Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.gleichgiltig und völlig beweislvs für den Hergang selbst sein, wie sie sich Es ist also auch mit diesem Zeugniß, das die unglückliche Mutter gegen Die zweite von der badischen Regierung veröffentlichte Urkunde war, wie ') Mittelstadt, S. 110, Note 3.
gleichgiltig und völlig beweislvs für den Hergang selbst sein, wie sie sich Es ist also auch mit diesem Zeugniß, das die unglückliche Mutter gegen Die zweite von der badischen Regierung veröffentlichte Urkunde war, wie ') Mittelstadt, S. 110, Note 3.
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gleichgiltig und völlig beweislvs für den Hergang selbst sein, wie sie sich
hinterher diesen Hergang in ihrem „Glauben" vorgestellt hätte. Aber wir
besitzen auch klassische Zeugnisse genug, welche darthun, daß sie den Verdacht,
ihr Kind könnte entfernt, vertauscht worden sein, stets mit der größten Be¬
stimmtheit und Entrüstung zurückwies. Das bezeugen der Historiker Schlosser,
der Kriminalist Mittermaier und ihre eigene Tochter, Prinzessin Marie von
Baden, Herzogin von Hamilton. Interessant ist, daß Letztere in Briefen, die
Mittelstadt selbst eingesehen (S. 110) betont, die Königin Karoline von Baiern
habe an die Unterschiebung geglaubt, und König Ludwig I. habe sie (die Her¬
zogin) von der Wahrheit der Sache vergeblich überzeugen wollen. Als der
König noch 1867 während der Pariser Weltausstellung versuchte, auch Napoleon III.
seine Ansicht über Kasar Hanser mitzutheilen, erhielt er von diesem die Antwort
die Großherzogin Stephanie habe Napoleon gegenüber ausgesagt, das Ganze
sei eine sinnlose Fabel.*)
Es ist also auch mit diesem Zeugniß, das die unglückliche Mutter gegen
ihr Kind ablegen soll, rein gar nichts, und daher in den Augen Aller
die Identität des am 16. Oktober 1812 verstorbenen badischen
Prinzen durch die Urkunde über dessen Nothtaufe vollständig
dargethan.
Die zweite von der badischen Regierung veröffentlichte Urkunde war, wie
schon erwähnt, das Sektionsprvtokoll. Es datirt vom 18. Oktober 1812.
Daß in der Zwischenzeit, vom Tode des Prinzen bis zur Sektion seine Leiche
sorgfältig vor Vertauschung bewahrt worden, das bescheinigt, wie gleich
hier bemerkt werden mag, die dritte der veröffentlichten Urkunden über
die Beisetzung des Prinzen vollständig. Stets ist eine große Zahl von Personen
als Ehrenwache Tag und Nacht um die Leiche gewesen, fortwährend ist die
Leiche mit wohlriechenden Essenzen besprengt worden ?e. Auch ist eine Todten-
maske von dem Kind genommen worden, die noch heute vorhanden ist. In¬
dessen auch wenn dieses Mittelglied des Beweises fehlte, so böte das Sektions¬
prvtokoll allein schon völlig neue Thatsachen, die Feuerbach bei Abfassung
feines Memoire und der großen Welt einschließlich des Herrn Kolb bis zum
3. Juni 1875 durchaus unbekannt waren: daß nämlich der verstorbene Erb¬
prinz überhaupt sezirt worden ist, während dabei nenn Aerzte, und zwar
die besten und tüchtigsten, die man auftreiben konnte, thätig waren, unter
ihnen Schrickel, Kramer und der Oberhofrath und Leibarzt Dr. Maler, welche
den Prinzen.schon bei Lebzeiten gekannt, daß keiner von diesen Aerzten
im Geringsten an der Identität des von ihnen sezirten Leich-
') Mittelstadt, S. 110, Note 3.
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