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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.

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kussionsfähig. Allein versucht man, die nothwendigen sozialen Folgen des
Monopols zu skizziren, so entsteht ein Bild grau in grau ohne auch nur den
leisesten Lichtstrahl. Verhältnißmäßig am glimpflichsten käme noch der Tabaks¬
ban fort. Er stände unter einer tyrannischen Kontrole; die Pflanzer müßten
jedes Jahr um die Erlaubniß einkommen, Tabak zu bauen; vom ersten Mo¬
mente der Saat bis zum letzten Momente der Ernte blieben sie unter rigoro¬
sester Ueberwachung. Dafür fördert der Staat allerdings den Tabaksbau, so weit
er ihn gestattet, in aller möglichen Weise; auch wird er immer besser zahlen,
als der private Unternehmer. Diese Umstände würden dem landwirtschaft¬
lichen Kleinbetriebe, der in der deutschen Tabaksknltur überwiegt, aber als solcher
nur selten die Konjunkturen des Marktes auszubeuten vermag und leicht in
die Hände wucherischer Spekulanten fällt, die peinliche Kontrole vielleicht er¬
träglich machen. Allein so ganz ungerupft käme auch der Tabaksbau nicht
davon. Sollen die Ueberwachungskosten nicht eine unerschwingliche Höhe er¬
reichen, so muß die Kultur in besonders geeignete Gegenden konzentrirt werden;
Frankreich gestattet sie nur in 16 Departements, von denen jedes mindestens
100000 Kilogramm kaufmannsgute Blätter liefert; in Deutschland würde sie
unter gleichen Voraussetzungen ans vielen Landstrichen ganz verschwinden
müssen. Auch mag sich der Pflanzer vorsehen, daß er ein nicht so wol an
sich gutes, als den Expertenkommissionen der Regie zusagendes Produkt liefert;
andernfalls wird seine Ernte ohne Gnade vernichtet und er hat seine Arbeit
umsonst geopfert; in dem einen Jahre 1864 wanderte in Frankreich nach Creize-
nach fast eine halbe Million Kilogramm an Tabaksblättern in den Ofen.
Treffend ist die prekäre Lage selbst schon des Tabaksbaues unter dem Mono¬
pole von einem französischen Präfekten in folgenden Worten gezeichnet: "Tabak
zu bauen hat hat Niemand ein Recht, der Tabaksbau ist vielmehr nur eine
mit schweren Opfern verbundene Vergünstigung, eine Gnade, welche ein Gegner
der Regierung nicht erwarten darf."

Dieser zweifelhaften Aussichten ist die Tabaksindustrie nun freilich ledig;
sie erlischt in ihrer privaten Form einfach mit dem Monopole. Es kommen
dabei drei Klassen! industriell thätiger Personen in Betracht: die größeren Fa¬
brikanten, die Hausindustrie und der Kleinbetrieb, endlich die Lohnarbeiter. Die
vorhandenen Bestände an Rohstoff und Fabrikaten würde nun allerdings die
Regie baar einlösen müssen, aber damit ist der entstehende Schaden nicht ge¬
deckt. Die für die Tabaksfabrikation eingerichteten Räume, Maschinen, Utensilien
u. s. w. würden von der Großproduktion des Monopols gar nicht oder doch nur
ausnahmsweise übernommen werden können; dazu kommt der entfallende Unter¬
nehmergewinn, der Verlust der Erwerbsfähigkeit und -Möglichkeit in diesem
besondern Zweige gewerblicher Thätigkeit :c. Privatrechtliche Ansprüche auf


kussionsfähig. Allein versucht man, die nothwendigen sozialen Folgen des
Monopols zu skizziren, so entsteht ein Bild grau in grau ohne auch nur den
leisesten Lichtstrahl. Verhältnißmäßig am glimpflichsten käme noch der Tabaks¬
ban fort. Er stände unter einer tyrannischen Kontrole; die Pflanzer müßten
jedes Jahr um die Erlaubniß einkommen, Tabak zu bauen; vom ersten Mo¬
mente der Saat bis zum letzten Momente der Ernte blieben sie unter rigoro¬
sester Ueberwachung. Dafür fördert der Staat allerdings den Tabaksbau, so weit
er ihn gestattet, in aller möglichen Weise; auch wird er immer besser zahlen,
als der private Unternehmer. Diese Umstände würden dem landwirtschaft¬
lichen Kleinbetriebe, der in der deutschen Tabaksknltur überwiegt, aber als solcher
nur selten die Konjunkturen des Marktes auszubeuten vermag und leicht in
die Hände wucherischer Spekulanten fällt, die peinliche Kontrole vielleicht er¬
träglich machen. Allein so ganz ungerupft käme auch der Tabaksbau nicht
davon. Sollen die Ueberwachungskosten nicht eine unerschwingliche Höhe er¬
reichen, so muß die Kultur in besonders geeignete Gegenden konzentrirt werden;
Frankreich gestattet sie nur in 16 Departements, von denen jedes mindestens
100000 Kilogramm kaufmannsgute Blätter liefert; in Deutschland würde sie
unter gleichen Voraussetzungen ans vielen Landstrichen ganz verschwinden
müssen. Auch mag sich der Pflanzer vorsehen, daß er ein nicht so wol an
sich gutes, als den Expertenkommissionen der Regie zusagendes Produkt liefert;
andernfalls wird seine Ernte ohne Gnade vernichtet und er hat seine Arbeit
umsonst geopfert; in dem einen Jahre 1864 wanderte in Frankreich nach Creize-
nach fast eine halbe Million Kilogramm an Tabaksblättern in den Ofen.
Treffend ist die prekäre Lage selbst schon des Tabaksbaues unter dem Mono¬
pole von einem französischen Präfekten in folgenden Worten gezeichnet: „Tabak
zu bauen hat hat Niemand ein Recht, der Tabaksbau ist vielmehr nur eine
mit schweren Opfern verbundene Vergünstigung, eine Gnade, welche ein Gegner
der Regierung nicht erwarten darf."

Dieser zweifelhaften Aussichten ist die Tabaksindustrie nun freilich ledig;
sie erlischt in ihrer privaten Form einfach mit dem Monopole. Es kommen
dabei drei Klassen! industriell thätiger Personen in Betracht: die größeren Fa¬
brikanten, die Hausindustrie und der Kleinbetrieb, endlich die Lohnarbeiter. Die
vorhandenen Bestände an Rohstoff und Fabrikaten würde nun allerdings die
Regie baar einlösen müssen, aber damit ist der entstehende Schaden nicht ge¬
deckt. Die für die Tabaksfabrikation eingerichteten Räume, Maschinen, Utensilien
u. s. w. würden von der Großproduktion des Monopols gar nicht oder doch nur
ausnahmsweise übernommen werden können; dazu kommt der entfallende Unter¬
nehmergewinn, der Verlust der Erwerbsfähigkeit und -Möglichkeit in diesem
besondern Zweige gewerblicher Thätigkeit :c. Privatrechtliche Ansprüche auf


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653/300>, abgerufen am 01.09.2024.