Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

polnisch-nationalen Interessen zu vertreten, hat sie, je nach dem Wechsel ihrer
Redakteure, auch ihre Farbe mehrfach, wenn auch nicht im Grunde verändert,
so doch nücmcirt, indem sie bald etwas mehr roth, bald etwas mehr schwarz
einmischte. Jetzt trügt sie das Chamäleonkolorit des "DsioniM kosnanM";
denn ihr "liberal-katholischer" Redakteur Danielewski, der seiner Zeit Artikel
für den "vöiennik ?oimlmski" geschrieben hat, gegen die er Tags darauf --
wie ihm polnische Blätter vorgeworfen haben -- im "Kurier ?oiing,ii8l!i"
polemisirte, indem er natürlich von beiden Blättern Honorar bezog, versteht
es mit allen Parteien zu halten, wenigstens sich mit keiner zu überwerfen. Die
Knryerpartei traut ihm zwar nicht, läßt ihn aber gewähren und überwacht
ihn nur, wie einen unsichern Verbündeten.

Die drei in Westpreußen wöchentlich einmal erscheinenden Volksblüttchen,
der Culmer "?ri5/MLj"I I,nau" (Volksfreund) von Danielewski gegründet, der
Pelpliner "?iLlM^in" (Pilger) und der Thorner "?r2MeieI Luäu" (neuer¬
dings von Dauielewski als Kvnkurrenzblatt des erstgenannten, das er in¬
zwischen verkauft hat, gegründet) rechnen nur auf die grenzenlose Bornirtheit
der niederen Volksklassen und stehen -- besonders die beiden ersten -- un¬
bedingt der Klerisei zur Verfügung, für welche sie kämpfen und mit der sie
durch Dick und Dünn gehen.

Der in Königsberg erscheinende, für die evangelischen Masuren berechnete
"?l'2z?,jg,0ist I,nein", welcher mit gothischen Typen gedruckt und im Geiste
der Regierung redigirt wird, kann durchaus nicht in Rechnung kommen. Die
Redaktion ist ungeschickt, weil sie die Tendenz das Volk zu germanisiren nicht
im Mindesten zu verhüllen versteht, und die polnische Sprache ist im Blatte
dermaßen verunstaltet und maltraitirt, daß es nnr der gebildete, der deutschen
Sprache vollkommen mächtige Pole, der sich die Artikel wörtlich ins Deutsche
zu übersetzen vermag, verstehen kann. Häufig werden durch solche Verun¬
staltung der Sprache die ernstesten Artikel lächerlich und verfehlen gänzlich
ihren Zweck.

Als Fachblatt erscheint in Westpreußen der "Sosxoäg,^" (Wirth), der
eine sehr schlechte Kopie der bekannten "Dorfzeitung" ist und lediglich durch
Subvention seitens einiger reicher polnischer Gutsbesitzer unterhalten wird.

In Oberschlesien erscheinen drei polnische Blätter religiös-politischer Rich¬
tung, der "XatoliK" (Katholik), welcher wie die neuerlich erst gegründete
"Nvnieg," von dem bekannten Agitator Miarka herausgegeben wird
und dessen Tendenz durch seinen Titel hinlänglich gekennzeichnet ist; ferner die
vom Vicar Pszyniezynski redigirte "Ks-xetÄ SornoWlasKa" (Oberschlesische
Zeitung), deren Richtung schon durch den Stand des Redakteurs bestimmt ist.
Die "6a2etg. Zorno82ig.8kg," erfreut sich übrigens unter den Polen im Posen'schen


polnisch-nationalen Interessen zu vertreten, hat sie, je nach dem Wechsel ihrer
Redakteure, auch ihre Farbe mehrfach, wenn auch nicht im Grunde verändert,
so doch nücmcirt, indem sie bald etwas mehr roth, bald etwas mehr schwarz
einmischte. Jetzt trügt sie das Chamäleonkolorit des „DsioniM kosnanM";
denn ihr „liberal-katholischer" Redakteur Danielewski, der seiner Zeit Artikel
für den „vöiennik ?oimlmski" geschrieben hat, gegen die er Tags darauf —
wie ihm polnische Blätter vorgeworfen haben — im „Kurier ?oiing,ii8l!i"
polemisirte, indem er natürlich von beiden Blättern Honorar bezog, versteht
es mit allen Parteien zu halten, wenigstens sich mit keiner zu überwerfen. Die
Knryerpartei traut ihm zwar nicht, läßt ihn aber gewähren und überwacht
ihn nur, wie einen unsichern Verbündeten.

Die drei in Westpreußen wöchentlich einmal erscheinenden Volksblüttchen,
der Culmer „?ri5/MLj«I I,nau" (Volksfreund) von Danielewski gegründet, der
Pelpliner „?iLlM^in" (Pilger) und der Thorner „?r2MeieI Luäu" (neuer¬
dings von Dauielewski als Kvnkurrenzblatt des erstgenannten, das er in¬
zwischen verkauft hat, gegründet) rechnen nur auf die grenzenlose Bornirtheit
der niederen Volksklassen und stehen — besonders die beiden ersten — un¬
bedingt der Klerisei zur Verfügung, für welche sie kämpfen und mit der sie
durch Dick und Dünn gehen.

Der in Königsberg erscheinende, für die evangelischen Masuren berechnete
„?l'2z?,jg,0ist I,nein", welcher mit gothischen Typen gedruckt und im Geiste
der Regierung redigirt wird, kann durchaus nicht in Rechnung kommen. Die
Redaktion ist ungeschickt, weil sie die Tendenz das Volk zu germanisiren nicht
im Mindesten zu verhüllen versteht, und die polnische Sprache ist im Blatte
dermaßen verunstaltet und maltraitirt, daß es nnr der gebildete, der deutschen
Sprache vollkommen mächtige Pole, der sich die Artikel wörtlich ins Deutsche
zu übersetzen vermag, verstehen kann. Häufig werden durch solche Verun¬
staltung der Sprache die ernstesten Artikel lächerlich und verfehlen gänzlich
ihren Zweck.

Als Fachblatt erscheint in Westpreußen der „Sosxoäg,^" (Wirth), der
eine sehr schlechte Kopie der bekannten „Dorfzeitung" ist und lediglich durch
Subvention seitens einiger reicher polnischer Gutsbesitzer unterhalten wird.

In Oberschlesien erscheinen drei polnische Blätter religiös-politischer Rich¬
tung, der „XatoliK" (Katholik), welcher wie die neuerlich erst gegründete
„Nvnieg," von dem bekannten Agitator Miarka herausgegeben wird
und dessen Tendenz durch seinen Titel hinlänglich gekennzeichnet ist; ferner die
vom Vicar Pszyniezynski redigirte „Ks-xetÄ SornoWlasKa« (Oberschlesische
Zeitung), deren Richtung schon durch den Stand des Redakteurs bestimmt ist.
Die „6a2etg. Zorno82ig.8kg," erfreut sich übrigens unter den Polen im Posen'schen


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0067" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/138298"/>
          <p xml:id="ID_161" prev="#ID_160"> polnisch-nationalen Interessen zu vertreten, hat sie, je nach dem Wechsel ihrer<lb/>
Redakteure, auch ihre Farbe mehrfach, wenn auch nicht im Grunde verändert,<lb/>
so doch nücmcirt, indem sie bald etwas mehr roth, bald etwas mehr schwarz<lb/>
einmischte. Jetzt trügt sie das Chamäleonkolorit des &#x201E;DsioniM kosnanM";<lb/>
denn ihr &#x201E;liberal-katholischer" Redakteur Danielewski, der seiner Zeit Artikel<lb/>
für den &#x201E;vöiennik ?oimlmski" geschrieben hat, gegen die er Tags darauf &#x2014;<lb/>
wie ihm polnische Blätter vorgeworfen haben &#x2014; im &#x201E;Kurier ?oiing,ii8l!i"<lb/>
polemisirte, indem er natürlich von beiden Blättern Honorar bezog, versteht<lb/>
es mit allen Parteien zu halten, wenigstens sich mit keiner zu überwerfen. Die<lb/>
Knryerpartei traut ihm zwar nicht, läßt ihn aber gewähren und überwacht<lb/>
ihn nur, wie einen unsichern Verbündeten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_162"> Die drei in Westpreußen wöchentlich einmal erscheinenden Volksblüttchen,<lb/>
der Culmer &#x201E;?ri5/MLj«I I,nau" (Volksfreund) von Danielewski gegründet, der<lb/>
Pelpliner &#x201E;?iLlM^in" (Pilger) und der Thorner &#x201E;?r2MeieI Luäu" (neuer¬<lb/>
dings von Dauielewski als Kvnkurrenzblatt des erstgenannten, das er in¬<lb/>
zwischen verkauft hat, gegründet) rechnen nur auf die grenzenlose Bornirtheit<lb/>
der niederen Volksklassen und stehen &#x2014; besonders die beiden ersten &#x2014; un¬<lb/>
bedingt der Klerisei zur Verfügung, für welche sie kämpfen und mit der sie<lb/>
durch Dick und Dünn gehen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_163"> Der in Königsberg erscheinende, für die evangelischen Masuren berechnete<lb/>
&#x201E;?l'2z?,jg,0ist I,nein", welcher mit gothischen Typen gedruckt und im Geiste<lb/>
der Regierung redigirt wird, kann durchaus nicht in Rechnung kommen. Die<lb/>
Redaktion ist ungeschickt, weil sie die Tendenz das Volk zu germanisiren nicht<lb/>
im Mindesten zu verhüllen versteht, und die polnische Sprache ist im Blatte<lb/>
dermaßen verunstaltet und maltraitirt, daß es nnr der gebildete, der deutschen<lb/>
Sprache vollkommen mächtige Pole, der sich die Artikel wörtlich ins Deutsche<lb/>
zu übersetzen vermag, verstehen kann. Häufig werden durch solche Verun¬<lb/>
staltung der Sprache die ernstesten Artikel lächerlich und verfehlen gänzlich<lb/>
ihren Zweck.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_164"> Als Fachblatt erscheint in Westpreußen der &#x201E;Sosxoäg,^" (Wirth), der<lb/>
eine sehr schlechte Kopie der bekannten &#x201E;Dorfzeitung" ist und lediglich durch<lb/>
Subvention seitens einiger reicher polnischer Gutsbesitzer unterhalten wird.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_165" next="#ID_166"> In Oberschlesien erscheinen drei polnische Blätter religiös-politischer Rich¬<lb/>
tung, der &#x201E;XatoliK" (Katholik), welcher wie die neuerlich erst gegründete<lb/>
&#x201E;Nvnieg," von dem bekannten Agitator Miarka herausgegeben wird<lb/>
und dessen Tendenz durch seinen Titel hinlänglich gekennzeichnet ist; ferner die<lb/>
vom Vicar Pszyniezynski redigirte &#x201E;Ks-xetÄ SornoWlasKa« (Oberschlesische<lb/>
Zeitung), deren Richtung schon durch den Stand des Redakteurs bestimmt ist.<lb/>
Die &#x201E;6a2etg. Zorno82ig.8kg," erfreut sich übrigens unter den Polen im Posen'schen</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0067] polnisch-nationalen Interessen zu vertreten, hat sie, je nach dem Wechsel ihrer Redakteure, auch ihre Farbe mehrfach, wenn auch nicht im Grunde verändert, so doch nücmcirt, indem sie bald etwas mehr roth, bald etwas mehr schwarz einmischte. Jetzt trügt sie das Chamäleonkolorit des „DsioniM kosnanM"; denn ihr „liberal-katholischer" Redakteur Danielewski, der seiner Zeit Artikel für den „vöiennik ?oimlmski" geschrieben hat, gegen die er Tags darauf — wie ihm polnische Blätter vorgeworfen haben — im „Kurier ?oiing,ii8l!i" polemisirte, indem er natürlich von beiden Blättern Honorar bezog, versteht es mit allen Parteien zu halten, wenigstens sich mit keiner zu überwerfen. Die Knryerpartei traut ihm zwar nicht, läßt ihn aber gewähren und überwacht ihn nur, wie einen unsichern Verbündeten. Die drei in Westpreußen wöchentlich einmal erscheinenden Volksblüttchen, der Culmer „?ri5/MLj«I I,nau" (Volksfreund) von Danielewski gegründet, der Pelpliner „?iLlM^in" (Pilger) und der Thorner „?r2MeieI Luäu" (neuer¬ dings von Dauielewski als Kvnkurrenzblatt des erstgenannten, das er in¬ zwischen verkauft hat, gegründet) rechnen nur auf die grenzenlose Bornirtheit der niederen Volksklassen und stehen — besonders die beiden ersten — un¬ bedingt der Klerisei zur Verfügung, für welche sie kämpfen und mit der sie durch Dick und Dünn gehen. Der in Königsberg erscheinende, für die evangelischen Masuren berechnete „?l'2z?,jg,0ist I,nein", welcher mit gothischen Typen gedruckt und im Geiste der Regierung redigirt wird, kann durchaus nicht in Rechnung kommen. Die Redaktion ist ungeschickt, weil sie die Tendenz das Volk zu germanisiren nicht im Mindesten zu verhüllen versteht, und die polnische Sprache ist im Blatte dermaßen verunstaltet und maltraitirt, daß es nnr der gebildete, der deutschen Sprache vollkommen mächtige Pole, der sich die Artikel wörtlich ins Deutsche zu übersetzen vermag, verstehen kann. Häufig werden durch solche Verun¬ staltung der Sprache die ernstesten Artikel lächerlich und verfehlen gänzlich ihren Zweck. Als Fachblatt erscheint in Westpreußen der „Sosxoäg,^" (Wirth), der eine sehr schlechte Kopie der bekannten „Dorfzeitung" ist und lediglich durch Subvention seitens einiger reicher polnischer Gutsbesitzer unterhalten wird. In Oberschlesien erscheinen drei polnische Blätter religiös-politischer Rich¬ tung, der „XatoliK" (Katholik), welcher wie die neuerlich erst gegründete „Nvnieg," von dem bekannten Agitator Miarka herausgegeben wird und dessen Tendenz durch seinen Titel hinlänglich gekennzeichnet ist; ferner die vom Vicar Pszyniezynski redigirte „Ks-xetÄ SornoWlasKa« (Oberschlesische Zeitung), deren Richtung schon durch den Stand des Redakteurs bestimmt ist. Die „6a2etg. Zorno82ig.8kg," erfreut sich übrigens unter den Polen im Posen'schen

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/67
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/67>, abgerufen am 28.09.2024.