Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.letzten Sitzungen bildete fast ausschließlich der Nachtragsetat, durch welchen Dieser Ausgang der Nachtragsetatsvorlage ist so sehr durch die Natur letzten Sitzungen bildete fast ausschließlich der Nachtragsetat, durch welchen Dieser Ausgang der Nachtragsetatsvorlage ist so sehr durch die Natur <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0078" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/139899"/> <p xml:id="ID_280" prev="#ID_279"> letzten Sitzungen bildete fast ausschließlich der Nachtragsetat, durch welchen<lb/> außer dem Posten eines Vicepräsidenten des Staatsministeriums ohne Porte¬<lb/> feuille ein besonderes Eiseilbahnministerium geschaffen und die Verwaltung der<lb/> Domänen und Forsten vom Finanzministerium auf das landwirthschaftliche<lb/> Ministerium: übertragen werden sollte. Wir haben von dem, was wir im<lb/> vorigen Briefe über diese Vorlage gesagt, nichts hinwegzunehmen und kaum<lb/> etwas hinzuzusetzen. Fürst Bismarck ist auch in der zweiten Berathung noch¬<lb/> mals mit aller Entschiedenheit für feine Vorschläge eingetreten, aber er konnte<lb/> nichts ändern an der Thatsache, daß die herrschende Gesammtlage der parla¬<lb/> mentarischen Geschäfte für den Augenblick eine der Wichtigkeit der Sache ent¬<lb/> sprechende materielle Prüfung dieser Vorschläge nicht zuließ. Und weil dem<lb/> so war, lehnte das Abgeordnetenhaus mit Fug und Recht das Eisenbahnmini-<lb/> sterium und auch die Verbindung der Domänen und Forsten mit dem land¬<lb/> wirtschaftlichen Ministerium, obgleich man die Zweckmäßigkeit dieser letzteren<lb/> Maßregel ziemlich allgemein anzuerkennen geneigt war, zur Zeit ab. Nur<lb/> der neue Posten eines Viceministerpräsidenten wurde mit großer Majorität zu¬<lb/> gestanden. Dieser Vicepräsident soll bekanntlich zugleich die allgemeine Stell¬<lb/> vertretung des Reichskanzlers übernehmen, so daß in diesem Zusammenhange<lb/> seine Bewilligung als eine selbstverständliche Konsequenz des neulich vom<lb/> Reichstage beschlossenen Stellvertretungsgesetzes erschien.</p><lb/> <p xml:id="ID_281" next="#ID_282"> Dieser Ausgang der Nachtragsetatsvorlage ist so sehr durch die Natur<lb/> der Sache gerechtfertigt, daß man schwer begreift, wie Jemand voila. lläo das<lb/> ablehnende Votum der Majorität als aus ganz anderen Gründen hervorge¬<lb/> gangen darstellen mag. Mit jenem plumpen Uebereifer, welcher unsere „Frei-<lb/> williggonvernementalen" kennzeichnet, hat man die Nationalliberalen einer<lb/> Verstimmungspolitik angeklagt, in Folge deren sie dem Fürsten Bismarck die<lb/> Mittel, welche derselbe zur Durchführung seiner Pläne bedürfe, zu bewilligen<lb/> nicht mehr geneigt seien. Wer der Wahrheit die Ehre geben will, erkennt leicht<lb/> die vollkommene Grundlosigkeit dieser Beschuldigung. Nicht darum hat es sich<lb/> gehandelt, ob man dem Fürsten Bismark fernere Mittel überhaupt gewähren<lb/> wolle oder nicht, sondern darum, ob man ihm die von ihm gewünschten Mittel<lb/> gewähren solle ohne die Möglichkeit einer gewissenhaften Prüfung.<lb/> Fürst Bismarck selbst hat es vorsichtig vermieden, ans diesen Punkt einzugehen;<lb/> vielmehr entschuldigte er sich gewissermaßen wegen der etwas überstürzten Ein¬<lb/> bringung seiner Organisationsvorschläge mit dem Bekenntniß der irrthümlichen<lb/> Auffassung, welche er von der allgemeinen Meinung über die in Rede stehen¬<lb/> den Fragen gehabt, und er fand sich in das einstweilige Scheitern seines Pro¬<lb/> jekts mit jener Resignation, die ihm einem wirklich berechtigten Widerstande<lb/> gegenüber stets eigen ist. Dagegen meint seine ungeschickte publizistische Diener-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0078]
letzten Sitzungen bildete fast ausschließlich der Nachtragsetat, durch welchen
außer dem Posten eines Vicepräsidenten des Staatsministeriums ohne Porte¬
feuille ein besonderes Eiseilbahnministerium geschaffen und die Verwaltung der
Domänen und Forsten vom Finanzministerium auf das landwirthschaftliche
Ministerium: übertragen werden sollte. Wir haben von dem, was wir im
vorigen Briefe über diese Vorlage gesagt, nichts hinwegzunehmen und kaum
etwas hinzuzusetzen. Fürst Bismarck ist auch in der zweiten Berathung noch¬
mals mit aller Entschiedenheit für feine Vorschläge eingetreten, aber er konnte
nichts ändern an der Thatsache, daß die herrschende Gesammtlage der parla¬
mentarischen Geschäfte für den Augenblick eine der Wichtigkeit der Sache ent¬
sprechende materielle Prüfung dieser Vorschläge nicht zuließ. Und weil dem
so war, lehnte das Abgeordnetenhaus mit Fug und Recht das Eisenbahnmini-
sterium und auch die Verbindung der Domänen und Forsten mit dem land¬
wirtschaftlichen Ministerium, obgleich man die Zweckmäßigkeit dieser letzteren
Maßregel ziemlich allgemein anzuerkennen geneigt war, zur Zeit ab. Nur
der neue Posten eines Viceministerpräsidenten wurde mit großer Majorität zu¬
gestanden. Dieser Vicepräsident soll bekanntlich zugleich die allgemeine Stell¬
vertretung des Reichskanzlers übernehmen, so daß in diesem Zusammenhange
seine Bewilligung als eine selbstverständliche Konsequenz des neulich vom
Reichstage beschlossenen Stellvertretungsgesetzes erschien.
Dieser Ausgang der Nachtragsetatsvorlage ist so sehr durch die Natur
der Sache gerechtfertigt, daß man schwer begreift, wie Jemand voila. lläo das
ablehnende Votum der Majorität als aus ganz anderen Gründen hervorge¬
gangen darstellen mag. Mit jenem plumpen Uebereifer, welcher unsere „Frei-
williggonvernementalen" kennzeichnet, hat man die Nationalliberalen einer
Verstimmungspolitik angeklagt, in Folge deren sie dem Fürsten Bismarck die
Mittel, welche derselbe zur Durchführung seiner Pläne bedürfe, zu bewilligen
nicht mehr geneigt seien. Wer der Wahrheit die Ehre geben will, erkennt leicht
die vollkommene Grundlosigkeit dieser Beschuldigung. Nicht darum hat es sich
gehandelt, ob man dem Fürsten Bismark fernere Mittel überhaupt gewähren
wolle oder nicht, sondern darum, ob man ihm die von ihm gewünschten Mittel
gewähren solle ohne die Möglichkeit einer gewissenhaften Prüfung.
Fürst Bismarck selbst hat es vorsichtig vermieden, ans diesen Punkt einzugehen;
vielmehr entschuldigte er sich gewissermaßen wegen der etwas überstürzten Ein¬
bringung seiner Organisationsvorschläge mit dem Bekenntniß der irrthümlichen
Auffassung, welche er von der allgemeinen Meinung über die in Rede stehen¬
den Fragen gehabt, und er fand sich in das einstweilige Scheitern seines Pro¬
jekts mit jener Resignation, die ihm einem wirklich berechtigten Widerstande
gegenüber stets eigen ist. Dagegen meint seine ungeschickte publizistische Diener-
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