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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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brauchte, nicht länger als 19,^ Fuß zu sein. Wenn man aber in Erwägung
bringt, daß bei einem senkrechten Abstände der Rnderpforten von 2 Fuß der
thatsächliche Abstand derselben in der Schiffswand, wegen deren Schrägung,
sich auf 1,7s Fuß vermindert, so findet man, daß die höchsten Rnderpforten einer
Triers nur 5,z Fuß, die einer Pentere nur 8 Fuß über Wasser zu liegen
brauchten. So wird es begreiflich, daß Demetrios Poliorketes sogar Sechs¬
zehnreihenschiffe erbauen konnte, wobei es, dnrch schräger gelegte Sprossen des
Rudergerüstes, möglich wurde, die Nuder der obersten Reihe nicht länger als
27,75 Fuß und damit das Schiff wirklich dienstbranchbar zu machen.

Die Wirkung im Wasser war bei allen Reihen dieselbe, da überall das
Verhältniß der Jnnenlänge zur Außenlänge gleich gehalten wurde: 1:2, später
1:3. Trotz dieses Verhältnisses hing das Ruder im Gleichgewichte, weil der
kürzere Irrereden durch Bleiausguß oder dergl. entsprechend beschwert war.

Zur Zeit des Aristophanes scheint aus irgend einem Grunde, der später
beseitigt wurde, die Arbeit der oberen Ruderer doch die schwerste gewesen zu
sein, denn sie erhielten bei der Unternehmung nach Sizilien eine besondere
Soldzulage. Im Gefecht waren natürlich die untersten Ruderer am meisten
gefährdet, und Appian erzählt einen Fall aus der Schlacht bei Mylä, wo die
Thalamiten ertranken, während die anderen sich durch Aufsprengen des Ver¬
deckes retteten.

Um die Reibung möglichst zu vermindern, fütterte man die Ruderpforte
innen mit Metall. Sehr schwer waren übrigens die Ruderstangen nicht; denn
wie hätten sonst im dritten Winter des peloponnesischen Krieges die sparta¬
nischen Feldherrn die Matrosen ihrer Flotte, jeden mit Ruder, Riemen und
Sitzkissen versehen, im Eilmärsche von Korinth nach dein Hafen von Megara
befördern können, um dort 40 Trierer in die See zu ziehen und den Pei"
aieus zu überrumpeln!

Die Schiffsform bedingte es, daß jede höhere Reihe an jedem Ende einen
Ruderer mehr hatte, als die nächst niedrige. Die Thalamiten zählten auf
jeder Seite 27 Ruderer; eine Triere hatte also 175, eine Pentere 310 Ruderer.
Da die Leistung von 7 bis L Ruderern einer Pferdekraft gleichkommt, so besaß
die Triere in ihrem Ruderwerk die Kraft von 24, die Pentere eine von 42
Pferden. Die gewöhnliche Schnelligkeit der griechischen Galeeren betrug 6 bis
7 Knoten in der Stunde -- immerhin die Hälfte der Geschwindigkeit des
Great-Eastern, so daß die Hellenen wohl berechtigt waren, ihre Ruder als
die "Flügel des Schiffes" zu bezeichnen.

Jede Reihe der Ruderer scheint eiuen besonderen Vorgesetzten gehabt zu
haben, und da alles darauf ankam, daß die Ruder vollkomen gleichmäßig be¬
wegt wurden, so gab es auf jedem Schiffe einen besonderen Nudermeister, der^


brauchte, nicht länger als 19,^ Fuß zu sein. Wenn man aber in Erwägung
bringt, daß bei einem senkrechten Abstände der Rnderpforten von 2 Fuß der
thatsächliche Abstand derselben in der Schiffswand, wegen deren Schrägung,
sich auf 1,7s Fuß vermindert, so findet man, daß die höchsten Rnderpforten einer
Triers nur 5,z Fuß, die einer Pentere nur 8 Fuß über Wasser zu liegen
brauchten. So wird es begreiflich, daß Demetrios Poliorketes sogar Sechs¬
zehnreihenschiffe erbauen konnte, wobei es, dnrch schräger gelegte Sprossen des
Rudergerüstes, möglich wurde, die Nuder der obersten Reihe nicht länger als
27,75 Fuß und damit das Schiff wirklich dienstbranchbar zu machen.

Die Wirkung im Wasser war bei allen Reihen dieselbe, da überall das
Verhältniß der Jnnenlänge zur Außenlänge gleich gehalten wurde: 1:2, später
1:3. Trotz dieses Verhältnisses hing das Ruder im Gleichgewichte, weil der
kürzere Irrereden durch Bleiausguß oder dergl. entsprechend beschwert war.

Zur Zeit des Aristophanes scheint aus irgend einem Grunde, der später
beseitigt wurde, die Arbeit der oberen Ruderer doch die schwerste gewesen zu
sein, denn sie erhielten bei der Unternehmung nach Sizilien eine besondere
Soldzulage. Im Gefecht waren natürlich die untersten Ruderer am meisten
gefährdet, und Appian erzählt einen Fall aus der Schlacht bei Mylä, wo die
Thalamiten ertranken, während die anderen sich durch Aufsprengen des Ver¬
deckes retteten.

Um die Reibung möglichst zu vermindern, fütterte man die Ruderpforte
innen mit Metall. Sehr schwer waren übrigens die Ruderstangen nicht; denn
wie hätten sonst im dritten Winter des peloponnesischen Krieges die sparta¬
nischen Feldherrn die Matrosen ihrer Flotte, jeden mit Ruder, Riemen und
Sitzkissen versehen, im Eilmärsche von Korinth nach dein Hafen von Megara
befördern können, um dort 40 Trierer in die See zu ziehen und den Pei»
aieus zu überrumpeln!

Die Schiffsform bedingte es, daß jede höhere Reihe an jedem Ende einen
Ruderer mehr hatte, als die nächst niedrige. Die Thalamiten zählten auf
jeder Seite 27 Ruderer; eine Triere hatte also 175, eine Pentere 310 Ruderer.
Da die Leistung von 7 bis L Ruderern einer Pferdekraft gleichkommt, so besaß
die Triere in ihrem Ruderwerk die Kraft von 24, die Pentere eine von 42
Pferden. Die gewöhnliche Schnelligkeit der griechischen Galeeren betrug 6 bis
7 Knoten in der Stunde — immerhin die Hälfte der Geschwindigkeit des
Great-Eastern, so daß die Hellenen wohl berechtigt waren, ihre Ruder als
die „Flügel des Schiffes" zu bezeichnen.

Jede Reihe der Ruderer scheint eiuen besonderen Vorgesetzten gehabt zu
haben, und da alles darauf ankam, daß die Ruder vollkomen gleichmäßig be¬
wegt wurden, so gab es auf jedem Schiffe einen besonderen Nudermeister, der^


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[0141] brauchte, nicht länger als 19,^ Fuß zu sein. Wenn man aber in Erwägung bringt, daß bei einem senkrechten Abstände der Rnderpforten von 2 Fuß der thatsächliche Abstand derselben in der Schiffswand, wegen deren Schrägung, sich auf 1,7s Fuß vermindert, so findet man, daß die höchsten Rnderpforten einer Triers nur 5,z Fuß, die einer Pentere nur 8 Fuß über Wasser zu liegen brauchten. So wird es begreiflich, daß Demetrios Poliorketes sogar Sechs¬ zehnreihenschiffe erbauen konnte, wobei es, dnrch schräger gelegte Sprossen des Rudergerüstes, möglich wurde, die Nuder der obersten Reihe nicht länger als 27,75 Fuß und damit das Schiff wirklich dienstbranchbar zu machen. Die Wirkung im Wasser war bei allen Reihen dieselbe, da überall das Verhältniß der Jnnenlänge zur Außenlänge gleich gehalten wurde: 1:2, später 1:3. Trotz dieses Verhältnisses hing das Ruder im Gleichgewichte, weil der kürzere Irrereden durch Bleiausguß oder dergl. entsprechend beschwert war. Zur Zeit des Aristophanes scheint aus irgend einem Grunde, der später beseitigt wurde, die Arbeit der oberen Ruderer doch die schwerste gewesen zu sein, denn sie erhielten bei der Unternehmung nach Sizilien eine besondere Soldzulage. Im Gefecht waren natürlich die untersten Ruderer am meisten gefährdet, und Appian erzählt einen Fall aus der Schlacht bei Mylä, wo die Thalamiten ertranken, während die anderen sich durch Aufsprengen des Ver¬ deckes retteten. Um die Reibung möglichst zu vermindern, fütterte man die Ruderpforte innen mit Metall. Sehr schwer waren übrigens die Ruderstangen nicht; denn wie hätten sonst im dritten Winter des peloponnesischen Krieges die sparta¬ nischen Feldherrn die Matrosen ihrer Flotte, jeden mit Ruder, Riemen und Sitzkissen versehen, im Eilmärsche von Korinth nach dein Hafen von Megara befördern können, um dort 40 Trierer in die See zu ziehen und den Pei» aieus zu überrumpeln! Die Schiffsform bedingte es, daß jede höhere Reihe an jedem Ende einen Ruderer mehr hatte, als die nächst niedrige. Die Thalamiten zählten auf jeder Seite 27 Ruderer; eine Triere hatte also 175, eine Pentere 310 Ruderer. Da die Leistung von 7 bis L Ruderern einer Pferdekraft gleichkommt, so besaß die Triere in ihrem Ruderwerk die Kraft von 24, die Pentere eine von 42 Pferden. Die gewöhnliche Schnelligkeit der griechischen Galeeren betrug 6 bis 7 Knoten in der Stunde — immerhin die Hälfte der Geschwindigkeit des Great-Eastern, so daß die Hellenen wohl berechtigt waren, ihre Ruder als die „Flügel des Schiffes" zu bezeichnen. Jede Reihe der Ruderer scheint eiuen besonderen Vorgesetzten gehabt zu haben, und da alles darauf ankam, daß die Ruder vollkomen gleichmäßig be¬ wegt wurden, so gab es auf jedem Schiffe einen besonderen Nudermeister, der^

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/141>, abgerufen am 27.09.2024.