Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.damit die Regierung die Verwaltung beaufsichtigen konnte, verdarb er es ganz Der andere tägliche Gesellschafter des Königs war der Graf Hoditz auf damit die Regierung die Verwaltung beaufsichtigen konnte, verdarb er es ganz Der andere tägliche Gesellschafter des Königs war der Graf Hoditz auf <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0455" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/140276"/> <p xml:id="ID_1318" prev="#ID_1317"> damit die Regierung die Verwaltung beaufsichtigen konnte, verdarb er es ganz<lb/> mit seinen Standesgenossen; Theiner nennt ihn einen schmutzigen, abenteuerlichen,<lb/> entlaufener Mönch. Desto fester baute der König auf ihn, und als der Fürst¬<lb/> bischof Schafgotsch am Tage der Schlacht bei Leuthen nach seinen österreichischen<lb/> Besitzungen floh, ernannte der König Bafticmi zum Generalvikar, auf welche<lb/> Stelle er indeß verzichtete, da der Papst ihn nicht bestätigte; darauf übertrug<lb/> der König dem gescunmten Domkapitel die Verwaltung. Bastiani war die<lb/> festeste Stütze Friedrich's in Schlesien sür seine Kirchenpolitik und beim König<lb/> stets gern gesehen; noch im Frühjahr 1765 hatte er den König in Potsdam<lb/> besucht; kaum war der König in Landeck angekommen, als auch Bastiani, am<lb/> Nachmittag des 4. August, eintraf; sogleich wurde er zum Könige beschieden<lb/> und dann täglich von ihm zur Tafel gezogen; der König unterhielt sich des<lb/> Abends mit ihm, und ließ ihn auf deu Promenaden in der suite mitgehen oder<lb/> reiten,er bestritt alle Ausgaben für ihn und verehrte ihm schließlich eine schöne goldne<lb/> Tabatiere zum Andenken. Bastiani verabschiedete sich des Abends vor Friedrich's<lb/> Abreise von ihm, reiste aber erst an demselben Morgen, wie der Kvng, ab.</p><lb/> <p xml:id="ID_1319" next="#ID_1320"> Der andere tägliche Gesellschafter des Königs war der Graf Hoditz auf<lb/> Noßwcilde bei Hotzenplotz in Mührer, zwei Meilen von Neustadt in Ober¬<lb/> schlesien. Aehnlich dem andern Freunde Friedrich's, dem Grafen Götter, ver¬<lb/> stand er die Kunst, in kurzer Zeit ungeheure Summen zu verschwenden. Als<lb/> er sein mütterliches Vermögen in Wien durchgebracht hatte, vermählte er sich<lb/> 1734 mit der 22 Jahre älteren Wittwe des Markgrafen Wilhelm von Baireuth,<lb/> Sophie, Prinzessin von Sachsen-Weißenfels, die ihm ein großes Vermögen zu¬<lb/> brachte und 1752 starb. Sobald er in Besitz des väterlichen Schlosses ge¬<lb/> kommen war, schuf er es mit einem Aufwande von 3 Millionen Gulden zu<lb/> einem Zaubersitz um. Es hatte 69 Gemächer, darunter einen Bibliothek-,<lb/> einen Banker-, einen Musen-, einen Tanzsaal, ein Mineralien-, ein Freund¬<lb/> schafts-, ein Toilettezimmer für seine Gemahlin, nach ihrem Tode ein Serail,<lb/> in welchem er gutgewachsene Mädchen hielt, aber in strenger Zucht und Sitte<lb/> erzog. Das ganze Schloß war mit beispielloser Pracht, aber anch mit Kunst-<lb/> geschmack ausgestattet und mit zahllosen Statuen, Gemälden und Inschriften<lb/> geschmückt. Er schuf sein ans 90 Köpfen bestehendes Dienstpersonal zu Schau¬<lb/> spielern, Tänzern, Sängern und Sängerinnen um, bildete aus ihnen ein Theater<lb/> und eine Musikkapelle; auch mußten sie als lebende Statuen dienen und das<lb/> Reich der Mythe in die Wirklichkeit herabzaubern. Sein Garten stellte eine<lb/> Welt im Kleinen dar, wie sie in der Anschauung des vorigen Jahrhunderts<lb/> lebt; da gab es eine chinesische, eine indianische, eine germanische, eine keltische<lb/> eine antik-mythologische Abtheilung, ja Gulliver's Lilliputstadt, in der die Kinder<lb/> ^einer Unterthanen als Volk umherwimmelten; in den unterirdischen Gemächern</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0455]
damit die Regierung die Verwaltung beaufsichtigen konnte, verdarb er es ganz
mit seinen Standesgenossen; Theiner nennt ihn einen schmutzigen, abenteuerlichen,
entlaufener Mönch. Desto fester baute der König auf ihn, und als der Fürst¬
bischof Schafgotsch am Tage der Schlacht bei Leuthen nach seinen österreichischen
Besitzungen floh, ernannte der König Bafticmi zum Generalvikar, auf welche
Stelle er indeß verzichtete, da der Papst ihn nicht bestätigte; darauf übertrug
der König dem gescunmten Domkapitel die Verwaltung. Bastiani war die
festeste Stütze Friedrich's in Schlesien sür seine Kirchenpolitik und beim König
stets gern gesehen; noch im Frühjahr 1765 hatte er den König in Potsdam
besucht; kaum war der König in Landeck angekommen, als auch Bastiani, am
Nachmittag des 4. August, eintraf; sogleich wurde er zum Könige beschieden
und dann täglich von ihm zur Tafel gezogen; der König unterhielt sich des
Abends mit ihm, und ließ ihn auf deu Promenaden in der suite mitgehen oder
reiten,er bestritt alle Ausgaben für ihn und verehrte ihm schließlich eine schöne goldne
Tabatiere zum Andenken. Bastiani verabschiedete sich des Abends vor Friedrich's
Abreise von ihm, reiste aber erst an demselben Morgen, wie der Kvng, ab.
Der andere tägliche Gesellschafter des Königs war der Graf Hoditz auf
Noßwcilde bei Hotzenplotz in Mührer, zwei Meilen von Neustadt in Ober¬
schlesien. Aehnlich dem andern Freunde Friedrich's, dem Grafen Götter, ver¬
stand er die Kunst, in kurzer Zeit ungeheure Summen zu verschwenden. Als
er sein mütterliches Vermögen in Wien durchgebracht hatte, vermählte er sich
1734 mit der 22 Jahre älteren Wittwe des Markgrafen Wilhelm von Baireuth,
Sophie, Prinzessin von Sachsen-Weißenfels, die ihm ein großes Vermögen zu¬
brachte und 1752 starb. Sobald er in Besitz des väterlichen Schlosses ge¬
kommen war, schuf er es mit einem Aufwande von 3 Millionen Gulden zu
einem Zaubersitz um. Es hatte 69 Gemächer, darunter einen Bibliothek-,
einen Banker-, einen Musen-, einen Tanzsaal, ein Mineralien-, ein Freund¬
schafts-, ein Toilettezimmer für seine Gemahlin, nach ihrem Tode ein Serail,
in welchem er gutgewachsene Mädchen hielt, aber in strenger Zucht und Sitte
erzog. Das ganze Schloß war mit beispielloser Pracht, aber anch mit Kunst-
geschmack ausgestattet und mit zahllosen Statuen, Gemälden und Inschriften
geschmückt. Er schuf sein ans 90 Köpfen bestehendes Dienstpersonal zu Schau¬
spielern, Tänzern, Sängern und Sängerinnen um, bildete aus ihnen ein Theater
und eine Musikkapelle; auch mußten sie als lebende Statuen dienen und das
Reich der Mythe in die Wirklichkeit herabzaubern. Sein Garten stellte eine
Welt im Kleinen dar, wie sie in der Anschauung des vorigen Jahrhunderts
lebt; da gab es eine chinesische, eine indianische, eine germanische, eine keltische
eine antik-mythologische Abtheilung, ja Gulliver's Lilliputstadt, in der die Kinder
^einer Unterthanen als Volk umherwimmelten; in den unterirdischen Gemächern
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