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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.

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Quellen, und das, welches wir aus den Denkmälern gewinnen, in einander zu
arbeiten, die über die alten Maler überlieferten Nachrichten in ähnlicher Weise
durch die Besprechung erhaltener Kunstwerke zu illustriren, wie es Overbeck
in seiner "Geschichte der griechischen Plastik" mit den Bildhauern thun konnte.
So ist es denn nur zu billige", daß Woermann den Muth gehabt hat, die
Geschichte der griechisch-römischen Malerei, wie sie sich aus deu Schriftquellen
ergiebt, von derjenigen Darstellung, wie sie nach Maßgabe der Monumente sich
gestaltet, prinzipiell von einander zu trennen. Jeder schwächliche Vermittlungs¬
versuch würde hier vom Uebel gewesen sein und zu nichts geführt haben.
Freilich ist auf diese Weise die Kalamität entstanden, daß beide Darstellungen
nun neben einander oder eigentlich hinter einander herlaufen. Aber diese
Kalamität ist nicht so groß. Denn in Wahrheit haben beide Theile doch wenig
mit einander zu thun. Die Künstlergeschichte und die Geschichte der eigent¬
lichen großen Kunst läßt sich hier nur aus den Schriftquellen schreiben, so
schattenhaft das Bild davon bei dem Mangel an aller Anschauung auch bleiben
mag; was aus den Denkmälern zu gewinnen ist, das ist die Geschichte
einzelner Zweige des Kunsthandwerkes, wie der Dekorations- und Gefäßmalerei,
die nur in Ermangelung besseren Materials die fast gänzlich fehlende An¬
schauung des ersten Theiles ersetzen müssen und bei der hohen Ausbildung, die
sie im Alterthum mehr als in jeder andern Periode der Kunstgeschichte ge¬
funden haben, recht gut auch bis zu einem gewissen Grade ersetzen können.

Nach dem Gesagten gliedert sich die Darstellung Woermann's wie vou
selbst in folgender Weise. Das erste Buch, "die Malerei im alten Orient",
behandelt in zwei Kapiteln die ägyptische, assyrische und babylonische Malerei.
Im zweiten Buche, "die Malerei des griechischen und italischen Alterthums",
erzählt der Verfasser im ersten Abschnitt zunächst die Geschichte der griechischen
und römischen Malerei nach den Schriftquellen und betrachtet sodann erst die
erhaltenen Werke. Und zwar giebt er hier eine geschichtliche Entwicklung der
griechischen Vasenmalerei, bespricht dann die Zeichnungen und Malereien,
welche in sonstigen Zweigen der Technik hervortreten: die gravirten Metall¬
arbeiten, wie Spiegel, Toilettenkästen, Disknsscheiben, die Mosaiken, die Ge¬
mälde ans Marmorplatten und die Miniaturen, und endlich schließt sich hieran
wieder ein eingehender Abschnitt über die Geschichte der etrurischen, römischen
und campanischen Wandmalerei.

Wer Woermann's umfassendes Werk über die Landschaft in der Kunst
der alten Völker (München, Ackermann, 1876) kennt, der wird von vornherein
auch von dieser Gesammtdarstellung der alten Malerei nur eine tüchtige Arbeit
erwarten. Das ist sie denn auch in jeder Beziehung geworden. Zu eigenen
Forschungen war in dein populären Werke keine Veranlassung geboten. Alles


Quellen, und das, welches wir aus den Denkmälern gewinnen, in einander zu
arbeiten, die über die alten Maler überlieferten Nachrichten in ähnlicher Weise
durch die Besprechung erhaltener Kunstwerke zu illustriren, wie es Overbeck
in seiner „Geschichte der griechischen Plastik" mit den Bildhauern thun konnte.
So ist es denn nur zu billige», daß Woermann den Muth gehabt hat, die
Geschichte der griechisch-römischen Malerei, wie sie sich aus deu Schriftquellen
ergiebt, von derjenigen Darstellung, wie sie nach Maßgabe der Monumente sich
gestaltet, prinzipiell von einander zu trennen. Jeder schwächliche Vermittlungs¬
versuch würde hier vom Uebel gewesen sein und zu nichts geführt haben.
Freilich ist auf diese Weise die Kalamität entstanden, daß beide Darstellungen
nun neben einander oder eigentlich hinter einander herlaufen. Aber diese
Kalamität ist nicht so groß. Denn in Wahrheit haben beide Theile doch wenig
mit einander zu thun. Die Künstlergeschichte und die Geschichte der eigent¬
lichen großen Kunst läßt sich hier nur aus den Schriftquellen schreiben, so
schattenhaft das Bild davon bei dem Mangel an aller Anschauung auch bleiben
mag; was aus den Denkmälern zu gewinnen ist, das ist die Geschichte
einzelner Zweige des Kunsthandwerkes, wie der Dekorations- und Gefäßmalerei,
die nur in Ermangelung besseren Materials die fast gänzlich fehlende An¬
schauung des ersten Theiles ersetzen müssen und bei der hohen Ausbildung, die
sie im Alterthum mehr als in jeder andern Periode der Kunstgeschichte ge¬
funden haben, recht gut auch bis zu einem gewissen Grade ersetzen können.

Nach dem Gesagten gliedert sich die Darstellung Woermann's wie vou
selbst in folgender Weise. Das erste Buch, „die Malerei im alten Orient",
behandelt in zwei Kapiteln die ägyptische, assyrische und babylonische Malerei.
Im zweiten Buche, „die Malerei des griechischen und italischen Alterthums",
erzählt der Verfasser im ersten Abschnitt zunächst die Geschichte der griechischen
und römischen Malerei nach den Schriftquellen und betrachtet sodann erst die
erhaltenen Werke. Und zwar giebt er hier eine geschichtliche Entwicklung der
griechischen Vasenmalerei, bespricht dann die Zeichnungen und Malereien,
welche in sonstigen Zweigen der Technik hervortreten: die gravirten Metall¬
arbeiten, wie Spiegel, Toilettenkästen, Disknsscheiben, die Mosaiken, die Ge¬
mälde ans Marmorplatten und die Miniaturen, und endlich schließt sich hieran
wieder ein eingehender Abschnitt über die Geschichte der etrurischen, römischen
und campanischen Wandmalerei.

Wer Woermann's umfassendes Werk über die Landschaft in der Kunst
der alten Völker (München, Ackermann, 1876) kennt, der wird von vornherein
auch von dieser Gesammtdarstellung der alten Malerei nur eine tüchtige Arbeit
erwarten. Das ist sie denn auch in jeder Beziehung geworden. Zu eigenen
Forschungen war in dein populären Werke keine Veranlassung geboten. Alles


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[0383] Quellen, und das, welches wir aus den Denkmälern gewinnen, in einander zu arbeiten, die über die alten Maler überlieferten Nachrichten in ähnlicher Weise durch die Besprechung erhaltener Kunstwerke zu illustriren, wie es Overbeck in seiner „Geschichte der griechischen Plastik" mit den Bildhauern thun konnte. So ist es denn nur zu billige», daß Woermann den Muth gehabt hat, die Geschichte der griechisch-römischen Malerei, wie sie sich aus deu Schriftquellen ergiebt, von derjenigen Darstellung, wie sie nach Maßgabe der Monumente sich gestaltet, prinzipiell von einander zu trennen. Jeder schwächliche Vermittlungs¬ versuch würde hier vom Uebel gewesen sein und zu nichts geführt haben. Freilich ist auf diese Weise die Kalamität entstanden, daß beide Darstellungen nun neben einander oder eigentlich hinter einander herlaufen. Aber diese Kalamität ist nicht so groß. Denn in Wahrheit haben beide Theile doch wenig mit einander zu thun. Die Künstlergeschichte und die Geschichte der eigent¬ lichen großen Kunst läßt sich hier nur aus den Schriftquellen schreiben, so schattenhaft das Bild davon bei dem Mangel an aller Anschauung auch bleiben mag; was aus den Denkmälern zu gewinnen ist, das ist die Geschichte einzelner Zweige des Kunsthandwerkes, wie der Dekorations- und Gefäßmalerei, die nur in Ermangelung besseren Materials die fast gänzlich fehlende An¬ schauung des ersten Theiles ersetzen müssen und bei der hohen Ausbildung, die sie im Alterthum mehr als in jeder andern Periode der Kunstgeschichte ge¬ funden haben, recht gut auch bis zu einem gewissen Grade ersetzen können. Nach dem Gesagten gliedert sich die Darstellung Woermann's wie vou selbst in folgender Weise. Das erste Buch, „die Malerei im alten Orient", behandelt in zwei Kapiteln die ägyptische, assyrische und babylonische Malerei. Im zweiten Buche, „die Malerei des griechischen und italischen Alterthums", erzählt der Verfasser im ersten Abschnitt zunächst die Geschichte der griechischen und römischen Malerei nach den Schriftquellen und betrachtet sodann erst die erhaltenen Werke. Und zwar giebt er hier eine geschichtliche Entwicklung der griechischen Vasenmalerei, bespricht dann die Zeichnungen und Malereien, welche in sonstigen Zweigen der Technik hervortreten: die gravirten Metall¬ arbeiten, wie Spiegel, Toilettenkästen, Disknsscheiben, die Mosaiken, die Ge¬ mälde ans Marmorplatten und die Miniaturen, und endlich schließt sich hieran wieder ein eingehender Abschnitt über die Geschichte der etrurischen, römischen und campanischen Wandmalerei. Wer Woermann's umfassendes Werk über die Landschaft in der Kunst der alten Völker (München, Ackermann, 1876) kennt, der wird von vornherein auch von dieser Gesammtdarstellung der alten Malerei nur eine tüchtige Arbeit erwarten. Das ist sie denn auch in jeder Beziehung geworden. Zu eigenen Forschungen war in dein populären Werke keine Veranlassung geboten. Alles

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653/383>, abgerufen am 27.07.2024.