Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.seines Schlosses war ein Bergwerk und ein Golgatha. An mehreren Orten seines Schlosses war ein Bergwerk und ein Golgatha. An mehreren Orten <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0456" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/140277"/> <p xml:id="ID_1320" prev="#ID_1319" next="#ID_1321"> seines Schlosses war ein Bergwerk und ein Golgatha. An mehreren Orten<lb/> waren Statuen und Inschriften zu Ehren Friedrich's des Großen, Joseph's II.<lb/> und Maria Theresia's angebracht. Ein Wasserwerk von 5000, nach anderen<lb/> 8000 Leitungen trieb durch unterirdische Kanäle Wasser in zahllose Statuen,<lb/> Thürpfosten, Bänke und Wände, von wo es durch leisen Druck des Maschinisten<lb/> in Wasserstrahlen dem Besucher unerwartet und neckisch entgegensprang oder<lb/> ununterbrochen aus deu Mündern von Knaben, Delphinen u. s. w. Fontänen<lb/> bildete. Bei großen Festen mußten die weiblichen Mitglieder seines Personals<lb/> bald arkadische Hirtinnen, bald Nereiden vorstellen, die dann unter silberhellen<lb/> Gesang die Boote mit den Gästen über das Wasser der Teiche zogen. Die<lb/> Viehställe des Grafen waren Muster von Reinlichkeit; es gab darin Sophas<lb/> für die besuchenden Damen; die Milchgefäße schwammen in Kübeln, in die<lb/> ununterbrochen frisches Wasser hineinrieselte. Mit Hilfe seiner mechanischen,<lb/> optischen und chemischen Künste — denn anch Alchymist war er — machte<lb/> sich der Graf oft einen Spaß mit Solchen, die Uebles von ihm redeten, die<lb/> ihm nicht die nöthige Höflichkeit erwiesen, oder die seine Gastfreundschaft durch<lb/> Unmäßigkeit und Taktlosigkeit mißbrauchten. Friedrich der Große hatte sein<lb/> Schloß schon 1758 besucht, als er von seinem Lager in Prvßnitz vor Oliuütz<lb/> zurückkehrte; der Graf hatte ihn dort gebeten, sein Gut zu verschonen, und<lb/> Friedrich hatte ihm Schutz vor jeder unregelmäßigen Erpressung und vor Ge¬<lb/> waltthat zugesagt. Sie unterhielten seitdem einen Briefwechsel; von den 105<lb/> Briefen des Königs, die im Geh. Staatsarchiv zu Berlin aufbewahrt werden,<lb/> sind 81 in den Oeuvres (sa. Preuß) geb.rückt. Im Herbst 1764 sandte Hoditz<lb/> dem Könige Fasanen; dieser lud ihn dringend ein, eine gewisse Reise zu unter¬<lb/> nehmen, worunter nnr ein Besuch in Potsdam zu verstehen war. Als daher<lb/> Friedrich nach Landeck kam, bat Hoditz sogleich um die Erlaubniß, ihm seine<lb/> Aufwartung machen zu dürfen; Friedrich gewährte sie ihm, und, schon von<lb/> Anfang erwartet, traf Hoditz am 10. August, von nur zwei Bedienten begleitet,<lb/> ein. Er war damals ans der Höhe seines Glanzes, kurz vorher in großer<lb/> Bedrüngniß, war er 17K4 durch den Tod seines Bruders wieder zu Vermögen<lb/> gekommen, und Friedrich wünschte ihm im Kondolenzschreiben selbst Glück dazu.<lb/> In Landeck hatte Hoditz schwerlich eine Ahnung von der Rolle, die er beim<lb/> König und den Prinzen spielte. Friedrich schrieb am 22. August an Caet:<lb/> „Ich habe hier alle Originale der Gegend gesehen, unter Anderen einen alten<lb/> Grafen, dessen Physiognomie und wunderlicher Aufputz mich fast mit Lachen<lb/> haben herausplatzen lassen bei der bloßen Okularinspektion. Als er aber gar<lb/> anfing zu sprechen, da war kein Haltens mehr. Meine Neffen haben sich be¬<lb/> sonders durch ihr Herausplatzen ausgezeichnet. Aber wir haben theils gute,<lb/> theils schlechte Vorwande ausfindig gemacht, um unsre Heiterkeit zu rechtfertigen,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0456]
seines Schlosses war ein Bergwerk und ein Golgatha. An mehreren Orten
waren Statuen und Inschriften zu Ehren Friedrich's des Großen, Joseph's II.
und Maria Theresia's angebracht. Ein Wasserwerk von 5000, nach anderen
8000 Leitungen trieb durch unterirdische Kanäle Wasser in zahllose Statuen,
Thürpfosten, Bänke und Wände, von wo es durch leisen Druck des Maschinisten
in Wasserstrahlen dem Besucher unerwartet und neckisch entgegensprang oder
ununterbrochen aus deu Mündern von Knaben, Delphinen u. s. w. Fontänen
bildete. Bei großen Festen mußten die weiblichen Mitglieder seines Personals
bald arkadische Hirtinnen, bald Nereiden vorstellen, die dann unter silberhellen
Gesang die Boote mit den Gästen über das Wasser der Teiche zogen. Die
Viehställe des Grafen waren Muster von Reinlichkeit; es gab darin Sophas
für die besuchenden Damen; die Milchgefäße schwammen in Kübeln, in die
ununterbrochen frisches Wasser hineinrieselte. Mit Hilfe seiner mechanischen,
optischen und chemischen Künste — denn anch Alchymist war er — machte
sich der Graf oft einen Spaß mit Solchen, die Uebles von ihm redeten, die
ihm nicht die nöthige Höflichkeit erwiesen, oder die seine Gastfreundschaft durch
Unmäßigkeit und Taktlosigkeit mißbrauchten. Friedrich der Große hatte sein
Schloß schon 1758 besucht, als er von seinem Lager in Prvßnitz vor Oliuütz
zurückkehrte; der Graf hatte ihn dort gebeten, sein Gut zu verschonen, und
Friedrich hatte ihm Schutz vor jeder unregelmäßigen Erpressung und vor Ge¬
waltthat zugesagt. Sie unterhielten seitdem einen Briefwechsel; von den 105
Briefen des Königs, die im Geh. Staatsarchiv zu Berlin aufbewahrt werden,
sind 81 in den Oeuvres (sa. Preuß) geb.rückt. Im Herbst 1764 sandte Hoditz
dem Könige Fasanen; dieser lud ihn dringend ein, eine gewisse Reise zu unter¬
nehmen, worunter nnr ein Besuch in Potsdam zu verstehen war. Als daher
Friedrich nach Landeck kam, bat Hoditz sogleich um die Erlaubniß, ihm seine
Aufwartung machen zu dürfen; Friedrich gewährte sie ihm, und, schon von
Anfang erwartet, traf Hoditz am 10. August, von nur zwei Bedienten begleitet,
ein. Er war damals ans der Höhe seines Glanzes, kurz vorher in großer
Bedrüngniß, war er 17K4 durch den Tod seines Bruders wieder zu Vermögen
gekommen, und Friedrich wünschte ihm im Kondolenzschreiben selbst Glück dazu.
In Landeck hatte Hoditz schwerlich eine Ahnung von der Rolle, die er beim
König und den Prinzen spielte. Friedrich schrieb am 22. August an Caet:
„Ich habe hier alle Originale der Gegend gesehen, unter Anderen einen alten
Grafen, dessen Physiognomie und wunderlicher Aufputz mich fast mit Lachen
haben herausplatzen lassen bei der bloßen Okularinspektion. Als er aber gar
anfing zu sprechen, da war kein Haltens mehr. Meine Neffen haben sich be¬
sonders durch ihr Herausplatzen ausgezeichnet. Aber wir haben theils gute,
theils schlechte Vorwande ausfindig gemacht, um unsre Heiterkeit zu rechtfertigen,
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