dieser Formation gab vielleicht das Vorbild der
Latiner, von denen gewiß ist, daß sie der römischen Phalanx in der Schlacht
am See Regillus in 3 Treffen entgegentraten,^) und deren Einrichtungen bei
der nahen und dauernden Verbindung mit den Römern diesen stets vor Augen
waren. Unterstützt aber wurde die Veränderung der Taktik wohl auch durch
die Neubewaffnung der Triarier mit dem xilrivr, welche dieselben als ein be¬
sonderes Korps erscheinen ließ. Die Triarier bildeten nämlich nun als "xilani"
die Reserve, das 3. Treffen der Legion. Vor ihnen standen die "-mtizxil-mi",
welche wie bisher mit Spieß und Schild bewaffnet waren, in zwei Treffen.
Das erste derselben bestand aus der Blüthe der eben erst für den Kriegsdienst
herangewachsenen jungen Mannschaft und zählte zu einem Drittel Leichtbewaff¬
nete; das zweite Treffen nahm die älteren und besonders gut gerüsteten Leute
auf, welche zum Unterschiede von den dtiKtati des ersten Treffens als xrinoixW
bezeichnet wurden. -- Endlich gehörten zur Legion noch wie vor Alters die
unregelmäßigen Sprenkler, die rorarii und endlich die Ersatzmannschaften,
die a,oosnLi.**)

Es war dies eine Uebergangsorganisatiou, welche man nach ihrem, freilich
höchst undeutlichen Beschreibe die Manipnlarlegion des Livius genannt
hat. Schon hier tritt ein Verstellen der Truppenbezeichnungen ein, welches
sich in der Folge noch steigert und viel Verwirrung angerichtet hat. Die xriir-
oixvs stehn in der Legion nicht mehr voran; der Name der IrgKtM wird ans
das 1. Treffen eingeschränkt. Die alten, bei der Censnsgliederung zutreffenden
Benennungen der verschiedenen Phalangenglieder wurden ebeu beibehalten,
entsprachen aber der neuen Lage der Dinge nicht mehr. Dergleichen ist zu
allen Zeiten vorgekommen. Nur beispielsweise erinnere ich an die Übertragung
des Namens der "Grenadiere" ans Truppentheile, die mit dein Granatenwerfen
auch uicht das Geringste zu thun haben. Man kann sich daher auch gar nicht
wundern, wenn die Namen der liustuU, xrineixss und t,rig,rii schon dein Varro
(80 v. Chr.) ein Räthsel waren. ^) -- Hinsichtlich'des ersten Treffens der römischen
Legion ist die Anordnung von 20 Leichtbewaffneten bei jedem Manipel ve-





') I.lo. II. 19, 20.
") Diese Auffassung folgt im wesentlichen der klaren und überzeugender Darlegung in
Köchly's und Rttstmv's Einleitung zu den griechischen Taktikern.
Varro: Os linxiik Ig.tiiik !Z, 89.
Grenzboten III. 187L. 17

Manipel, zu selbständigen taktischen Einheiten erhoben, stehen
mit regelmäßigen Intervallen, welche ihrer Frontlänge gleich gewesen zu sein
scheinen, nebeneinander und zugleich in mehren Tressen mit Abständen hinter¬
einander, und zwar schachbrettartig, sodaß die Manipel der Hinteren Treffen die
Intervallen der vorderen decken.

Den nächsten Anlaß zu dieser Formation gab vielleicht das Vorbild der
Latiner, von denen gewiß ist, daß sie der römischen Phalanx in der Schlacht
am See Regillus in 3 Treffen entgegentraten,^) und deren Einrichtungen bei
der nahen und dauernden Verbindung mit den Römern diesen stets vor Augen
waren. Unterstützt aber wurde die Veränderung der Taktik wohl auch durch
die Neubewaffnung der Triarier mit dem xilrivr, welche dieselben als ein be¬
sonderes Korps erscheinen ließ. Die Triarier bildeten nämlich nun als „xilani"
die Reserve, das 3. Treffen der Legion. Vor ihnen standen die „-mtizxil-mi",
welche wie bisher mit Spieß und Schild bewaffnet waren, in zwei Treffen.
Das erste derselben bestand aus der Blüthe der eben erst für den Kriegsdienst
herangewachsenen jungen Mannschaft und zählte zu einem Drittel Leichtbewaff¬
nete; das zweite Treffen nahm die älteren und besonders gut gerüsteten Leute
auf, welche zum Unterschiede von den dtiKtati des ersten Treffens als xrinoixW
bezeichnet wurden. — Endlich gehörten zur Legion noch wie vor Alters die
unregelmäßigen Sprenkler, die rorarii und endlich die Ersatzmannschaften,
die a,oosnLi.**)

Es war dies eine Uebergangsorganisatiou, welche man nach ihrem, freilich
höchst undeutlichen Beschreibe die Manipnlarlegion des Livius genannt
hat. Schon hier tritt ein Verstellen der Truppenbezeichnungen ein, welches
sich in der Folge noch steigert und viel Verwirrung angerichtet hat. Die xriir-
oixvs stehn in der Legion nicht mehr voran; der Name der IrgKtM wird ans
das 1. Treffen eingeschränkt. Die alten, bei der Censnsgliederung zutreffenden
Benennungen der verschiedenen Phalangenglieder wurden ebeu beibehalten,
entsprachen aber der neuen Lage der Dinge nicht mehr. Dergleichen ist zu
allen Zeiten vorgekommen. Nur beispielsweise erinnere ich an die Übertragung
des Namens der „Grenadiere" ans Truppentheile, die mit dein Granatenwerfen
auch uicht das Geringste zu thun haben. Man kann sich daher auch gar nicht
wundern, wenn die Namen der liustuU, xrineixss und t,rig,rii schon dein Varro
(80 v. Chr.) ein Räthsel waren. ^) — Hinsichtlich'des ersten Treffens der römischen
Legion ist die Anordnung von 20 Leichtbewaffneten bei jedem Manipel ve-





') I.lo. II. 19, 20.
") Diese Auffassung folgt im wesentlichen der klaren und überzeugender Darlegung in
Köchly's und Rttstmv's Einleitung zu den griechischen Taktikern.
Varro: Os linxiik Ig.tiiik !Z, 89.
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[0137] Manipel, zu selbständigen taktischen Einheiten erhoben, stehen mit regelmäßigen Intervallen, welche ihrer Frontlänge gleich gewesen zu sein scheinen, nebeneinander und zugleich in mehren Tressen mit Abständen hinter¬ einander, und zwar schachbrettartig, sodaß die Manipel der Hinteren Treffen die Intervallen der vorderen decken. Den nächsten Anlaß zu dieser Formation gab vielleicht das Vorbild der Latiner, von denen gewiß ist, daß sie der römischen Phalanx in der Schlacht am See Regillus in 3 Treffen entgegentraten,^) und deren Einrichtungen bei der nahen und dauernden Verbindung mit den Römern diesen stets vor Augen waren. Unterstützt aber wurde die Veränderung der Taktik wohl auch durch die Neubewaffnung der Triarier mit dem xilrivr, welche dieselben als ein be¬ sonderes Korps erscheinen ließ. Die Triarier bildeten nämlich nun als „xilani" die Reserve, das 3. Treffen der Legion. Vor ihnen standen die „-mtizxil-mi", welche wie bisher mit Spieß und Schild bewaffnet waren, in zwei Treffen. Das erste derselben bestand aus der Blüthe der eben erst für den Kriegsdienst herangewachsenen jungen Mannschaft und zählte zu einem Drittel Leichtbewaff¬ nete; das zweite Treffen nahm die älteren und besonders gut gerüsteten Leute auf, welche zum Unterschiede von den dtiKtati des ersten Treffens als xrinoixW bezeichnet wurden. — Endlich gehörten zur Legion noch wie vor Alters die unregelmäßigen Sprenkler, die rorarii und endlich die Ersatzmannschaften, die a,oosnLi.**) Es war dies eine Uebergangsorganisatiou, welche man nach ihrem, freilich höchst undeutlichen Beschreibe die Manipnlarlegion des Livius genannt hat. Schon hier tritt ein Verstellen der Truppenbezeichnungen ein, welches sich in der Folge noch steigert und viel Verwirrung angerichtet hat. Die xriir- oixvs stehn in der Legion nicht mehr voran; der Name der IrgKtM wird ans das 1. Treffen eingeschränkt. Die alten, bei der Censnsgliederung zutreffenden Benennungen der verschiedenen Phalangenglieder wurden ebeu beibehalten, entsprachen aber der neuen Lage der Dinge nicht mehr. Dergleichen ist zu allen Zeiten vorgekommen. Nur beispielsweise erinnere ich an die Übertragung des Namens der „Grenadiere" ans Truppentheile, die mit dein Granatenwerfen auch uicht das Geringste zu thun haben. Man kann sich daher auch gar nicht wundern, wenn die Namen der liustuU, xrineixss und t,rig,rii schon dein Varro (80 v. Chr.) ein Räthsel waren. ^) — Hinsichtlich'des ersten Treffens der römischen Legion ist die Anordnung von 20 Leichtbewaffneten bei jedem Manipel ve- ') I.lo. II. 19, 20. ") Diese Auffassung folgt im wesentlichen der klaren und überzeugender Darlegung in Köchly's und Rttstmv's Einleitung zu den griechischen Taktikern. Varro: Os linxiik Ig.tiiik !Z, 89. Grenzboten III. 187L. 17

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/137>, abgerufen am 22.07.2024.