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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band.

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Z 18. Uebrigens muß Er sich ein Buch halten, worin Er successive die
Ordres die Ihm zukommen einträgt, darin Er dann diese Instruktion
welche Er in allen Stücken genau zu befolgen hat, proemmittiret.

Z 19. Für diese Aufsicht und Commado sollen Ihm zufolge Ihrer Hoch-
gräfl. Excellenz gnädigster Resolution vom 31. October 1763, von der Zeit
an, da Er solches übernommen, 50, schreibe Fünfzig Reichsthaler jährlich aus
der Contributions-Casse gereichet werden.

Welch' kostbaren Schatz von militärischer Intelligenz muß die Burg ein¬
geschlossen haben! Der Schloßverwalter Erdmann entwirft geniale Defensions¬
pläne, und die Kanzlei, ein zweiter Hofkriegsrath, durchdenkt und prüft sie, um
dann einem der Entwürfe die Approbation zu ertheilen! Und dennoch darf
man es als ein unverdientes Glück erachten, daß Herrn Erd manu, den Kanzlei¬
verordneten, sowie der braven Burgmilice die Heldeulausbahn nicht eröffnet
worden ist und daß sie niemals in die, Lage kamen, eine tapfere und herz¬
hafte Vertheidigung der Burg sowie der ganzen Herrlichkeit zu veranstalten.
Ohne einer pessimistischen Weltanschauung Raum geben zu wollen, darf man
wohl die Ansicht aussprechen, daß es in einem solchen Falle mit der ganzen
Herrlichkeit sehr bald zu Ende gegangen sein würde. Im hochgrcifl. Schlo߬
hofe von Kniphausen grünte nicht der Stamm, aus dessen Holze man Helden
schneidet!

Ließ es doch eines Tages die Burgwache ruhig geschehen, daß in ihrer
Gegenwart ein Kniphausenscher Eingesessener von zwei dänischen Werbern ge¬
waltsam entführt wurde, wobei noch der eine Werber hämisch darauf hinwies,
man möge sie doch arretiren, es sei ja eine Wache da. Dieser Fall gab zu
diplomatischen Verhandlungen mit dem dänischen Höchstkommandirenden zu
Oldenburg Veranlassung, und als dieser nichts weniger als höflich jede Genug¬
thuung zurückwies, beruhigte man sich dabei. Nur der Wirth, bei dem sich die
Hauptscene der Entsührungsgeschichte abgespielt hatte, wurde als Sündenbock
in Strafe genommen und der drakonische Befehl ertheilt, jeden dänischen
Werber, der sich wieder in der Herrlichkeit blicken ließe, sofort zu arretiren.
Was es jedoch mit der Ausführung eines solchen Befehls zu besagen gehabt
haben würde, geht aus dem nachstehenden, wörtlichen Passus eines dem
Grafen Bentinck über deu Vorfall erstatteten Berichtes hervor: "Damit indessen
doch die Einwohner der Herrlichkeit Kniephaufen zugleich überzeugt werden
möchten, daß Euer Hochgräfliche Excellenz sie wider alle Gewaltthätigkeiten zu
schützen bereit wären, ertheilte ich mehr zum Schein als im Ernst und
weil mir schon bewußt war, daß die Werbung aufhörte, der Canzlei daselbst
die Ordre, die beiden auf Werbung Kvmmandirten, sobald sie sich dorten wieder
vorfinden sollten, sofort arretiren zu lassen. Indessen ist bei der in der hiesigen


Z 18. Uebrigens muß Er sich ein Buch halten, worin Er successive die
Ordres die Ihm zukommen einträgt, darin Er dann diese Instruktion
welche Er in allen Stücken genau zu befolgen hat, proemmittiret.

Z 19. Für diese Aufsicht und Commado sollen Ihm zufolge Ihrer Hoch-
gräfl. Excellenz gnädigster Resolution vom 31. October 1763, von der Zeit
an, da Er solches übernommen, 50, schreibe Fünfzig Reichsthaler jährlich aus
der Contributions-Casse gereichet werden.

Welch' kostbaren Schatz von militärischer Intelligenz muß die Burg ein¬
geschlossen haben! Der Schloßverwalter Erdmann entwirft geniale Defensions¬
pläne, und die Kanzlei, ein zweiter Hofkriegsrath, durchdenkt und prüft sie, um
dann einem der Entwürfe die Approbation zu ertheilen! Und dennoch darf
man es als ein unverdientes Glück erachten, daß Herrn Erd manu, den Kanzlei¬
verordneten, sowie der braven Burgmilice die Heldeulausbahn nicht eröffnet
worden ist und daß sie niemals in die, Lage kamen, eine tapfere und herz¬
hafte Vertheidigung der Burg sowie der ganzen Herrlichkeit zu veranstalten.
Ohne einer pessimistischen Weltanschauung Raum geben zu wollen, darf man
wohl die Ansicht aussprechen, daß es in einem solchen Falle mit der ganzen
Herrlichkeit sehr bald zu Ende gegangen sein würde. Im hochgrcifl. Schlo߬
hofe von Kniphausen grünte nicht der Stamm, aus dessen Holze man Helden
schneidet!

Ließ es doch eines Tages die Burgwache ruhig geschehen, daß in ihrer
Gegenwart ein Kniphausenscher Eingesessener von zwei dänischen Werbern ge¬
waltsam entführt wurde, wobei noch der eine Werber hämisch darauf hinwies,
man möge sie doch arretiren, es sei ja eine Wache da. Dieser Fall gab zu
diplomatischen Verhandlungen mit dem dänischen Höchstkommandirenden zu
Oldenburg Veranlassung, und als dieser nichts weniger als höflich jede Genug¬
thuung zurückwies, beruhigte man sich dabei. Nur der Wirth, bei dem sich die
Hauptscene der Entsührungsgeschichte abgespielt hatte, wurde als Sündenbock
in Strafe genommen und der drakonische Befehl ertheilt, jeden dänischen
Werber, der sich wieder in der Herrlichkeit blicken ließe, sofort zu arretiren.
Was es jedoch mit der Ausführung eines solchen Befehls zu besagen gehabt
haben würde, geht aus dem nachstehenden, wörtlichen Passus eines dem
Grafen Bentinck über deu Vorfall erstatteten Berichtes hervor: „Damit indessen
doch die Einwohner der Herrlichkeit Kniephaufen zugleich überzeugt werden
möchten, daß Euer Hochgräfliche Excellenz sie wider alle Gewaltthätigkeiten zu
schützen bereit wären, ertheilte ich mehr zum Schein als im Ernst und
weil mir schon bewußt war, daß die Werbung aufhörte, der Canzlei daselbst
die Ordre, die beiden auf Werbung Kvmmandirten, sobald sie sich dorten wieder
vorfinden sollten, sofort arretiren zu lassen. Indessen ist bei der in der hiesigen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/271>, abgerufen am 30.09.2024.