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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band.

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Trennung von Fühl in Folge der kläglichen Händel des "Kathvlieon"; Fühl
und Schöffer lieferten als erste gemeinsame Arbeit das herrliche Psalterium von
1457, ein Werk von solcher Hingebung und Kunstfertigkeit, daß es von wenigen
Drucken der Gegenwart übertroffen wird; die 2. Auflage von 1459 war das
zweite Werk ihrer Offizin, am K. October desselben Jahres hatten sie "DuraiM
I^tioiuüe äivinorum <Mi!." fertig gestellt, und diesem folgten die Clementinen,
Erst mit ihrem fünften Stücke, dem Manifest des Erzbischofs von Mainz gegen
Adolf von Nassau vom 4. April 1462 stellten sie ihre Kunst in profane Dienste
und dienten dem Tagesinteresse; diesem Stücke folgte bereits am 14. Angust
in 2 Großfoliobänden die 48zellige Vulgata Bibel, typographisch die schönste
aller gedruckten Bibeln. Pfister in Bamberg, der neben Gutenberg nur noch
in Frage kommen kann, druckte wie dieser zuerst Gebetbücher und Dorade,
1454 und 55 Ablaßbriefe, "Eyn mauung d' eristeheit witt' die Durke" und
1456 die lateinische 36zellige Bibel (die schelhvrnsche). Und als Fühl und
Schöffer nach der Mainzer Katastrophe ihre neue Offizin eingerichtet, stand
ihre Arbeit abermals im Dienste der Kirche; dann brachte das folgende Jahr
den Gelehrten einen Cieerodrnck (ac OWeiis 1465) und damit die 1. Ausgabe
eines alten Klassikers auf deutschem Boden. Aehnliches gilt von den Arbeiten
eines Johann Koster, Ulrich Han, Mentelin, Zainer, Ulrich Zell, P. Olpe und
die Teubner und Weidmann des 19. Jahrhunderts hießen im ausgehenden
Mittelalter Sweinheim und Pannartz: die neue Kunst für religiöse und höhere
Bildungszwecke auszunutzen, kam zuerst in Frage.

Und wie hat dieser hohen Aufgabe gegenüber Caxton seine Mission auf¬
gefaßt und erfüllt? -- Im U-zcuizil, dem ersten in englischer Sprache gedruckten,
noch vorhandenen Werke, bot er den Müßigen eine angenehme Lectüre; Unter-
haltungs- und Mvdezwecken diente sein zweiter Druck; es folgen die I'g.its an ^g,son,
die kurzen Nsäirueions, die ?roxo!ziti0, les 4 äerremeres enoses, in England
selbst die Oietos, die Roral l^roverds, Oort^es, IZootuius as Oousol., die
Ouwuielss se."., aber einen Bibeldrnck, resp, einen alten Klassiker haben die
Engländer ihren Festgenossen in Kensington nicht vorzulegen. Es sind
schließlich noch einige religiöse Bücher aus seiner Presse hervorgegangen; sieht
man die Liste durch, so finden sich einige Sachen, die von Caxton im Auftrage
gedruckt sind; die anderen, meist unbedeutende Andachtsbücher ohne über ihre
Zeit hinausreichenden Werth, dienten dem unmittelbaren Bedürfnisse und waren
auf raschen Verkauf berechnet. Typographisch sind sie trotz aller gegenwärtigen
Caxtomanie ohne allen Werth; eingehendere Sorgfalt, resp, größere Opfer find
den Büchern gewidmet, die dem Bedürfniß der Hofkreise und der vornehmen
Häuser dienten, obgleich auch die sich nicht von fern mit den herrlichen Drucken
aus der Mainzer Presse vergleichen können. -- Diese Umstände, die Betonung


Trennung von Fühl in Folge der kläglichen Händel des „Kathvlieon"; Fühl
und Schöffer lieferten als erste gemeinsame Arbeit das herrliche Psalterium von
1457, ein Werk von solcher Hingebung und Kunstfertigkeit, daß es von wenigen
Drucken der Gegenwart übertroffen wird; die 2. Auflage von 1459 war das
zweite Werk ihrer Offizin, am K. October desselben Jahres hatten sie „DuraiM
I^tioiuüe äivinorum <Mi!." fertig gestellt, und diesem folgten die Clementinen,
Erst mit ihrem fünften Stücke, dem Manifest des Erzbischofs von Mainz gegen
Adolf von Nassau vom 4. April 1462 stellten sie ihre Kunst in profane Dienste
und dienten dem Tagesinteresse; diesem Stücke folgte bereits am 14. Angust
in 2 Großfoliobänden die 48zellige Vulgata Bibel, typographisch die schönste
aller gedruckten Bibeln. Pfister in Bamberg, der neben Gutenberg nur noch
in Frage kommen kann, druckte wie dieser zuerst Gebetbücher und Dorade,
1454 und 55 Ablaßbriefe, „Eyn mauung d' eristeheit witt' die Durke" und
1456 die lateinische 36zellige Bibel (die schelhvrnsche). Und als Fühl und
Schöffer nach der Mainzer Katastrophe ihre neue Offizin eingerichtet, stand
ihre Arbeit abermals im Dienste der Kirche; dann brachte das folgende Jahr
den Gelehrten einen Cieerodrnck (ac OWeiis 1465) und damit die 1. Ausgabe
eines alten Klassikers auf deutschem Boden. Aehnliches gilt von den Arbeiten
eines Johann Koster, Ulrich Han, Mentelin, Zainer, Ulrich Zell, P. Olpe und
die Teubner und Weidmann des 19. Jahrhunderts hießen im ausgehenden
Mittelalter Sweinheim und Pannartz: die neue Kunst für religiöse und höhere
Bildungszwecke auszunutzen, kam zuerst in Frage.

Und wie hat dieser hohen Aufgabe gegenüber Caxton seine Mission auf¬
gefaßt und erfüllt? — Im U-zcuizil, dem ersten in englischer Sprache gedruckten,
noch vorhandenen Werke, bot er den Müßigen eine angenehme Lectüre; Unter-
haltungs- und Mvdezwecken diente sein zweiter Druck; es folgen die I'g.its an ^g,son,
die kurzen Nsäirueions, die ?roxo!ziti0, les 4 äerremeres enoses, in England
selbst die Oietos, die Roral l^roverds, Oort^es, IZootuius as Oousol., die
Ouwuielss se.«., aber einen Bibeldrnck, resp, einen alten Klassiker haben die
Engländer ihren Festgenossen in Kensington nicht vorzulegen. Es sind
schließlich noch einige religiöse Bücher aus seiner Presse hervorgegangen; sieht
man die Liste durch, so finden sich einige Sachen, die von Caxton im Auftrage
gedruckt sind; die anderen, meist unbedeutende Andachtsbücher ohne über ihre
Zeit hinausreichenden Werth, dienten dem unmittelbaren Bedürfnisse und waren
auf raschen Verkauf berechnet. Typographisch sind sie trotz aller gegenwärtigen
Caxtomanie ohne allen Werth; eingehendere Sorgfalt, resp, größere Opfer find
den Büchern gewidmet, die dem Bedürfniß der Hofkreise und der vornehmen
Häuser dienten, obgleich auch die sich nicht von fern mit den herrlichen Drucken
aus der Mainzer Presse vergleichen können. — Diese Umstände, die Betonung


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/59>, abgerufen am 28.09.2024.