Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.sophen die Einheit der Welt zu zeigen, geistige Vorgänge vom Menschen ans Aehnlich also wie Lcizarus, unbekümmert ob der Geist Produkt des Hiermit aber begründete ich zugleich, warum ich sagte, daß Lazarus' Leben sophen die Einheit der Welt zu zeigen, geistige Vorgänge vom Menschen ans Aehnlich also wie Lcizarus, unbekümmert ob der Geist Produkt des Hiermit aber begründete ich zugleich, warum ich sagte, daß Lazarus' Leben <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0184" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/140005"/> <p xml:id="ID_581" prev="#ID_580"> sophen die Einheit der Welt zu zeigen, geistige Vorgänge vom Menschen ans<lb/> das Thier, auf die Pflanze, schließlich auf die Atome übertragen, oder wenn<lb/> sie Vorgänge des menschlichen Geistes chemisch erklären. Dies alles mag<lb/> schließlich wahr sein, es kann sein. Ich habe nichts dagegen, daß Kohlen¬<lb/> stoffatome auch Geist haben oder in der Verbindung mit der Plastidul-Genossen-<lb/> schaft Geist bekommen, allein ich weiß nicht, an was ich das erkennen,<lb/> soll. Es ist ein bloßes Spiel mit Worten. Wenn ich Anziehung und<lb/> Abstoßung für geistige Erscheinungen, für psychische Phänomene erkläre, dann<lb/> werfe ich einfach die Psyche zum Fenster hinaus, dann hört die Psyche auf,<lb/> Psyche zu sein."</p><lb/> <p xml:id="ID_582"> Aehnlich also wie Lcizarus, unbekümmert ob der Geist Produkt des<lb/> Stoffes oder umgekehrt sei, uur ihre beiderseitigen Wirkungen feststellen will,<lb/> so sagt auch Virchow, daß es „einzig förderlich sei, wenn man beide Gebiete<lb/> nicht durcheinander bringe, und wenn man geistige Erscheinungen nicht da ver¬<lb/> muthe, wo wir keine sichtbaren, hörbaren, fühlbaren, überhaupt erkennbaren Erschei¬<lb/> nungen wahrnehmen, die als geistige bezeichnet werden könnten". Jene Meta¬<lb/> physik, die den Geist chemisch, oder die Atome als Geist auffaßt, geschieht stets<lb/> nur aus einseitiger Appereeptton oder subjektiver Auffassung der Dinge. Mit<lb/> Recht hebt Lazarus S. 30 hervor, daß es „bei dem Streit über den Materia¬<lb/> lismus weniger um die Gründe, sondern um das Recht, um die berechtigte<lb/> Existenz der oder jener Metaphysik zu thun gewesen sei". Er nennt die<lb/> Methode solcher Metaphysik Voreiligkeit, Virchow nennt sie ein Spiel mit<lb/> Worten; ich behauptete dasselbe und will hier beifügen, daß solche Metaphysik<lb/> das Wort Kant's nicht beherzigte, wonach nicht durch analytische, sondern nur<lb/> durch synthetische Urtheile Wahrheit gewonnen wird. Denn das analytische<lb/> Urtheil, von dem Kant spricht, ist nur ein Spiel mit Worten, da es nur den<lb/> Wortinhalt zergliedert, mit welchem der appercipirende Geist das Ding erfaßte;<lb/> natürlich dabei, daß durch Analyse nachgewiesen werden kann, daß das Atom<lb/> zur Produktion des menschlichen Ich fortschreiten könne, nachdem das Atom<lb/> voreilig als geistige Kraft gedacht worden! Nur das synthetische Urtheil för¬<lb/> dert die Erkenntniß; da es stets neuen Denkinhalt, stets neue Auffassungen<lb/> oder Apperceptionen der Dinge lehrt. Nur das synthetische Urtheil fördert die<lb/> Naturwissenschaft, und Virchow und Lazarus stehen auf dem Boden dieses<lb/> Urtheils bei ihrer Forderung, sich nur an die Untersuchung thatsächlich gege¬<lb/> bener Erscheinungen, seien sie geistige oder körperliche, zu halten.</p><lb/> <p xml:id="ID_583" next="#ID_584"> Hiermit aber begründete ich zugleich, warum ich sagte, daß Lazarus' Leben<lb/> der Seele ganz mich naturwissenschaftlichem Boden stehe. Denn es ist nur<lb/> ein Vorurtheil, daß das viel beliebte, aber viel verhüllende und viel verwir¬<lb/> rende Fremdwort „Natur" nur das bedeute, an das mit Mikroskop und Ham¬<lb/> mer gerührt werden könne. Natur ist überall, wo dem synthetischen Denken,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0184]
sophen die Einheit der Welt zu zeigen, geistige Vorgänge vom Menschen ans
das Thier, auf die Pflanze, schließlich auf die Atome übertragen, oder wenn
sie Vorgänge des menschlichen Geistes chemisch erklären. Dies alles mag
schließlich wahr sein, es kann sein. Ich habe nichts dagegen, daß Kohlen¬
stoffatome auch Geist haben oder in der Verbindung mit der Plastidul-Genossen-
schaft Geist bekommen, allein ich weiß nicht, an was ich das erkennen,
soll. Es ist ein bloßes Spiel mit Worten. Wenn ich Anziehung und
Abstoßung für geistige Erscheinungen, für psychische Phänomene erkläre, dann
werfe ich einfach die Psyche zum Fenster hinaus, dann hört die Psyche auf,
Psyche zu sein."
Aehnlich also wie Lcizarus, unbekümmert ob der Geist Produkt des
Stoffes oder umgekehrt sei, uur ihre beiderseitigen Wirkungen feststellen will,
so sagt auch Virchow, daß es „einzig förderlich sei, wenn man beide Gebiete
nicht durcheinander bringe, und wenn man geistige Erscheinungen nicht da ver¬
muthe, wo wir keine sichtbaren, hörbaren, fühlbaren, überhaupt erkennbaren Erschei¬
nungen wahrnehmen, die als geistige bezeichnet werden könnten". Jene Meta¬
physik, die den Geist chemisch, oder die Atome als Geist auffaßt, geschieht stets
nur aus einseitiger Appereeptton oder subjektiver Auffassung der Dinge. Mit
Recht hebt Lazarus S. 30 hervor, daß es „bei dem Streit über den Materia¬
lismus weniger um die Gründe, sondern um das Recht, um die berechtigte
Existenz der oder jener Metaphysik zu thun gewesen sei". Er nennt die
Methode solcher Metaphysik Voreiligkeit, Virchow nennt sie ein Spiel mit
Worten; ich behauptete dasselbe und will hier beifügen, daß solche Metaphysik
das Wort Kant's nicht beherzigte, wonach nicht durch analytische, sondern nur
durch synthetische Urtheile Wahrheit gewonnen wird. Denn das analytische
Urtheil, von dem Kant spricht, ist nur ein Spiel mit Worten, da es nur den
Wortinhalt zergliedert, mit welchem der appercipirende Geist das Ding erfaßte;
natürlich dabei, daß durch Analyse nachgewiesen werden kann, daß das Atom
zur Produktion des menschlichen Ich fortschreiten könne, nachdem das Atom
voreilig als geistige Kraft gedacht worden! Nur das synthetische Urtheil för¬
dert die Erkenntniß; da es stets neuen Denkinhalt, stets neue Auffassungen
oder Apperceptionen der Dinge lehrt. Nur das synthetische Urtheil fördert die
Naturwissenschaft, und Virchow und Lazarus stehen auf dem Boden dieses
Urtheils bei ihrer Forderung, sich nur an die Untersuchung thatsächlich gege¬
bener Erscheinungen, seien sie geistige oder körperliche, zu halten.
Hiermit aber begründete ich zugleich, warum ich sagte, daß Lazarus' Leben
der Seele ganz mich naturwissenschaftlichem Boden stehe. Denn es ist nur
ein Vorurtheil, daß das viel beliebte, aber viel verhüllende und viel verwir¬
rende Fremdwort „Natur" nur das bedeute, an das mit Mikroskop und Ham¬
mer gerührt werden könne. Natur ist überall, wo dem synthetischen Denken,
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