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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.

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Emmenhciusen und Bronnen (beide in der Nähe von Kaufbenern gelegen) sind
von ,dem durchlauchtigsten Könige Gustav Adolf einem Nürnberger Herren,
Joh. G. Forstenhäuser (einem Schwager des vorhingenannten Phil, Hainhofer
und später Rathkonsnlenten der Stadt Augsburg) geschenkt und die Exekution
dem erlauchten Herrn von Liebenstein aufgetragen worden, und wir mußten
sämmtliche auf diese Güter bezüglichen Urkunden und Dokumente hergeben.
So hält man jenes Versprechen, wonach unsere Religion, unser Glaube und
unsere weltlichen Güter geschützt sein sollten! -- Tags darauf wurde unser
Vogt von Emmenhausen vor den Herrn Obersten von Liebenstein zitirt um
beeidigt zu werden, wozu er sich auch, jedoch mit Protest verstand. -- Den
folgenden Tag zwischen 12 und 1 Uhr ging unser ganzes Dorf Bronnen mit
Ausnahme eines einzigen Hauses durch eine Feuersbrunst zu Grunde. Anstifter
war ein schwedischer Soldat, der diese Unthat ohne irgend welche Schuld unserer
dortigen Unterthanen beging. Er wurde jedoch gleich mit einigen seiner
Helfershelfer erwischt und soll als Gefangener nach Augsburg gebracht werden.--
Unser Dorf Bachem in Bayern wurde kürzlich von der schwedischen Soldateska
ausgeraubt und geplündert, unsere Vogtei erbrochen, die Fenster zerschlagen,
Thüren und Kisten mit Beilen geöffnet, und alle Geräthschaften zerbrochen
oder weggenommen. Die Schwester des hochwürdigen Paters unseres dortigen
Dekans wurde mit einem Strick um den Hals zum Gespött herumgeführt uno
dann niedergehauen. -- Wir haben zwar in jedem unserer Dörfer auf An¬
ordnung der schwedischen Anführer eine Schutzwache, doch nützt das wenig
oder nichts. Wir zahlen dem Reiter in Emmenhausen außer der Kost täglich
l si. 3 Kr., ein zweiter in Bachem erhält wöchentlich 3 si. und ebenso viel
die andern. Nichtsdestoweniger thun die Soldaten was sie wollen und wir
können keine Abhilfe erlangen. -- Der Herr Hauptmann Kaspar Werner, der
uns vor einigen Wochen eine Stute mit einem Füllen geschenkt hatte, obschon
nicht ohne seine Zinsen davon zu nehmen, kam am 10. Juli in lichtem Zorn zu
uns, und drang unter Drohungen mit gezogenem Schwert auf deu P. Prokurator
ein; doch gelang es uns mit sanftmüthigen Worten den Wüthenden zu be¬
schwichtigen. Noch schlimmer führte sich am 12. Juli der Herr Hauptmann
Weiler auf. Derselbe zückte im Trunke das Schwert gegen den P. Prokurator
und belegte denselben mit schimpflichen Namen: "Sakramentspfaff, dn Schelmen-
Pfaff, ich bin jetzt Prälat, nit Du :e. ich will nicht von Dir eingesperrt werden;
alle Thüren müssen offen stehen, oder ich sprenge sie selbsten ein." Mit solchen
Titeln pflegen wir von jenen, denen wir wohlthun, belegt zu werden!"

"13. Juli. Die akatholischen Zechpfleger verlangten, daß wir aus unserer
Kirche, (die, wie schon gemeldet den Protestanten übergeben worden war), die
heiligen Bilder vom Oelberg, die Kreuztragung Christi und seiner Grablegung


Grenzboten II. 187S. 47

Emmenhciusen und Bronnen (beide in der Nähe von Kaufbenern gelegen) sind
von ,dem durchlauchtigsten Könige Gustav Adolf einem Nürnberger Herren,
Joh. G. Forstenhäuser (einem Schwager des vorhingenannten Phil, Hainhofer
und später Rathkonsnlenten der Stadt Augsburg) geschenkt und die Exekution
dem erlauchten Herrn von Liebenstein aufgetragen worden, und wir mußten
sämmtliche auf diese Güter bezüglichen Urkunden und Dokumente hergeben.
So hält man jenes Versprechen, wonach unsere Religion, unser Glaube und
unsere weltlichen Güter geschützt sein sollten! — Tags darauf wurde unser
Vogt von Emmenhausen vor den Herrn Obersten von Liebenstein zitirt um
beeidigt zu werden, wozu er sich auch, jedoch mit Protest verstand. — Den
folgenden Tag zwischen 12 und 1 Uhr ging unser ganzes Dorf Bronnen mit
Ausnahme eines einzigen Hauses durch eine Feuersbrunst zu Grunde. Anstifter
war ein schwedischer Soldat, der diese Unthat ohne irgend welche Schuld unserer
dortigen Unterthanen beging. Er wurde jedoch gleich mit einigen seiner
Helfershelfer erwischt und soll als Gefangener nach Augsburg gebracht werden.—
Unser Dorf Bachem in Bayern wurde kürzlich von der schwedischen Soldateska
ausgeraubt und geplündert, unsere Vogtei erbrochen, die Fenster zerschlagen,
Thüren und Kisten mit Beilen geöffnet, und alle Geräthschaften zerbrochen
oder weggenommen. Die Schwester des hochwürdigen Paters unseres dortigen
Dekans wurde mit einem Strick um den Hals zum Gespött herumgeführt uno
dann niedergehauen. — Wir haben zwar in jedem unserer Dörfer auf An¬
ordnung der schwedischen Anführer eine Schutzwache, doch nützt das wenig
oder nichts. Wir zahlen dem Reiter in Emmenhausen außer der Kost täglich
l si. 3 Kr., ein zweiter in Bachem erhält wöchentlich 3 si. und ebenso viel
die andern. Nichtsdestoweniger thun die Soldaten was sie wollen und wir
können keine Abhilfe erlangen. — Der Herr Hauptmann Kaspar Werner, der
uns vor einigen Wochen eine Stute mit einem Füllen geschenkt hatte, obschon
nicht ohne seine Zinsen davon zu nehmen, kam am 10. Juli in lichtem Zorn zu
uns, und drang unter Drohungen mit gezogenem Schwert auf deu P. Prokurator
ein; doch gelang es uns mit sanftmüthigen Worten den Wüthenden zu be¬
schwichtigen. Noch schlimmer führte sich am 12. Juli der Herr Hauptmann
Weiler auf. Derselbe zückte im Trunke das Schwert gegen den P. Prokurator
und belegte denselben mit schimpflichen Namen: „Sakramentspfaff, dn Schelmen-
Pfaff, ich bin jetzt Prälat, nit Du :e. ich will nicht von Dir eingesperrt werden;
alle Thüren müssen offen stehen, oder ich sprenge sie selbsten ein." Mit solchen
Titeln pflegen wir von jenen, denen wir wohlthun, belegt zu werden!"

„13. Juli. Die akatholischen Zechpfleger verlangten, daß wir aus unserer
Kirche, (die, wie schon gemeldet den Protestanten übergeben worden war), die
heiligen Bilder vom Oelberg, die Kreuztragung Christi und seiner Grablegung


Grenzboten II. 187S. 47
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[0373] Emmenhciusen und Bronnen (beide in der Nähe von Kaufbenern gelegen) sind von ,dem durchlauchtigsten Könige Gustav Adolf einem Nürnberger Herren, Joh. G. Forstenhäuser (einem Schwager des vorhingenannten Phil, Hainhofer und später Rathkonsnlenten der Stadt Augsburg) geschenkt und die Exekution dem erlauchten Herrn von Liebenstein aufgetragen worden, und wir mußten sämmtliche auf diese Güter bezüglichen Urkunden und Dokumente hergeben. So hält man jenes Versprechen, wonach unsere Religion, unser Glaube und unsere weltlichen Güter geschützt sein sollten! — Tags darauf wurde unser Vogt von Emmenhausen vor den Herrn Obersten von Liebenstein zitirt um beeidigt zu werden, wozu er sich auch, jedoch mit Protest verstand. — Den folgenden Tag zwischen 12 und 1 Uhr ging unser ganzes Dorf Bronnen mit Ausnahme eines einzigen Hauses durch eine Feuersbrunst zu Grunde. Anstifter war ein schwedischer Soldat, der diese Unthat ohne irgend welche Schuld unserer dortigen Unterthanen beging. Er wurde jedoch gleich mit einigen seiner Helfershelfer erwischt und soll als Gefangener nach Augsburg gebracht werden.— Unser Dorf Bachem in Bayern wurde kürzlich von der schwedischen Soldateska ausgeraubt und geplündert, unsere Vogtei erbrochen, die Fenster zerschlagen, Thüren und Kisten mit Beilen geöffnet, und alle Geräthschaften zerbrochen oder weggenommen. Die Schwester des hochwürdigen Paters unseres dortigen Dekans wurde mit einem Strick um den Hals zum Gespött herumgeführt uno dann niedergehauen. — Wir haben zwar in jedem unserer Dörfer auf An¬ ordnung der schwedischen Anführer eine Schutzwache, doch nützt das wenig oder nichts. Wir zahlen dem Reiter in Emmenhausen außer der Kost täglich l si. 3 Kr., ein zweiter in Bachem erhält wöchentlich 3 si. und ebenso viel die andern. Nichtsdestoweniger thun die Soldaten was sie wollen und wir können keine Abhilfe erlangen. — Der Herr Hauptmann Kaspar Werner, der uns vor einigen Wochen eine Stute mit einem Füllen geschenkt hatte, obschon nicht ohne seine Zinsen davon zu nehmen, kam am 10. Juli in lichtem Zorn zu uns, und drang unter Drohungen mit gezogenem Schwert auf deu P. Prokurator ein; doch gelang es uns mit sanftmüthigen Worten den Wüthenden zu be¬ schwichtigen. Noch schlimmer führte sich am 12. Juli der Herr Hauptmann Weiler auf. Derselbe zückte im Trunke das Schwert gegen den P. Prokurator und belegte denselben mit schimpflichen Namen: „Sakramentspfaff, dn Schelmen- Pfaff, ich bin jetzt Prälat, nit Du :e. ich will nicht von Dir eingesperrt werden; alle Thüren müssen offen stehen, oder ich sprenge sie selbsten ein." Mit solchen Titeln pflegen wir von jenen, denen wir wohlthun, belegt zu werden!" „13. Juli. Die akatholischen Zechpfleger verlangten, daß wir aus unserer Kirche, (die, wie schon gemeldet den Protestanten übergeben worden war), die heiligen Bilder vom Oelberg, die Kreuztragung Christi und seiner Grablegung Grenzboten II. 187S. 47

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653/373>, abgerufen am 27.07.2024.