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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.

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Worden? Der Satz, den Treitschke im "Socialismus und seine Gönner" wirk¬
lich geschrieben hat, lautet vielmehr wörtlich so: "Freie Geister suchen den
Werth des Geldes darin, daß man sich wenig darum zu kümmern braucht."
Der Unterschied des ersten von dem gefälschten Satze springt in die Augen.
Der echte Satz Treitschke's sucht den "idealen Werth des Besitzes" zu
verdeutlichen. Er bietet eine Nüance jenes andern Gedankens, den Treitschke
an einer andern Stelle seiner Aufsätze über den "Socialismus und seine Gönner"
durch die herrliche Anekdote ausdrückt, daß der Freiherr vom Stein, als ihm
zum ersten Mal sein Gehalt aus der preußischen Staatskasse geschickt wurde,
die Geldrollen zur Erde geworfen und vor Zorn geweint habe!

Herr Dr. Worthmcmn dagegen, "der es weder für klug noch gerecht hält,
nur die Fehler des Gegners zu kennen, und dieses Treiben der Most und Ge¬
nossen, so widerwärtig wie lächerlich" nennt, -- Herr Dr. Worthmann macht
sich die Sache bequemer. Er citirt einen Satz, den Treitschke nie geschrieben
hat, der gefälscht ist -- natürlich nicht von Herrn Dr. Worthmann, sondern
von einem Unbekannten, -- der behauptet, Treitschke habe gesagt, der freie Geist
sei "immer froh, wenn er sich um das Geld nicht zu kümmern braucht." --
Und ans diese Fälschung gründet Herr Worthmann seine schiefen Folgerungen,
daß Treitschke das Geld gering achtet, die "schweren und hohen Pflichten ge¬
ring schätzt, die das Geld auferlegt" u. f. w. Einige Seiten weiter -- ans
derselben Seite 6, wo Herr Dr. Worthmann einen von Alfred Dove geschriebenen
Aufsatz Richard Dove zuschiebt, und aus der Fülle seiner eigenen conversations-
lexicalischen Erfahrungen uns darüber belehrt, was es heißt, wenn ein Kameel durch
ein Nadelöhr gehen muß -- gibt Herr Dr. Worthmann indessen auch zu erkennen,
daß er selbst sich trefflich darauf versteht, mit den Gedanken Andrer willkürlich umzu¬
springen. Hier lautet nämlich der Treitschke'sche Satz wieder anders. Hiernach
soll nämlich Treitschke "als des freien Geistes Weisheit (!) verkündet haben" (S. 6).
daß er "am liebsten um das sich Geld nicht kümmern mag! Der wissent¬
liche Entsteller ist hier nicht mehr der große Unbekannte, sondern Herr Ferd.
Worthmann selbst. Und jeder rechtschaffene Mann in Deutschland wird infolgedessen
den Herrn Dr. der Staatswirthschaft ersuchen, seine Folgerungen sür sich zu behalten,
bis er sich dazu herbeiläßt, die Worte Anderer richtig zu citiren. Daß Herr Dr.
Worthmann möglicherweise eine andre Art von Achtung und eine weniger
Platonische Liebe für das Geld besitzt, als Heinrich von Treitschke, soll ja
außerdem gar nicht bestritten werden. Aber wenn Herr Worthmann auf Grund
seiner Entstellung behauptet: "Treitschke denkt und fühlt noch wie der Land¬
edelmann der guten alten Zeit: er mag mit dem Gelde nichts zu schaffen
haben" -- so beweist Herr Worthmann uns von neuem, daß er sich gar nicht
die Mühe genommen hat, zu lesen was er beurtheilt.


Worden? Der Satz, den Treitschke im „Socialismus und seine Gönner" wirk¬
lich geschrieben hat, lautet vielmehr wörtlich so: „Freie Geister suchen den
Werth des Geldes darin, daß man sich wenig darum zu kümmern braucht."
Der Unterschied des ersten von dem gefälschten Satze springt in die Augen.
Der echte Satz Treitschke's sucht den „idealen Werth des Besitzes" zu
verdeutlichen. Er bietet eine Nüance jenes andern Gedankens, den Treitschke
an einer andern Stelle seiner Aufsätze über den „Socialismus und seine Gönner"
durch die herrliche Anekdote ausdrückt, daß der Freiherr vom Stein, als ihm
zum ersten Mal sein Gehalt aus der preußischen Staatskasse geschickt wurde,
die Geldrollen zur Erde geworfen und vor Zorn geweint habe!

Herr Dr. Worthmcmn dagegen, „der es weder für klug noch gerecht hält,
nur die Fehler des Gegners zu kennen, und dieses Treiben der Most und Ge¬
nossen, so widerwärtig wie lächerlich" nennt, — Herr Dr. Worthmann macht
sich die Sache bequemer. Er citirt einen Satz, den Treitschke nie geschrieben
hat, der gefälscht ist — natürlich nicht von Herrn Dr. Worthmann, sondern
von einem Unbekannten, — der behauptet, Treitschke habe gesagt, der freie Geist
sei „immer froh, wenn er sich um das Geld nicht zu kümmern braucht." —
Und ans diese Fälschung gründet Herr Worthmann seine schiefen Folgerungen,
daß Treitschke das Geld gering achtet, die „schweren und hohen Pflichten ge¬
ring schätzt, die das Geld auferlegt" u. f. w. Einige Seiten weiter — ans
derselben Seite 6, wo Herr Dr. Worthmann einen von Alfred Dove geschriebenen
Aufsatz Richard Dove zuschiebt, und aus der Fülle seiner eigenen conversations-
lexicalischen Erfahrungen uns darüber belehrt, was es heißt, wenn ein Kameel durch
ein Nadelöhr gehen muß — gibt Herr Dr. Worthmann indessen auch zu erkennen,
daß er selbst sich trefflich darauf versteht, mit den Gedanken Andrer willkürlich umzu¬
springen. Hier lautet nämlich der Treitschke'sche Satz wieder anders. Hiernach
soll nämlich Treitschke „als des freien Geistes Weisheit (!) verkündet haben" (S. 6).
daß er „am liebsten um das sich Geld nicht kümmern mag! Der wissent¬
liche Entsteller ist hier nicht mehr der große Unbekannte, sondern Herr Ferd.
Worthmann selbst. Und jeder rechtschaffene Mann in Deutschland wird infolgedessen
den Herrn Dr. der Staatswirthschaft ersuchen, seine Folgerungen sür sich zu behalten,
bis er sich dazu herbeiläßt, die Worte Anderer richtig zu citiren. Daß Herr Dr.
Worthmann möglicherweise eine andre Art von Achtung und eine weniger
Platonische Liebe für das Geld besitzt, als Heinrich von Treitschke, soll ja
außerdem gar nicht bestritten werden. Aber wenn Herr Worthmann auf Grund
seiner Entstellung behauptet: „Treitschke denkt und fühlt noch wie der Land¬
edelmann der guten alten Zeit: er mag mit dem Gelde nichts zu schaffen
haben" — so beweist Herr Worthmann uns von neuem, daß er sich gar nicht
die Mühe genommen hat, zu lesen was er beurtheilt.


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[0195] Worden? Der Satz, den Treitschke im „Socialismus und seine Gönner" wirk¬ lich geschrieben hat, lautet vielmehr wörtlich so: „Freie Geister suchen den Werth des Geldes darin, daß man sich wenig darum zu kümmern braucht." Der Unterschied des ersten von dem gefälschten Satze springt in die Augen. Der echte Satz Treitschke's sucht den „idealen Werth des Besitzes" zu verdeutlichen. Er bietet eine Nüance jenes andern Gedankens, den Treitschke an einer andern Stelle seiner Aufsätze über den „Socialismus und seine Gönner" durch die herrliche Anekdote ausdrückt, daß der Freiherr vom Stein, als ihm zum ersten Mal sein Gehalt aus der preußischen Staatskasse geschickt wurde, die Geldrollen zur Erde geworfen und vor Zorn geweint habe! Herr Dr. Worthmcmn dagegen, „der es weder für klug noch gerecht hält, nur die Fehler des Gegners zu kennen, und dieses Treiben der Most und Ge¬ nossen, so widerwärtig wie lächerlich" nennt, — Herr Dr. Worthmann macht sich die Sache bequemer. Er citirt einen Satz, den Treitschke nie geschrieben hat, der gefälscht ist — natürlich nicht von Herrn Dr. Worthmann, sondern von einem Unbekannten, — der behauptet, Treitschke habe gesagt, der freie Geist sei „immer froh, wenn er sich um das Geld nicht zu kümmern braucht." — Und ans diese Fälschung gründet Herr Worthmann seine schiefen Folgerungen, daß Treitschke das Geld gering achtet, die „schweren und hohen Pflichten ge¬ ring schätzt, die das Geld auferlegt" u. f. w. Einige Seiten weiter — ans derselben Seite 6, wo Herr Dr. Worthmann einen von Alfred Dove geschriebenen Aufsatz Richard Dove zuschiebt, und aus der Fülle seiner eigenen conversations- lexicalischen Erfahrungen uns darüber belehrt, was es heißt, wenn ein Kameel durch ein Nadelöhr gehen muß — gibt Herr Dr. Worthmann indessen auch zu erkennen, daß er selbst sich trefflich darauf versteht, mit den Gedanken Andrer willkürlich umzu¬ springen. Hier lautet nämlich der Treitschke'sche Satz wieder anders. Hiernach soll nämlich Treitschke „als des freien Geistes Weisheit (!) verkündet haben" (S. 6). daß er „am liebsten um das sich Geld nicht kümmern mag! Der wissent¬ liche Entsteller ist hier nicht mehr der große Unbekannte, sondern Herr Ferd. Worthmann selbst. Und jeder rechtschaffene Mann in Deutschland wird infolgedessen den Herrn Dr. der Staatswirthschaft ersuchen, seine Folgerungen sür sich zu behalten, bis er sich dazu herbeiläßt, die Worte Anderer richtig zu citiren. Daß Herr Dr. Worthmann möglicherweise eine andre Art von Achtung und eine weniger Platonische Liebe für das Geld besitzt, als Heinrich von Treitschke, soll ja außerdem gar nicht bestritten werden. Aber wenn Herr Worthmann auf Grund seiner Entstellung behauptet: „Treitschke denkt und fühlt noch wie der Land¬ edelmann der guten alten Zeit: er mag mit dem Gelde nichts zu schaffen haben" — so beweist Herr Worthmann uns von neuem, daß er sich gar nicht die Mühe genommen hat, zu lesen was er beurtheilt.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653/195>, abgerufen am 29.12.2024.