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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.

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dieser Gelegenheit versammelten sich in unserm Oratorium die bei uns ein¬
quartierten Hauptleute, Fahnenträger und die andern Offiziere, sowie ein großer
Haufe gemeiner Soldaten mit ihren Frauenzimmern und ich richtete eine geist¬
liche Ansprache an sie, bei welcher ich mich so klug benahm, daß alle, obwohl
meist Lutheraner und Kalvinisten, sagten, ich habe vortrefflich, bescheiden und
nach dem Worte Gottes gesprochen. Und ich bin doch mit keinem Worte von
der katholischen Wahrheit abgewichen!"

Am 7. Oktober um 9 Uhr Abends ein Soldatenkampf untereinander wie
am 16. September.

"Am 10. Oktober kamen ans unsern auswärtigen Dörfern und Höfen
einige Boten, welche klagten, daß die schwedischen Soldaten wieder in großer
Zahl einbrechen, stehlen und rauben. Sie fahren das Getreide, gedroschenes
und ungedroschenes, weg, und was aus Maugel an Pferden nicht fortgeschafft
werden kann, werfen sie ans die Straßen und Wege. Sie treiben Schafe,
Ziegen, Ochsen und Pferde weg, nehmen Kleider und sonstige Utensilien und
behandeln überhaupt unsere Unterthanen grausamer als je zuvor. So hält
mau uns Wort, so wird das Versprechen geachtet, wonach unser und unserer
Unterthanen Eigenthum gesichert sein sollte! Und von den Dienern des Königs
ist kein Recht zu erlangen. "man fragt nit nach Mönch und Pfaffen mehr;
allein wan man Geld hergeben soll, ist's gleich diese Red, wo bleiben die
Herren Mtrss beim Creuz mit ihrer Kontribution so lang :c. ich glaub's wohl;
wer nichts mehr hat, kann nichts mehr geben :c." -- An demselben Tage drang
eine Soldateudirne, ohne daß wir etwas vorher davon gewußt hatten, in die
Convent-Clausur, während die Soldaten, wie sie's oft thun, in unserm Garten
spielten. Ich bemerkte sie zuerst und empfing sie mit heftigen Worten und
warf sie sofort -- unsere Bretter können es bezeugen -- mit Indignation
aus dem Convente hinaus. O hätte" wir bei diesen Tribulationen doch
wenigstens in unserem Convente Ruhe! Aber diese Sorte von Menschen
wagt alles was sie will, es gilt jetzt dieser alte Reim "yuoä übst, Hofe.""

"Am 11. Oktober zogen unsere sämmtlichen Soldaten ab; die Akatholischen
agitiren aber schon, daß uns 100 neue, und zwar diesmal Reiter, eingelegt
werden. Die Sache ist noch in der Schwebe. "Behüt uns der liebe Got und
und Gotes Muter vor diesen Leuten." Am 26. schickte" wir einige Wagen
mit einer schwedischen Wache hinaus nach Adelsried, einem dem Kloster ge¬
hörigen Dorfe bei Zusmarshausen, um Holz zu holen, und ließen bei der
Rückfahrt unter den Borzen ein Faß Wein verstecken und heimlich hereinbrin¬
gen. Nur unser Vogt und zwei oder drei Treue wußten davon. "Haben
also das Umbgelt erspart, welliches, gegen alle Gerechtigkeit, alle Geistliche,
gleich den Bürgern zu erlegen gezwungen werden." -- Am 29. Oktober kam


dieser Gelegenheit versammelten sich in unserm Oratorium die bei uns ein¬
quartierten Hauptleute, Fahnenträger und die andern Offiziere, sowie ein großer
Haufe gemeiner Soldaten mit ihren Frauenzimmern und ich richtete eine geist¬
liche Ansprache an sie, bei welcher ich mich so klug benahm, daß alle, obwohl
meist Lutheraner und Kalvinisten, sagten, ich habe vortrefflich, bescheiden und
nach dem Worte Gottes gesprochen. Und ich bin doch mit keinem Worte von
der katholischen Wahrheit abgewichen!"

Am 7. Oktober um 9 Uhr Abends ein Soldatenkampf untereinander wie
am 16. September.

„Am 10. Oktober kamen ans unsern auswärtigen Dörfern und Höfen
einige Boten, welche klagten, daß die schwedischen Soldaten wieder in großer
Zahl einbrechen, stehlen und rauben. Sie fahren das Getreide, gedroschenes
und ungedroschenes, weg, und was aus Maugel an Pferden nicht fortgeschafft
werden kann, werfen sie ans die Straßen und Wege. Sie treiben Schafe,
Ziegen, Ochsen und Pferde weg, nehmen Kleider und sonstige Utensilien und
behandeln überhaupt unsere Unterthanen grausamer als je zuvor. So hält
mau uns Wort, so wird das Versprechen geachtet, wonach unser und unserer
Unterthanen Eigenthum gesichert sein sollte! Und von den Dienern des Königs
ist kein Recht zu erlangen. „man fragt nit nach Mönch und Pfaffen mehr;
allein wan man Geld hergeben soll, ist's gleich diese Red, wo bleiben die
Herren Mtrss beim Creuz mit ihrer Kontribution so lang :c. ich glaub's wohl;
wer nichts mehr hat, kann nichts mehr geben :c." — An demselben Tage drang
eine Soldateudirne, ohne daß wir etwas vorher davon gewußt hatten, in die
Convent-Clausur, während die Soldaten, wie sie's oft thun, in unserm Garten
spielten. Ich bemerkte sie zuerst und empfing sie mit heftigen Worten und
warf sie sofort — unsere Bretter können es bezeugen — mit Indignation
aus dem Convente hinaus. O hätte» wir bei diesen Tribulationen doch
wenigstens in unserem Convente Ruhe! Aber diese Sorte von Menschen
wagt alles was sie will, es gilt jetzt dieser alte Reim „yuoä übst, Hofe.""

„Am 11. Oktober zogen unsere sämmtlichen Soldaten ab; die Akatholischen
agitiren aber schon, daß uns 100 neue, und zwar diesmal Reiter, eingelegt
werden. Die Sache ist noch in der Schwebe. „Behüt uns der liebe Got und
und Gotes Muter vor diesen Leuten." Am 26. schickte» wir einige Wagen
mit einer schwedischen Wache hinaus nach Adelsried, einem dem Kloster ge¬
hörigen Dorfe bei Zusmarshausen, um Holz zu holen, und ließen bei der
Rückfahrt unter den Borzen ein Faß Wein verstecken und heimlich hereinbrin¬
gen. Nur unser Vogt und zwei oder drei Treue wußten davon. „Haben
also das Umbgelt erspart, welliches, gegen alle Gerechtigkeit, alle Geistliche,
gleich den Bürgern zu erlegen gezwungen werden." — Am 29. Oktober kam


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[0377] dieser Gelegenheit versammelten sich in unserm Oratorium die bei uns ein¬ quartierten Hauptleute, Fahnenträger und die andern Offiziere, sowie ein großer Haufe gemeiner Soldaten mit ihren Frauenzimmern und ich richtete eine geist¬ liche Ansprache an sie, bei welcher ich mich so klug benahm, daß alle, obwohl meist Lutheraner und Kalvinisten, sagten, ich habe vortrefflich, bescheiden und nach dem Worte Gottes gesprochen. Und ich bin doch mit keinem Worte von der katholischen Wahrheit abgewichen!" Am 7. Oktober um 9 Uhr Abends ein Soldatenkampf untereinander wie am 16. September. „Am 10. Oktober kamen ans unsern auswärtigen Dörfern und Höfen einige Boten, welche klagten, daß die schwedischen Soldaten wieder in großer Zahl einbrechen, stehlen und rauben. Sie fahren das Getreide, gedroschenes und ungedroschenes, weg, und was aus Maugel an Pferden nicht fortgeschafft werden kann, werfen sie ans die Straßen und Wege. Sie treiben Schafe, Ziegen, Ochsen und Pferde weg, nehmen Kleider und sonstige Utensilien und behandeln überhaupt unsere Unterthanen grausamer als je zuvor. So hält mau uns Wort, so wird das Versprechen geachtet, wonach unser und unserer Unterthanen Eigenthum gesichert sein sollte! Und von den Dienern des Königs ist kein Recht zu erlangen. „man fragt nit nach Mönch und Pfaffen mehr; allein wan man Geld hergeben soll, ist's gleich diese Red, wo bleiben die Herren Mtrss beim Creuz mit ihrer Kontribution so lang :c. ich glaub's wohl; wer nichts mehr hat, kann nichts mehr geben :c." — An demselben Tage drang eine Soldateudirne, ohne daß wir etwas vorher davon gewußt hatten, in die Convent-Clausur, während die Soldaten, wie sie's oft thun, in unserm Garten spielten. Ich bemerkte sie zuerst und empfing sie mit heftigen Worten und warf sie sofort — unsere Bretter können es bezeugen — mit Indignation aus dem Convente hinaus. O hätte» wir bei diesen Tribulationen doch wenigstens in unserem Convente Ruhe! Aber diese Sorte von Menschen wagt alles was sie will, es gilt jetzt dieser alte Reim „yuoä übst, Hofe."" „Am 11. Oktober zogen unsere sämmtlichen Soldaten ab; die Akatholischen agitiren aber schon, daß uns 100 neue, und zwar diesmal Reiter, eingelegt werden. Die Sache ist noch in der Schwebe. „Behüt uns der liebe Got und und Gotes Muter vor diesen Leuten." Am 26. schickte» wir einige Wagen mit einer schwedischen Wache hinaus nach Adelsried, einem dem Kloster ge¬ hörigen Dorfe bei Zusmarshausen, um Holz zu holen, und ließen bei der Rückfahrt unter den Borzen ein Faß Wein verstecken und heimlich hereinbrin¬ gen. Nur unser Vogt und zwei oder drei Treue wußten davon. „Haben also das Umbgelt erspart, welliches, gegen alle Gerechtigkeit, alle Geistliche, gleich den Bürgern zu erlegen gezwungen werden." — Am 29. Oktober kam

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653/377>, abgerufen am 01.09.2024.