Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.vereinigte sich zu gymnastischen und orchestrischen Spielen an dem großen Uebrigens dauerte mittelbar die Zucht des Staates auch uoch nach dem Jsokrates läßt den spartanischen König Archidamos sagen:") "Jedermann ") Pausanias III und Pltttarch: Lykurg, c. 21. Diese KUrze des lakonischer Schwertes war den Athenern Gegenstand des Spaltes, *") Jsokrat. Archid. §8!.
vereinigte sich zu gymnastischen und orchestrischen Spielen an dem großen Uebrigens dauerte mittelbar die Zucht des Staates auch uoch nach dem Jsokrates läßt den spartanischen König Archidamos sagen:") „Jedermann ») Pausanias III und Pltttarch: Lykurg, c. 21. Diese KUrze des lakonischer Schwertes war den Athenern Gegenstand des Spaltes, *") Jsokrat. Archid. §8!.
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0056" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/139349"/> <p xml:id="ID_169" prev="#ID_168"> vereinigte sich zu gymnastischen und orchestrischen Spielen an dem großen<lb/> Apollofeste der Karneen um den Adel; und an solchen Tagen mochte der<lb/> Chor der Greise singen: „Wir waren einstmals kraftersüllte Männer!" und<lb/> der Chor der Männer antworten: „Wir aber sind es; hast dn Lust, versuche<lb/> es!" worauf dann der Chor der Knaben einfiel: „Wir werden einst noch viel<lb/> gewaltiger sein!"")</p><lb/> <p xml:id="ID_170"> Uebrigens dauerte mittelbar die Zucht des Staates auch uoch nach dem<lb/> 30. Lebensjahre fort. Alle Einrichtungen bezogen sich auf Heranbildung<lb/> eines starken, kriegstüchtigen Menschenschlages, selbst die der häuslichen Ver¬<lb/> hältnisse zwischen Eheleuten. Auch die Mädchen stärkten den Körper durch<lb/> Leibesübungen, um ein kräftiges Geschlecht zur Welt bringen zu können, ja sie<lb/> übten, nur leicht gekleidet, vereint mit den Jünglingen, um diese gewissermaßen<lb/> zu stählen gegen den allzuleichten Reiz weiblicher Schönheit. — Der Begriff<lb/> hingebender Tapferkeit umfaßte alle Tugenden; Feigheit war die fürchterlichste<lb/> Schande. Wer vor dem Feinde geflohen war, durfte nie mehr in öffentlicher<lb/> Versammlung erscheinen; er hatte Stockschläge zu dulden wie ein Unmündiger;<lb/> das Haar wurde ihm zur Hälfte geschoren; er mußte im geflickten Chiton<lb/> einhergehn, jedem ausweichen und vor Jüngeren aufstehn; während der Chor-<lb/> gcsänge der Feste wurde er an einem schimpflichen Platze öffentlich ausgestellt,<lb/> und oft endete freiwilliger Tod solch Schmachvolles Leben. — Man sagte, es<lb/> gehöre viel Muth dazu, als Spartaner feige zu sein. — „Mit oder aus diesem<lb/> Schilde!" rief die spartanische Mutter dem Sohne zu, deu sie zum Kampfe<lb/> ausrüstete. „Noch einen Schritt vorwärts!" rieth die andere, als der Sohn<lb/> sich über die Kürze seines Schwertes beklagte/"') und sie weinte nicht um den<lb/> Sohn, der im Gefechte blieb, sondern um denjenigen, der den gefallenen Feld'<lb/> Herrn überlebte.</p><lb/> <p xml:id="ID_171" next="#ID_172"> Jsokrates läßt den spartanischen König Archidamos sagen:") „Jedermann<lb/> ist offenbar, daß wir uns von den übrigen Griechen weder durch die Größe<lb/> unserer Stadt noch durch die Meuge unserer Bevölkerung hervorthun, sondern<lb/> dadurch, daß wir unsere öffentliche Zucht gleich der eines Heerlagers eingerichtet<lb/> haben, wo Alles gehörig in einander greift und den Befehlen der Vorgesetzten<lb/> pünktlich Folge geleistet wird." — Auch Platon urtheilt, daß die spartanische<lb/> Verfassung die eines Heerlagers sei und zur soldatischen Tüchtigkeit ausbilde,<lb/> nicht aber zur wahren politischen Trefflichkeit, in welcher jene Tüchtigkeit<lb/> ebenfalls, ja in noch höherem Maße, doch nnr als ein Theil des Ganzen</p><lb/> <note xml:id="FID_16" place="foot"> ») Pausanias III und Pltttarch: Lykurg, c. 21.</note><lb/> <note xml:id="FID_17" place="foot"> Diese KUrze des lakonischer Schwertes war den Athenern Gegenstand des Spaltes,</note><lb/> <note xml:id="FID_18" place="foot"> *") Jsokrat. Archid. §8!.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0056]
vereinigte sich zu gymnastischen und orchestrischen Spielen an dem großen
Apollofeste der Karneen um den Adel; und an solchen Tagen mochte der
Chor der Greise singen: „Wir waren einstmals kraftersüllte Männer!" und
der Chor der Männer antworten: „Wir aber sind es; hast dn Lust, versuche
es!" worauf dann der Chor der Knaben einfiel: „Wir werden einst noch viel
gewaltiger sein!"")
Uebrigens dauerte mittelbar die Zucht des Staates auch uoch nach dem
30. Lebensjahre fort. Alle Einrichtungen bezogen sich auf Heranbildung
eines starken, kriegstüchtigen Menschenschlages, selbst die der häuslichen Ver¬
hältnisse zwischen Eheleuten. Auch die Mädchen stärkten den Körper durch
Leibesübungen, um ein kräftiges Geschlecht zur Welt bringen zu können, ja sie
übten, nur leicht gekleidet, vereint mit den Jünglingen, um diese gewissermaßen
zu stählen gegen den allzuleichten Reiz weiblicher Schönheit. — Der Begriff
hingebender Tapferkeit umfaßte alle Tugenden; Feigheit war die fürchterlichste
Schande. Wer vor dem Feinde geflohen war, durfte nie mehr in öffentlicher
Versammlung erscheinen; er hatte Stockschläge zu dulden wie ein Unmündiger;
das Haar wurde ihm zur Hälfte geschoren; er mußte im geflickten Chiton
einhergehn, jedem ausweichen und vor Jüngeren aufstehn; während der Chor-
gcsänge der Feste wurde er an einem schimpflichen Platze öffentlich ausgestellt,
und oft endete freiwilliger Tod solch Schmachvolles Leben. — Man sagte, es
gehöre viel Muth dazu, als Spartaner feige zu sein. — „Mit oder aus diesem
Schilde!" rief die spartanische Mutter dem Sohne zu, deu sie zum Kampfe
ausrüstete. „Noch einen Schritt vorwärts!" rieth die andere, als der Sohn
sich über die Kürze seines Schwertes beklagte/"') und sie weinte nicht um den
Sohn, der im Gefechte blieb, sondern um denjenigen, der den gefallenen Feld'
Herrn überlebte.
Jsokrates läßt den spartanischen König Archidamos sagen:") „Jedermann
ist offenbar, daß wir uns von den übrigen Griechen weder durch die Größe
unserer Stadt noch durch die Meuge unserer Bevölkerung hervorthun, sondern
dadurch, daß wir unsere öffentliche Zucht gleich der eines Heerlagers eingerichtet
haben, wo Alles gehörig in einander greift und den Befehlen der Vorgesetzten
pünktlich Folge geleistet wird." — Auch Platon urtheilt, daß die spartanische
Verfassung die eines Heerlagers sei und zur soldatischen Tüchtigkeit ausbilde,
nicht aber zur wahren politischen Trefflichkeit, in welcher jene Tüchtigkeit
ebenfalls, ja in noch höherem Maße, doch nnr als ein Theil des Ganzen
») Pausanias III und Pltttarch: Lykurg, c. 21.
Diese KUrze des lakonischer Schwertes war den Athenern Gegenstand des Spaltes,
*") Jsokrat. Archid. §8!.
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