Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

war es ihm, daß er aus dem Brunnen erst die Außentreppe in seine Zimmer
hinaufsteigen mußte, um das Wannenbad zu nehmen, und er sprach den Wunsch
aus, es sollte so eingerichtet werden, daß man unmittelbar aus dem Brunnen
in die Badestube treten könne. Auch wollte er im Brunnen Logen für zwei
Personen angelegt wissen, sodaß man darin baden könne, ohne von Jemand
gesehen zu werden, und doch in der Lage sei, sich mit den anderen Badegästen
zu unterhalten. So benutzte denn der König regelmäßig Brunnen und Wanne
-- noch jetzt wird der mit einem Adler versehene Bottich gezeigt, in dem er
gebadet hat --° täglich vier Stunden. Die Prinzen benutzten den Brunnen
zum Bergnügen dreimal, wobei ihnen der König jedesmal zusah. Der Lieutenant
v. Heyden wäre dabei einmal fast ertrunken; er war schon untergegangen, als
man ihn mit Mühe und Noth herauszog. Des Nachts badeten der Chirurgus,
die Kammerhusaren und Kammerdiener. Eine regelmäßige Cur gebrauchte der
Kriegsrath Köper, der aber nur sein krankes Bein in die Wanne halten durfte,
damit er dabei arbeiten könne; er war der Einzige, dem das Bad nicht gut
bekam.

Um den Vorzug, Friedrich behandeln zu dürfen, bewarben sich zwei in
Landeck anwesende Aerzte, der Kreisphysikus von Glans or. Goltz (oder viel¬
mehr Goltz, wie er sich in einer Verordnung unterschreibt), der schon 1757 Bade¬
arzt war, und der Brieger Gymnasialprofessor Dr. insä. Burghart aus Reichen¬
bach, der früher in Breslau praktizirt hatte, seit 1743 in Brieg als Mathe-
maticus angestellt war, der Verfasser des oben genannten Buchs. Dieser
glaubte wohl wegen seines Buchs ein Anrecht darauf zu haben, daß Friedrich
ihn konsultire; dieser ließ jedoch uur durch Schlauch den Aerzten täglich zwei¬
mal Meldung machen, ohne sie zu sich zu befehlen. Dies kränkte Burghart
nicht wenig; wenn der König Vormittags, um spazieren zu gehen, aus dem
Bade trat, suchte er sich vorzudrängen und sich bemerklich zu machen, selbst
durch auffallende Kleidung; er legte eine "Methusalemsweste" von weißem
Ccmevas mit großen bunten Blumen von türkischem Garn an; aber der König
würdigte ihn keines Blicks und ließ ihm bedeuten, er möge sich nicht so nahe
vordrängen, Se. Maj. würden ihm schon sagen lassen, wenn Sie ihn sprechen
wollten. Tarrach macht-die Bemerkung: "Dieser ehrliche Mann war vielleicht
schon vorgekommen, wenn er nicht gegen die Suite zu viel Preveution von
sich marguiret, als wenn Se. Maj. ihn nicht entbehren könnten. Er schickt
sich meines Erachtens viel besser Collegia zu lesen, als zu curiren!" Diese
letzte Bemerkung bezog sich auf die unglückliche Cur an dem Kriegsrath Köper,
dem er sich aufgedrungen; als sich bei demselben der gewöhnliche Hautausschlag
zeigte, rieth er ihm, das Baden einzustellen, im Widerspruch mit der Meinung
Gvltzens und Schlauch's; in Folge davon verschlimmerte sich das Bein des


war es ihm, daß er aus dem Brunnen erst die Außentreppe in seine Zimmer
hinaufsteigen mußte, um das Wannenbad zu nehmen, und er sprach den Wunsch
aus, es sollte so eingerichtet werden, daß man unmittelbar aus dem Brunnen
in die Badestube treten könne. Auch wollte er im Brunnen Logen für zwei
Personen angelegt wissen, sodaß man darin baden könne, ohne von Jemand
gesehen zu werden, und doch in der Lage sei, sich mit den anderen Badegästen
zu unterhalten. So benutzte denn der König regelmäßig Brunnen und Wanne
— noch jetzt wird der mit einem Adler versehene Bottich gezeigt, in dem er
gebadet hat —° täglich vier Stunden. Die Prinzen benutzten den Brunnen
zum Bergnügen dreimal, wobei ihnen der König jedesmal zusah. Der Lieutenant
v. Heyden wäre dabei einmal fast ertrunken; er war schon untergegangen, als
man ihn mit Mühe und Noth herauszog. Des Nachts badeten der Chirurgus,
die Kammerhusaren und Kammerdiener. Eine regelmäßige Cur gebrauchte der
Kriegsrath Köper, der aber nur sein krankes Bein in die Wanne halten durfte,
damit er dabei arbeiten könne; er war der Einzige, dem das Bad nicht gut
bekam.

Um den Vorzug, Friedrich behandeln zu dürfen, bewarben sich zwei in
Landeck anwesende Aerzte, der Kreisphysikus von Glans or. Goltz (oder viel¬
mehr Goltz, wie er sich in einer Verordnung unterschreibt), der schon 1757 Bade¬
arzt war, und der Brieger Gymnasialprofessor Dr. insä. Burghart aus Reichen¬
bach, der früher in Breslau praktizirt hatte, seit 1743 in Brieg als Mathe-
maticus angestellt war, der Verfasser des oben genannten Buchs. Dieser
glaubte wohl wegen seines Buchs ein Anrecht darauf zu haben, daß Friedrich
ihn konsultire; dieser ließ jedoch uur durch Schlauch den Aerzten täglich zwei¬
mal Meldung machen, ohne sie zu sich zu befehlen. Dies kränkte Burghart
nicht wenig; wenn der König Vormittags, um spazieren zu gehen, aus dem
Bade trat, suchte er sich vorzudrängen und sich bemerklich zu machen, selbst
durch auffallende Kleidung; er legte eine „Methusalemsweste" von weißem
Ccmevas mit großen bunten Blumen von türkischem Garn an; aber der König
würdigte ihn keines Blicks und ließ ihm bedeuten, er möge sich nicht so nahe
vordrängen, Se. Maj. würden ihm schon sagen lassen, wenn Sie ihn sprechen
wollten. Tarrach macht-die Bemerkung: „Dieser ehrliche Mann war vielleicht
schon vorgekommen, wenn er nicht gegen die Suite zu viel Preveution von
sich marguiret, als wenn Se. Maj. ihn nicht entbehren könnten. Er schickt
sich meines Erachtens viel besser Collegia zu lesen, als zu curiren!" Diese
letzte Bemerkung bezog sich auf die unglückliche Cur an dem Kriegsrath Köper,
dem er sich aufgedrungen; als sich bei demselben der gewöhnliche Hautausschlag
zeigte, rieth er ihm, das Baden einzustellen, im Widerspruch mit der Meinung
Gvltzens und Schlauch's; in Folge davon verschlimmerte sich das Bein des


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0451" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/140272"/>
          <p xml:id="ID_1310" prev="#ID_1309"> war es ihm, daß er aus dem Brunnen erst die Außentreppe in seine Zimmer<lb/>
hinaufsteigen mußte, um das Wannenbad zu nehmen, und er sprach den Wunsch<lb/>
aus, es sollte so eingerichtet werden, daß man unmittelbar aus dem Brunnen<lb/>
in die Badestube treten könne. Auch wollte er im Brunnen Logen für zwei<lb/>
Personen angelegt wissen, sodaß man darin baden könne, ohne von Jemand<lb/>
gesehen zu werden, und doch in der Lage sei, sich mit den anderen Badegästen<lb/>
zu unterhalten. So benutzte denn der König regelmäßig Brunnen und Wanne<lb/>
&#x2014; noch jetzt wird der mit einem Adler versehene Bottich gezeigt, in dem er<lb/>
gebadet hat &#x2014;° täglich vier Stunden. Die Prinzen benutzten den Brunnen<lb/>
zum Bergnügen dreimal, wobei ihnen der König jedesmal zusah. Der Lieutenant<lb/>
v. Heyden wäre dabei einmal fast ertrunken; er war schon untergegangen, als<lb/>
man ihn mit Mühe und Noth herauszog. Des Nachts badeten der Chirurgus,<lb/>
die Kammerhusaren und Kammerdiener. Eine regelmäßige Cur gebrauchte der<lb/>
Kriegsrath Köper, der aber nur sein krankes Bein in die Wanne halten durfte,<lb/>
damit er dabei arbeiten könne; er war der Einzige, dem das Bad nicht gut<lb/>
bekam.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1311" next="#ID_1312"> Um den Vorzug, Friedrich behandeln zu dürfen, bewarben sich zwei in<lb/>
Landeck anwesende Aerzte, der Kreisphysikus von Glans or. Goltz (oder viel¬<lb/>
mehr Goltz, wie er sich in einer Verordnung unterschreibt), der schon 1757 Bade¬<lb/>
arzt war, und der Brieger Gymnasialprofessor Dr. insä. Burghart aus Reichen¬<lb/>
bach, der früher in Breslau praktizirt hatte, seit 1743 in Brieg als Mathe-<lb/>
maticus angestellt war, der Verfasser des oben genannten Buchs. Dieser<lb/>
glaubte wohl wegen seines Buchs ein Anrecht darauf zu haben, daß Friedrich<lb/>
ihn konsultire; dieser ließ jedoch uur durch Schlauch den Aerzten täglich zwei¬<lb/>
mal Meldung machen, ohne sie zu sich zu befehlen. Dies kränkte Burghart<lb/>
nicht wenig; wenn der König Vormittags, um spazieren zu gehen, aus dem<lb/>
Bade trat, suchte er sich vorzudrängen und sich bemerklich zu machen, selbst<lb/>
durch auffallende Kleidung; er legte eine &#x201E;Methusalemsweste" von weißem<lb/>
Ccmevas mit großen bunten Blumen von türkischem Garn an; aber der König<lb/>
würdigte ihn keines Blicks und ließ ihm bedeuten, er möge sich nicht so nahe<lb/>
vordrängen, Se. Maj. würden ihm schon sagen lassen, wenn Sie ihn sprechen<lb/>
wollten. Tarrach macht-die Bemerkung: &#x201E;Dieser ehrliche Mann war vielleicht<lb/>
schon vorgekommen, wenn er nicht gegen die Suite zu viel Preveution von<lb/>
sich marguiret, als wenn Se. Maj. ihn nicht entbehren könnten. Er schickt<lb/>
sich meines Erachtens viel besser Collegia zu lesen, als zu curiren!" Diese<lb/>
letzte Bemerkung bezog sich auf die unglückliche Cur an dem Kriegsrath Köper,<lb/>
dem er sich aufgedrungen; als sich bei demselben der gewöhnliche Hautausschlag<lb/>
zeigte, rieth er ihm, das Baden einzustellen, im Widerspruch mit der Meinung<lb/>
Gvltzens und Schlauch's; in Folge davon verschlimmerte sich das Bein des</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0451] war es ihm, daß er aus dem Brunnen erst die Außentreppe in seine Zimmer hinaufsteigen mußte, um das Wannenbad zu nehmen, und er sprach den Wunsch aus, es sollte so eingerichtet werden, daß man unmittelbar aus dem Brunnen in die Badestube treten könne. Auch wollte er im Brunnen Logen für zwei Personen angelegt wissen, sodaß man darin baden könne, ohne von Jemand gesehen zu werden, und doch in der Lage sei, sich mit den anderen Badegästen zu unterhalten. So benutzte denn der König regelmäßig Brunnen und Wanne — noch jetzt wird der mit einem Adler versehene Bottich gezeigt, in dem er gebadet hat —° täglich vier Stunden. Die Prinzen benutzten den Brunnen zum Bergnügen dreimal, wobei ihnen der König jedesmal zusah. Der Lieutenant v. Heyden wäre dabei einmal fast ertrunken; er war schon untergegangen, als man ihn mit Mühe und Noth herauszog. Des Nachts badeten der Chirurgus, die Kammerhusaren und Kammerdiener. Eine regelmäßige Cur gebrauchte der Kriegsrath Köper, der aber nur sein krankes Bein in die Wanne halten durfte, damit er dabei arbeiten könne; er war der Einzige, dem das Bad nicht gut bekam. Um den Vorzug, Friedrich behandeln zu dürfen, bewarben sich zwei in Landeck anwesende Aerzte, der Kreisphysikus von Glans or. Goltz (oder viel¬ mehr Goltz, wie er sich in einer Verordnung unterschreibt), der schon 1757 Bade¬ arzt war, und der Brieger Gymnasialprofessor Dr. insä. Burghart aus Reichen¬ bach, der früher in Breslau praktizirt hatte, seit 1743 in Brieg als Mathe- maticus angestellt war, der Verfasser des oben genannten Buchs. Dieser glaubte wohl wegen seines Buchs ein Anrecht darauf zu haben, daß Friedrich ihn konsultire; dieser ließ jedoch uur durch Schlauch den Aerzten täglich zwei¬ mal Meldung machen, ohne sie zu sich zu befehlen. Dies kränkte Burghart nicht wenig; wenn der König Vormittags, um spazieren zu gehen, aus dem Bade trat, suchte er sich vorzudrängen und sich bemerklich zu machen, selbst durch auffallende Kleidung; er legte eine „Methusalemsweste" von weißem Ccmevas mit großen bunten Blumen von türkischem Garn an; aber der König würdigte ihn keines Blicks und ließ ihm bedeuten, er möge sich nicht so nahe vordrängen, Se. Maj. würden ihm schon sagen lassen, wenn Sie ihn sprechen wollten. Tarrach macht-die Bemerkung: „Dieser ehrliche Mann war vielleicht schon vorgekommen, wenn er nicht gegen die Suite zu viel Preveution von sich marguiret, als wenn Se. Maj. ihn nicht entbehren könnten. Er schickt sich meines Erachtens viel besser Collegia zu lesen, als zu curiren!" Diese letzte Bemerkung bezog sich auf die unglückliche Cur an dem Kriegsrath Köper, dem er sich aufgedrungen; als sich bei demselben der gewöhnliche Hautausschlag zeigte, rieth er ihm, das Baden einzustellen, im Widerspruch mit der Meinung Gvltzens und Schlauch's; in Folge davon verschlimmerte sich das Bein des

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653/451
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653/451>, abgerufen am 27.07.2024.