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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.

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Das untere Geschoß des Mittelbaues ist nach außen hin durch eine ro¬
manische, von Pilastern getragene Bogenstellung als ein Stockwerk charakteri-
sirt. Im Inneren sind es ihrer zwei, deren Höhe mit der der Seitenhalle
korrespondirt. Das obere Geschoß des Mittelbaus trügt den Charakter eines
romanischen Doms. Sechs viereckige Thürme gliedern seine Fayade und fünf
mächtige, ruudbogige Fenster sichren breite Lichtmassen in den glänzenden Fest¬
saal, der den ganzen Raum des Mittelbaues einnimmt. Eine flache Kuppel,
die durch ein vou kleinen Säulchen emporgehobenes Zeltdach geöffnet wird,
bildet den Abschluß. Ans der Spitze des Zeltdachs, das augenscheinlich einem
Zirkusdache nachgebildet ist, steht eine Statue aus vergoldetem Erz, der ge¬
flügelte Genius des Ruhms, der, wie ein Engel des jüngsten Gerichts in zwei
Posaunen bläst.

Das untere Geschoß des Mittelbaues enthält mehrere Säle für Separat¬
ausstellungen und Sitzungen der zahlreichen Congresse, welche während der
Dauer der Weltausstellung stattfinden werden. Während die äußere Dekoration
des in Hanstein aufgeführten Trocaderopalastes ziemlich mager ist -- einige
Friese, farbige Thonplatten, die schon in geringer Entfernung nicht mehr wir¬
ken, so daß der Eindruck der Fayade ein völlig einfarbiger ist - , hat man
für den Schmuck der inneren Räume alle erdenklichen Mittel der Dekoration
aufgeboten: kostbare monolithe Marmorsäulen, herrliche Glasgemälde mit
allegorische" Figuren, welche die Künste, die Wissenschaften und die Gewerbe
repräsentiren, Mosaiken und Fresken. Die verhängnißvolle Vorliebe der Fran¬
zosen für Gold, Weiß und Roth, die ihnen seit der republikanisch-cäsarischen
Kunstrevolntion um die Wende des vorigen Jahrhunderts anhaftet, spielt hier¬
bei natürlich eine bedentscune Rolle, besonders bei der Dekoration des kolossalen
Festsaales, der das zweite Geschoß des Mittelbaues bis zur Kuppel einnimmt.
Dieser Saal, in welchem allwöchentlich musikalische Aufführungen stattfinden,
hat einen Durchmesser von 61,50 Meter. Er kann etwa 6 -- 7000 Personen
aufnehmen. Die Kuppel, die sich über ihm wölbt, übertrifft den Durchmesser
der Kuppel der Peterskirche in Rom, der 43,75 Meter beträgt, um 5 Meter.

Da wir einmal bei Zahlen sind, mögen noch einige andere hier folgen,
welche deutlicher als jede Beschreibung für die kolossale Ausdehnung des Ge¬
bäudes zeugen. Wir haben gesagt, daß der Grundriß desselben die Gestalt
einer halben Ellipse hat. Die offene Sehne dieser Ellipse mißt 400 Meter im
Lichten. Die Tiefe eines jeden Flügels beträgt 25 Meter. Der Radius des
Mittelbaus, der halbkreisförmig hervortritt, aber nicht weit genug, um die
Sehne der Ellipse zu berühren, mißt 60 Meter. Jeder der beiden Thürme ist
vom Boden bis zur Spitze des Blitzableiters 82,50 Meter hoch. Die Funda-


Das untere Geschoß des Mittelbaues ist nach außen hin durch eine ro¬
manische, von Pilastern getragene Bogenstellung als ein Stockwerk charakteri-
sirt. Im Inneren sind es ihrer zwei, deren Höhe mit der der Seitenhalle
korrespondirt. Das obere Geschoß des Mittelbaus trügt den Charakter eines
romanischen Doms. Sechs viereckige Thürme gliedern seine Fayade und fünf
mächtige, ruudbogige Fenster sichren breite Lichtmassen in den glänzenden Fest¬
saal, der den ganzen Raum des Mittelbaues einnimmt. Eine flache Kuppel,
die durch ein vou kleinen Säulchen emporgehobenes Zeltdach geöffnet wird,
bildet den Abschluß. Ans der Spitze des Zeltdachs, das augenscheinlich einem
Zirkusdache nachgebildet ist, steht eine Statue aus vergoldetem Erz, der ge¬
flügelte Genius des Ruhms, der, wie ein Engel des jüngsten Gerichts in zwei
Posaunen bläst.

Das untere Geschoß des Mittelbaues enthält mehrere Säle für Separat¬
ausstellungen und Sitzungen der zahlreichen Congresse, welche während der
Dauer der Weltausstellung stattfinden werden. Während die äußere Dekoration
des in Hanstein aufgeführten Trocaderopalastes ziemlich mager ist — einige
Friese, farbige Thonplatten, die schon in geringer Entfernung nicht mehr wir¬
ken, so daß der Eindruck der Fayade ein völlig einfarbiger ist - , hat man
für den Schmuck der inneren Räume alle erdenklichen Mittel der Dekoration
aufgeboten: kostbare monolithe Marmorsäulen, herrliche Glasgemälde mit
allegorische» Figuren, welche die Künste, die Wissenschaften und die Gewerbe
repräsentiren, Mosaiken und Fresken. Die verhängnißvolle Vorliebe der Fran¬
zosen für Gold, Weiß und Roth, die ihnen seit der republikanisch-cäsarischen
Kunstrevolntion um die Wende des vorigen Jahrhunderts anhaftet, spielt hier¬
bei natürlich eine bedentscune Rolle, besonders bei der Dekoration des kolossalen
Festsaales, der das zweite Geschoß des Mittelbaues bis zur Kuppel einnimmt.
Dieser Saal, in welchem allwöchentlich musikalische Aufführungen stattfinden,
hat einen Durchmesser von 61,50 Meter. Er kann etwa 6 — 7000 Personen
aufnehmen. Die Kuppel, die sich über ihm wölbt, übertrifft den Durchmesser
der Kuppel der Peterskirche in Rom, der 43,75 Meter beträgt, um 5 Meter.

Da wir einmal bei Zahlen sind, mögen noch einige andere hier folgen,
welche deutlicher als jede Beschreibung für die kolossale Ausdehnung des Ge¬
bäudes zeugen. Wir haben gesagt, daß der Grundriß desselben die Gestalt
einer halben Ellipse hat. Die offene Sehne dieser Ellipse mißt 400 Meter im
Lichten. Die Tiefe eines jeden Flügels beträgt 25 Meter. Der Radius des
Mittelbaus, der halbkreisförmig hervortritt, aber nicht weit genug, um die
Sehne der Ellipse zu berühren, mißt 60 Meter. Jeder der beiden Thürme ist
vom Boden bis zur Spitze des Blitzableiters 82,50 Meter hoch. Die Funda-


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[0511] Das untere Geschoß des Mittelbaues ist nach außen hin durch eine ro¬ manische, von Pilastern getragene Bogenstellung als ein Stockwerk charakteri- sirt. Im Inneren sind es ihrer zwei, deren Höhe mit der der Seitenhalle korrespondirt. Das obere Geschoß des Mittelbaus trügt den Charakter eines romanischen Doms. Sechs viereckige Thürme gliedern seine Fayade und fünf mächtige, ruudbogige Fenster sichren breite Lichtmassen in den glänzenden Fest¬ saal, der den ganzen Raum des Mittelbaues einnimmt. Eine flache Kuppel, die durch ein vou kleinen Säulchen emporgehobenes Zeltdach geöffnet wird, bildet den Abschluß. Ans der Spitze des Zeltdachs, das augenscheinlich einem Zirkusdache nachgebildet ist, steht eine Statue aus vergoldetem Erz, der ge¬ flügelte Genius des Ruhms, der, wie ein Engel des jüngsten Gerichts in zwei Posaunen bläst. Das untere Geschoß des Mittelbaues enthält mehrere Säle für Separat¬ ausstellungen und Sitzungen der zahlreichen Congresse, welche während der Dauer der Weltausstellung stattfinden werden. Während die äußere Dekoration des in Hanstein aufgeführten Trocaderopalastes ziemlich mager ist — einige Friese, farbige Thonplatten, die schon in geringer Entfernung nicht mehr wir¬ ken, so daß der Eindruck der Fayade ein völlig einfarbiger ist - , hat man für den Schmuck der inneren Räume alle erdenklichen Mittel der Dekoration aufgeboten: kostbare monolithe Marmorsäulen, herrliche Glasgemälde mit allegorische» Figuren, welche die Künste, die Wissenschaften und die Gewerbe repräsentiren, Mosaiken und Fresken. Die verhängnißvolle Vorliebe der Fran¬ zosen für Gold, Weiß und Roth, die ihnen seit der republikanisch-cäsarischen Kunstrevolntion um die Wende des vorigen Jahrhunderts anhaftet, spielt hier¬ bei natürlich eine bedentscune Rolle, besonders bei der Dekoration des kolossalen Festsaales, der das zweite Geschoß des Mittelbaues bis zur Kuppel einnimmt. Dieser Saal, in welchem allwöchentlich musikalische Aufführungen stattfinden, hat einen Durchmesser von 61,50 Meter. Er kann etwa 6 — 7000 Personen aufnehmen. Die Kuppel, die sich über ihm wölbt, übertrifft den Durchmesser der Kuppel der Peterskirche in Rom, der 43,75 Meter beträgt, um 5 Meter. Da wir einmal bei Zahlen sind, mögen noch einige andere hier folgen, welche deutlicher als jede Beschreibung für die kolossale Ausdehnung des Ge¬ bäudes zeugen. Wir haben gesagt, daß der Grundriß desselben die Gestalt einer halben Ellipse hat. Die offene Sehne dieser Ellipse mißt 400 Meter im Lichten. Die Tiefe eines jeden Flügels beträgt 25 Meter. Der Radius des Mittelbaus, der halbkreisförmig hervortritt, aber nicht weit genug, um die Sehne der Ellipse zu berühren, mißt 60 Meter. Jeder der beiden Thürme ist vom Boden bis zur Spitze des Blitzableiters 82,50 Meter hoch. Die Funda-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653/511>, abgerufen am 01.09.2024.