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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band.

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det, ging er, von Silberklange der ultramontanen Beweisführung^verlockt, mit
Sack und Pack ins ultramontane Lager über und wurde das Leiborgan des
Grafen Ledochowski und der befrackten Jesuiten, welche nach Bedarf zur
Unterhaltung des ihnen im Kampfe wider den erwachenden und dem Gängel¬
bande sich entwindenden Geist nothwendigen Blattes, das kaum mehr als
700 Abonnenten und fast gar keine Inserate hat, sich also selbst durchaus
nicht erhalten kann, beisteuern.

Wie getreu die Richtung des Blattes den innersten Grundsätzen und
Ueberzeugungen der Redaktion entsprochen hat, erhellt daraus, daß während
eines Zeitraums von vier Jahren sein Chefredakteur dieselbe Person war,
welche wenige Jahre vorher als Chefredakteur des DöiermiK ?o2NAüsKi wider
die Besetzung des erzbisch vflichen Stuhles durch den Grafen Ledochowski ge¬
donnert hatte, daß zwei Hülfsredakteure dem reformirten Glaubensbekenntnisse
angehörten, und der Sitzredakteur ein Exkleriker war, der nichts weniger als
das glaubte, wofür er häufig von der Staatsanwaltschaft verantwortlich ge¬
macht wurde und jetzt noch gemacht wird.

Trotz der oben bezeichneten seltsamen Zusammensetzung der Redaktion ist
der "Kurier ?02inn>8kj" seither der treue Ausdruck ultramontaner Gesinnungen
gewesen; lange Zeit hindurch stammten seine Leaders aus der Feder des Prälaten
Kozmian, und seine Korrespondenzen wurden entweder von den Bewohnern
der "Dominsel", den Domherrn und Domviearen, oder von ihren Getreuen
und Schildknappen im Herrn geschrieben. Der politische Theil war aber
immer und ist noch bis heute ein Echo der "Germania", der "Schle-
sischen Volkszeitung" und anderer geistesverwandter deutscher und französischer
Blätter. Veuillot war immer das Vorbild im Schimpfen und Lügen, und
der Sitzredakteur des "Kurzer ?o?ulu8ki" hat hierfür sehr häufig büßen,
oder die Wohlthäter und geistigen Eigenthümer des Blattes haben Strafen
zahlen müssen.

Die ultramontane Partei ist nirgends patriotisch; indeß simulirt der
"Kurier I^simüsKi" wenigstens polnisch-patriotische Gesinnung und macht mit
seinem Patriotismus dem ältern DsieniuK ?o2ug,üski starke Konkurrenz und
sucht ihn in dieser Hinsicht noch zu überbieten. Doch hat der Kuryerpatriotis-
mus immer einen neurömischen Anstrich, er kommt immer erst nach der hei¬
ligen Kirche. Uebrigens muß man zugestehen, daß seit, Dr. Kantecki
Chefredakteur des Blattes ist, es sich vor dem "DaieimiK?02na"8ki" durch
seine konsequentere Richtung auszeichnet. Auch derjenige, der Feind seiner
Fahne und Gegner der von ihm vertheidigten Grundsätze ist, wird anerkennen,
daß die jetzige Redaktion ihre Grundsätze mit mehr Takt, als früher ver¬
theidigt. Wie schon gesagt, existirt das Blatt nur durch Subvention seitens


det, ging er, von Silberklange der ultramontanen Beweisführung^verlockt, mit
Sack und Pack ins ultramontane Lager über und wurde das Leiborgan des
Grafen Ledochowski und der befrackten Jesuiten, welche nach Bedarf zur
Unterhaltung des ihnen im Kampfe wider den erwachenden und dem Gängel¬
bande sich entwindenden Geist nothwendigen Blattes, das kaum mehr als
700 Abonnenten und fast gar keine Inserate hat, sich also selbst durchaus
nicht erhalten kann, beisteuern.

Wie getreu die Richtung des Blattes den innersten Grundsätzen und
Ueberzeugungen der Redaktion entsprochen hat, erhellt daraus, daß während
eines Zeitraums von vier Jahren sein Chefredakteur dieselbe Person war,
welche wenige Jahre vorher als Chefredakteur des DöiermiK ?o2NAüsKi wider
die Besetzung des erzbisch vflichen Stuhles durch den Grafen Ledochowski ge¬
donnert hatte, daß zwei Hülfsredakteure dem reformirten Glaubensbekenntnisse
angehörten, und der Sitzredakteur ein Exkleriker war, der nichts weniger als
das glaubte, wofür er häufig von der Staatsanwaltschaft verantwortlich ge¬
macht wurde und jetzt noch gemacht wird.

Trotz der oben bezeichneten seltsamen Zusammensetzung der Redaktion ist
der „Kurier ?02inn>8kj" seither der treue Ausdruck ultramontaner Gesinnungen
gewesen; lange Zeit hindurch stammten seine Leaders aus der Feder des Prälaten
Kozmian, und seine Korrespondenzen wurden entweder von den Bewohnern
der „Dominsel", den Domherrn und Domviearen, oder von ihren Getreuen
und Schildknappen im Herrn geschrieben. Der politische Theil war aber
immer und ist noch bis heute ein Echo der „Germania", der „Schle-
sischen Volkszeitung" und anderer geistesverwandter deutscher und französischer
Blätter. Veuillot war immer das Vorbild im Schimpfen und Lügen, und
der Sitzredakteur des „Kurzer ?o?ulu8ki" hat hierfür sehr häufig büßen,
oder die Wohlthäter und geistigen Eigenthümer des Blattes haben Strafen
zahlen müssen.

Die ultramontane Partei ist nirgends patriotisch; indeß simulirt der
„Kurier I^simüsKi« wenigstens polnisch-patriotische Gesinnung und macht mit
seinem Patriotismus dem ältern DsieniuK ?o2ug,üski starke Konkurrenz und
sucht ihn in dieser Hinsicht noch zu überbieten. Doch hat der Kuryerpatriotis-
mus immer einen neurömischen Anstrich, er kommt immer erst nach der hei¬
ligen Kirche. Uebrigens muß man zugestehen, daß seit, Dr. Kantecki
Chefredakteur des Blattes ist, es sich vor dem „DaieimiK?02na«8ki" durch
seine konsequentere Richtung auszeichnet. Auch derjenige, der Feind seiner
Fahne und Gegner der von ihm vertheidigten Grundsätze ist, wird anerkennen,
daß die jetzige Redaktion ihre Grundsätze mit mehr Takt, als früher ver¬
theidigt. Wie schon gesagt, existirt das Blatt nur durch Subvention seitens


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[0064] det, ging er, von Silberklange der ultramontanen Beweisführung^verlockt, mit Sack und Pack ins ultramontane Lager über und wurde das Leiborgan des Grafen Ledochowski und der befrackten Jesuiten, welche nach Bedarf zur Unterhaltung des ihnen im Kampfe wider den erwachenden und dem Gängel¬ bande sich entwindenden Geist nothwendigen Blattes, das kaum mehr als 700 Abonnenten und fast gar keine Inserate hat, sich also selbst durchaus nicht erhalten kann, beisteuern. Wie getreu die Richtung des Blattes den innersten Grundsätzen und Ueberzeugungen der Redaktion entsprochen hat, erhellt daraus, daß während eines Zeitraums von vier Jahren sein Chefredakteur dieselbe Person war, welche wenige Jahre vorher als Chefredakteur des DöiermiK ?o2NAüsKi wider die Besetzung des erzbisch vflichen Stuhles durch den Grafen Ledochowski ge¬ donnert hatte, daß zwei Hülfsredakteure dem reformirten Glaubensbekenntnisse angehörten, und der Sitzredakteur ein Exkleriker war, der nichts weniger als das glaubte, wofür er häufig von der Staatsanwaltschaft verantwortlich ge¬ macht wurde und jetzt noch gemacht wird. Trotz der oben bezeichneten seltsamen Zusammensetzung der Redaktion ist der „Kurier ?02inn>8kj" seither der treue Ausdruck ultramontaner Gesinnungen gewesen; lange Zeit hindurch stammten seine Leaders aus der Feder des Prälaten Kozmian, und seine Korrespondenzen wurden entweder von den Bewohnern der „Dominsel", den Domherrn und Domviearen, oder von ihren Getreuen und Schildknappen im Herrn geschrieben. Der politische Theil war aber immer und ist noch bis heute ein Echo der „Germania", der „Schle- sischen Volkszeitung" und anderer geistesverwandter deutscher und französischer Blätter. Veuillot war immer das Vorbild im Schimpfen und Lügen, und der Sitzredakteur des „Kurzer ?o?ulu8ki" hat hierfür sehr häufig büßen, oder die Wohlthäter und geistigen Eigenthümer des Blattes haben Strafen zahlen müssen. Die ultramontane Partei ist nirgends patriotisch; indeß simulirt der „Kurier I^simüsKi« wenigstens polnisch-patriotische Gesinnung und macht mit seinem Patriotismus dem ältern DsieniuK ?o2ug,üski starke Konkurrenz und sucht ihn in dieser Hinsicht noch zu überbieten. Doch hat der Kuryerpatriotis- mus immer einen neurömischen Anstrich, er kommt immer erst nach der hei¬ ligen Kirche. Uebrigens muß man zugestehen, daß seit, Dr. Kantecki Chefredakteur des Blattes ist, es sich vor dem „DaieimiK?02na«8ki" durch seine konsequentere Richtung auszeichnet. Auch derjenige, der Feind seiner Fahne und Gegner der von ihm vertheidigten Grundsätze ist, wird anerkennen, daß die jetzige Redaktion ihre Grundsätze mit mehr Takt, als früher ver¬ theidigt. Wie schon gesagt, existirt das Blatt nur durch Subvention seitens

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/64>, abgerufen am 28.09.2024.