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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.

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und vom Pcidischah kam der Befehl, man solle ihn nicht erdrosseln: doch was
nützte es? -- Man lud seinen Leichnam auf eiuen Wagen und führte ihn weg
und legte ihn außerhalb seiner Moschee nieder. In jener Nacht versammelten
sich dort seiue Diener und wachten bei ihm. Als es aber Morgen wurde,
kam das ganze Volk zusammen und als sie Mahmud Pascha in diesem Zustande
sahen, fingen sie an zu jammern und zu klagen, und waren tief betrübt, daß
der edle Leib des Mahmud Pascha durch Verleumdung zu solchem Tod gebracht
war, und sprachen: "Daß auch sein Leichnam solche Mißachtung erfährt, ziemt
es sich?" -- Da begab sich Sultan Mehmet, indem er vor seinen Vertrauten
in aller Weise seine Neue aussprach, nach der Stelle, wo der Leichnam Mahmud
Pascha's lag, und als er auf der Straße eine Menge von Menschen versammelt
fand, die so viel wehklagten und jammerten, daß es kein Ende nehmen wollte,
und nach der Ursache fragte, antwortete man ihm: "Mein Padischcih, man hat
den Leichnam des Mahmud Pascha auf der Straße gelassen, darüber ist das
Volk zusammengelaufen, das ist die Ursache." Da ward der Padischah zornig
und sagte: "Ich hatte Befehl gegeben, daß man den Leichnam in der Vorhalle
der Moschee niederlegen solle, warum hat man ihn an diesen Platz gelegt?" --
So sprach er voll Zorn und hielt sein Tüchlein vors Gesicht, und weinte un¬
aussprechlich viel, und sagte: "Mahmud, ich habe Dir nicht Böses gethan, ich
habe Dich zum Sultan der andern Welt gemacht, v wenn ich an Deiner Stelle
wäre, und Dein Theil ich gefunden hätte!" -- Als er so geredet und viele
Thränen vergossen, riß man eine Mauer der Moschee nieder, und begrub ihn
allda, noch jetzt ist dort sein Grab.

Darauf wurde Chodscha Ibrahim Pascha wieder erster Vezir. Da sprach
der Padischah eines Tages zu Chodschah Ibrahim Pascha: "Caia, baue mir
einen Thurm, ich habe ihn nöthig um darin in die Einsamkeit mich zurück zu
Ziehen, doch außer der Thür soll keine andere Oeffnung darinnen sein." So
sprach und befahl er, und in dreien Tagen machte man ihm den Thurm fertig

Aber in Stambul trug es sich zu, daß eines Tages der Padischah zu
seinem Großvezir sagte: "Caia, wenn ein Sklave zu treulosen Verrath seinem
Herrn Lügen vorbringt, was soll die Strafe dieses Sklaven sein?" -- Ibrahim
Pascha antwortete: "Seine Strafe soll sein, daß Du ihn ins Gefängniß werscht
und alda zu Tode bringest," und sprach sich damit sein eigenes Urtheil. Da
sagte Sultan Mehmet zu Chodscha Ibrahim Pascha: "O Ungläubiger, Du
hast Dir selbst Dein Urtheil gesprochen, Du hast Mahmud Pascha auf unge¬
rechte Weise zu Tode gebracht;" und warf ihn in den Thurm, den er hatte
bauen lassen, und schloß die Thür zu, und hielt ihn allda im Gefängniß. Und
da starb er.




und vom Pcidischah kam der Befehl, man solle ihn nicht erdrosseln: doch was
nützte es? — Man lud seinen Leichnam auf eiuen Wagen und führte ihn weg
und legte ihn außerhalb seiner Moschee nieder. In jener Nacht versammelten
sich dort seiue Diener und wachten bei ihm. Als es aber Morgen wurde,
kam das ganze Volk zusammen und als sie Mahmud Pascha in diesem Zustande
sahen, fingen sie an zu jammern und zu klagen, und waren tief betrübt, daß
der edle Leib des Mahmud Pascha durch Verleumdung zu solchem Tod gebracht
war, und sprachen: „Daß auch sein Leichnam solche Mißachtung erfährt, ziemt
es sich?" — Da begab sich Sultan Mehmet, indem er vor seinen Vertrauten
in aller Weise seine Neue aussprach, nach der Stelle, wo der Leichnam Mahmud
Pascha's lag, und als er auf der Straße eine Menge von Menschen versammelt
fand, die so viel wehklagten und jammerten, daß es kein Ende nehmen wollte,
und nach der Ursache fragte, antwortete man ihm: „Mein Padischcih, man hat
den Leichnam des Mahmud Pascha auf der Straße gelassen, darüber ist das
Volk zusammengelaufen, das ist die Ursache." Da ward der Padischah zornig
und sagte: „Ich hatte Befehl gegeben, daß man den Leichnam in der Vorhalle
der Moschee niederlegen solle, warum hat man ihn an diesen Platz gelegt?" —
So sprach er voll Zorn und hielt sein Tüchlein vors Gesicht, und weinte un¬
aussprechlich viel, und sagte: „Mahmud, ich habe Dir nicht Böses gethan, ich
habe Dich zum Sultan der andern Welt gemacht, v wenn ich an Deiner Stelle
wäre, und Dein Theil ich gefunden hätte!" — Als er so geredet und viele
Thränen vergossen, riß man eine Mauer der Moschee nieder, und begrub ihn
allda, noch jetzt ist dort sein Grab.

Darauf wurde Chodscha Ibrahim Pascha wieder erster Vezir. Da sprach
der Padischah eines Tages zu Chodschah Ibrahim Pascha: „Caia, baue mir
einen Thurm, ich habe ihn nöthig um darin in die Einsamkeit mich zurück zu
Ziehen, doch außer der Thür soll keine andere Oeffnung darinnen sein." So
sprach und befahl er, und in dreien Tagen machte man ihm den Thurm fertig

Aber in Stambul trug es sich zu, daß eines Tages der Padischah zu
seinem Großvezir sagte: „Caia, wenn ein Sklave zu treulosen Verrath seinem
Herrn Lügen vorbringt, was soll die Strafe dieses Sklaven sein?" — Ibrahim
Pascha antwortete: „Seine Strafe soll sein, daß Du ihn ins Gefängniß werscht
und alda zu Tode bringest," und sprach sich damit sein eigenes Urtheil. Da
sagte Sultan Mehmet zu Chodscha Ibrahim Pascha: „O Ungläubiger, Du
hast Dir selbst Dein Urtheil gesprochen, Du hast Mahmud Pascha auf unge¬
rechte Weise zu Tode gebracht;" und warf ihn in den Thurm, den er hatte
bauen lassen, und schloß die Thür zu, und hielt ihn allda im Gefängniß. Und
da starb er.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653/243>, abgerufen am 09.11.2024.