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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.

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viel, während die Nazarener nach seiner Ansicht das Modellstudium zu sehr
vernachlässigten. Auch hatte sich sein Farbensinn durch fleißiges Kopiren alter
Bilder in den königlichen Sammlungen frühzeitig ausgebildet. So faud er denn
im Kreise der Nazarener wenig Anregungen, noch weniger Wach, der in Paris
zu tief in die Geheimnisse und die Wirkungen der malerischer Technik einge¬
drungen war, um das ebeu errungene wieder über Bord zu werfen. Zudem
hatte er in Naffciel, den er fleißig copirt, so fleißig, daß er durch seine Kopien
Kenner täuschte, ein Vorbild gefunden, das er höher achten mußte, als die sich
eben entfaltende Künstlergröße des Cornelius.

Der Sohn des Akademiedirektors erhielt vom Staat ein von der Akademie
unabhängiges Atelier zugewiesen. Aber er fand nicht solchen Zuspruch, wie
Carl Wach, dessen ungewohnte Technik die Schnar der jüngeren Künstler be¬
stach. Trotzdem konnte sich Wach bei weitem nicht derjenigen Erfolge rühmen, wie
sie Schadow zu verzeichnen hatte. Aus seiner Schule ging eigentlich nur
Mittelgut hervor, während sich um Schadow kühn aufstrebende Talente wie
Lessing, Bendemann, Th. Hildebrand, Sohn, Julius Hübner und Mücke
schaarten. Sie folgten dem Lehrer, als dieser 1826 nach Düsseldorf ging, um
nach Cornelius die Leitung der dortigen Akademie zu übernehmen. Mit
Schadow sind sie die eigentlichen Begründer der älteren Düsseldorfer Schule,
die ihren Ruhm in der Historienmalerei suchte. Tiefe Wurzeln konnte Scha-
dows Richtung mithin nicht in Berlin gefaßt haben. Erst nach länger als
zwanzig Jahren werden wir Zöglingen der Düsseldorfer Schule wieder in Berlin
begegnen.

Ungleich größer war der Einfluß Carl Wachs auf die Berliner Maler¬
schule. Carl Wilhelm Wach (geb. 1787) hatte sich unter der Leitung des
Historienmalers Karl Kretschmar feit seinein zehnten Jahre der Kunst gewidmet.
Nachdem er bereits einige selbständige Werke von Belang geschaffen, wurde
seine künstlerische Thätigkeit durch die Freiheitskriege unterbrochen. Er trat
in die Reihen der Vaterlandsvertheidiger und nahm als Offizier um den
Kämpfen von 1813 -- 1815 Theil. Nach dein Einzuge in Paris nahm er
Urlaub und blieb drei Jahre lang in der französischen Hauptstadt, um dem
Studium seiner Kunst zu leben. Anfangs im Atelier Davids thätig, schloß er
sich, wie bereits erwähnt, nach dessen Verbannung an Gros an. Diese drei
Jahre waren für seine künstlerische Richtung entscheidend; er wurde ein An¬
hänger des französischen Klassieismus, der jedoch bei i'hin durch eine dem Pariser
Aufenthalte folgende italienische Reise, vornehmlich durch das Studium Raffaels,
etwas von seiner theatralischen Hohlheit verlor. Die Nazarener gewannen, wie
gleichfalls erwähnt, keinen nennenswerthen Einfluß auf den Künstler. Als
Wach im Jahre 1819 mit Schadow nach Berlin zurückkehrte, wurde ihm auf


viel, während die Nazarener nach seiner Ansicht das Modellstudium zu sehr
vernachlässigten. Auch hatte sich sein Farbensinn durch fleißiges Kopiren alter
Bilder in den königlichen Sammlungen frühzeitig ausgebildet. So faud er denn
im Kreise der Nazarener wenig Anregungen, noch weniger Wach, der in Paris
zu tief in die Geheimnisse und die Wirkungen der malerischer Technik einge¬
drungen war, um das ebeu errungene wieder über Bord zu werfen. Zudem
hatte er in Naffciel, den er fleißig copirt, so fleißig, daß er durch seine Kopien
Kenner täuschte, ein Vorbild gefunden, das er höher achten mußte, als die sich
eben entfaltende Künstlergröße des Cornelius.

Der Sohn des Akademiedirektors erhielt vom Staat ein von der Akademie
unabhängiges Atelier zugewiesen. Aber er fand nicht solchen Zuspruch, wie
Carl Wach, dessen ungewohnte Technik die Schnar der jüngeren Künstler be¬
stach. Trotzdem konnte sich Wach bei weitem nicht derjenigen Erfolge rühmen, wie
sie Schadow zu verzeichnen hatte. Aus seiner Schule ging eigentlich nur
Mittelgut hervor, während sich um Schadow kühn aufstrebende Talente wie
Lessing, Bendemann, Th. Hildebrand, Sohn, Julius Hübner und Mücke
schaarten. Sie folgten dem Lehrer, als dieser 1826 nach Düsseldorf ging, um
nach Cornelius die Leitung der dortigen Akademie zu übernehmen. Mit
Schadow sind sie die eigentlichen Begründer der älteren Düsseldorfer Schule,
die ihren Ruhm in der Historienmalerei suchte. Tiefe Wurzeln konnte Scha-
dows Richtung mithin nicht in Berlin gefaßt haben. Erst nach länger als
zwanzig Jahren werden wir Zöglingen der Düsseldorfer Schule wieder in Berlin
begegnen.

Ungleich größer war der Einfluß Carl Wachs auf die Berliner Maler¬
schule. Carl Wilhelm Wach (geb. 1787) hatte sich unter der Leitung des
Historienmalers Karl Kretschmar feit seinein zehnten Jahre der Kunst gewidmet.
Nachdem er bereits einige selbständige Werke von Belang geschaffen, wurde
seine künstlerische Thätigkeit durch die Freiheitskriege unterbrochen. Er trat
in die Reihen der Vaterlandsvertheidiger und nahm als Offizier um den
Kämpfen von 1813 — 1815 Theil. Nach dein Einzuge in Paris nahm er
Urlaub und blieb drei Jahre lang in der französischen Hauptstadt, um dem
Studium seiner Kunst zu leben. Anfangs im Atelier Davids thätig, schloß er
sich, wie bereits erwähnt, nach dessen Verbannung an Gros an. Diese drei
Jahre waren für seine künstlerische Richtung entscheidend; er wurde ein An¬
hänger des französischen Klassieismus, der jedoch bei i'hin durch eine dem Pariser
Aufenthalte folgende italienische Reise, vornehmlich durch das Studium Raffaels,
etwas von seiner theatralischen Hohlheit verlor. Die Nazarener gewannen, wie
gleichfalls erwähnt, keinen nennenswerthen Einfluß auf den Künstler. Als
Wach im Jahre 1819 mit Schadow nach Berlin zurückkehrte, wurde ihm auf


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653/89>, abgerufen am 01.09.2024.