Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.Bisfve bei weitem nicht gehalten hat, was er damals versprochen. Auch heute Für die Bewunderung, welche die belgischen Bilder bei den Künstlern und Bisfve bei weitem nicht gehalten hat, was er damals versprochen. Auch heute Für die Bewunderung, welche die belgischen Bilder bei den Künstlern und <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0095" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/139916"/> <p xml:id="ID_325" prev="#ID_324"> Bisfve bei weitem nicht gehalten hat, was er damals versprochen. Auch heute<lb/> erscheint er noch ab und zu auf den Berliner Ausstellungen; aber seine ge¬<lb/> spreizte, sentimentale Darstellungsmanier, sein süßliches Kolorit läßt kaum noch<lb/> den Schatten des Meisters erkennen, der einst eine förmliche Umwälzung in<lb/> der Berliner Malerei herbeigeführt. Wie hoch de Biöfve damals in Berlin<lb/> geschätzt wurde, beweist auch die kleinere Wiederholung seines großen Bildes,<lb/> Welche der Konsul Wagener, der Begründer der kostbaren Gemäldesammlung,<lb/> welche den Grundstock der königlichen Nationalgalerie bildet, bei dem Künstler<lb/> bestellte.</p><lb/> <p xml:id="ID_326"> Für die Bewunderung, welche die belgischen Bilder bei den Künstlern und<lb/> bei dem Publikum fanden, war der Boden schon seit einem Jahrzehnt durch<lb/> die Düsseldorfer Schule, die einerseits die Historienmalerei im großen Stile,<lb/> andererseits die Oelmalerei in einem spezifisch koloristischen Sinne pflegte, be¬<lb/> reitet worden. Schon im Jahre 1830 begründete die neu aufblühende<lb/> Malerschule am Rhein zuerst ihren Ruf auf der Ausstellung, welche die könig¬<lb/> liche Akademie der Künste in Berlin alle zwei Jahre zu veranstalten pflegte.<lb/> Lessings „trauerndes Königspaar" und sein „Kirchhof im Schnee" (jetzt in<lb/> Köln), der sitzende Ränber von Th, Hildebrand, der Raub des Hylas<lb/> von Carl Sohn und humoristische Genrebilder von Adolf Schrödter<lb/> gaben damals sozusagen das künstlerische Programm, an welchem die Düssel¬<lb/> dorfer Schule bis in die Mitte der fünfziger Jahre festhielt. Zu den vier<lb/> genannten, welche die Berliner Kunstausstellung fast regelmäßig beschickten, ge¬<lb/> sellten sich noch Julius Hübner, Bendemann, Jordan, Stille,<lb/> Mücke, Hasenclever u. a. in. Die Ausstellung von Bildern wie Bende-<lb/> Manns „trauernde Juden" oder Hildebrands „Söhne Eduards" glich einem<lb/> epochemachenden Ereigniß und selbst harmlose Genrebilder wie Jordans<lb/> »Heiratsantrag auf Helgoland", Schrödters „Don Quixote" und Hasenclevers<lb/> »Weinprobe" errangen in Berlin und in ganz Deutschland eine Popularität,<lb/> deren sich im Zeitalter der Photographie und des Lichtdrucks kaum eines un¬<lb/> serer beliebtesten, modernen Genrebilder rühmen kann. Viele Bilder der Düs¬<lb/> seldorfer Schule blieben dauernd in Berlin und, indem sie theils in den Privat¬<lb/> besitz der königlichen Familie, theils in die Sammlungen reicher Kunstliebhaber<lb/> übergingen, den Berliner Künstlern beständig vor Augen. Die schon genannte<lb/> Gemäldesammlung des Konsuls Wagener ist der deutlichste Gradmesser für die<lb/> Beliebtheit, welche die Düsseldorfer Schule in Berlin genoß. Seitdem sie in<lb/> das Gebäude der Nationalgalerie überführt worden ist, hat sie noch manchen<lb/> Zuwachs aus dem Privatbesitz Kaiser Wilhelms erhalten, der als Prinz durch<lb/> vielfache Ankäufe auf den Berliner Ausstellungen sein lebhaftes Interesse für<lb/> die Düsseldorfer Schule bekundete.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0095]
Bisfve bei weitem nicht gehalten hat, was er damals versprochen. Auch heute
erscheint er noch ab und zu auf den Berliner Ausstellungen; aber seine ge¬
spreizte, sentimentale Darstellungsmanier, sein süßliches Kolorit läßt kaum noch
den Schatten des Meisters erkennen, der einst eine förmliche Umwälzung in
der Berliner Malerei herbeigeführt. Wie hoch de Biöfve damals in Berlin
geschätzt wurde, beweist auch die kleinere Wiederholung seines großen Bildes,
Welche der Konsul Wagener, der Begründer der kostbaren Gemäldesammlung,
welche den Grundstock der königlichen Nationalgalerie bildet, bei dem Künstler
bestellte.
Für die Bewunderung, welche die belgischen Bilder bei den Künstlern und
bei dem Publikum fanden, war der Boden schon seit einem Jahrzehnt durch
die Düsseldorfer Schule, die einerseits die Historienmalerei im großen Stile,
andererseits die Oelmalerei in einem spezifisch koloristischen Sinne pflegte, be¬
reitet worden. Schon im Jahre 1830 begründete die neu aufblühende
Malerschule am Rhein zuerst ihren Ruf auf der Ausstellung, welche die könig¬
liche Akademie der Künste in Berlin alle zwei Jahre zu veranstalten pflegte.
Lessings „trauerndes Königspaar" und sein „Kirchhof im Schnee" (jetzt in
Köln), der sitzende Ränber von Th, Hildebrand, der Raub des Hylas
von Carl Sohn und humoristische Genrebilder von Adolf Schrödter
gaben damals sozusagen das künstlerische Programm, an welchem die Düssel¬
dorfer Schule bis in die Mitte der fünfziger Jahre festhielt. Zu den vier
genannten, welche die Berliner Kunstausstellung fast regelmäßig beschickten, ge¬
sellten sich noch Julius Hübner, Bendemann, Jordan, Stille,
Mücke, Hasenclever u. a. in. Die Ausstellung von Bildern wie Bende-
Manns „trauernde Juden" oder Hildebrands „Söhne Eduards" glich einem
epochemachenden Ereigniß und selbst harmlose Genrebilder wie Jordans
»Heiratsantrag auf Helgoland", Schrödters „Don Quixote" und Hasenclevers
»Weinprobe" errangen in Berlin und in ganz Deutschland eine Popularität,
deren sich im Zeitalter der Photographie und des Lichtdrucks kaum eines un¬
serer beliebtesten, modernen Genrebilder rühmen kann. Viele Bilder der Düs¬
seldorfer Schule blieben dauernd in Berlin und, indem sie theils in den Privat¬
besitz der königlichen Familie, theils in die Sammlungen reicher Kunstliebhaber
übergingen, den Berliner Künstlern beständig vor Augen. Die schon genannte
Gemäldesammlung des Konsuls Wagener ist der deutlichste Gradmesser für die
Beliebtheit, welche die Düsseldorfer Schule in Berlin genoß. Seitdem sie in
das Gebäude der Nationalgalerie überführt worden ist, hat sie noch manchen
Zuwachs aus dem Privatbesitz Kaiser Wilhelms erhalten, der als Prinz durch
vielfache Ankäufe auf den Berliner Ausstellungen sein lebhaftes Interesse für
die Düsseldorfer Schule bekundete.
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