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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band.

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diesem unwürdigen, blutigen Handel besudeln. Diejenige Nation, welche den
ersten Sklaven in Afrika kaufte, scheint auch die letzte sein zu wollen, die mit
ihren Mitmenschen Handel treibt. Es sind die Portugiesen. Cameron's
und ebenso Joung's Aussagen sind zwar von den Portugiesen selbst stark ange¬
zweifelt worden, und, wie bekannt, herrschte in der Sitzung der Kammer am
17. Februar d. I. in Lissabon keine geringe Aufregung. Leider ist diese An¬
zweifelung der Aussagen des berühmten Reisenden völlig werthlos, denn die
Anklagen Hming's ^o Cameron's reihen sich nur an die Livingstone's und
früherer Reisender in jenen Gegenden bestätigend an. Hören wir, was Cameron
mittheilt. "Ein kleiner Theil von Senator Goncalves' Leuten stieß am Morgen
zu uns; wir hörten von ihm, daß keine Sklaven mehr nach Bengella eingeführt
werden dürften und daß die letzthin hereingebrachten befreit und die Händler
bestraft seien. Dies war für Manoel und die M-ba-lnndu, welche mich be¬
gleiteten, eine unwillkommene Neuigkeit, und sie zogen merkwürdig lange Ge¬
sichter. Manoel hatte mir erst noch am vorhergehenden Tage erzählt, daß noch
jetzt Sklaven von der Küste und besonders von Mossamedes ausgeführt würden.
Er sagte, daß sie nicht wie früher in Barakuus, sondern außerhalb der Stadt
in kleinen Partien zerstreut zur Verschiffung bereit gehalten würden. Ein
Dampfer liefe für ein bis zwei Stunden ein, nähme die Sklaven an Bord
und gehe schleunigst auf und davou. Ich fragte nach ihrem Bestimmungsort,
allein Manoel konnte mir keine Auskunft darüber geben; er war zu sehr
Ignorant, um etwas von der Außenseite der Welt zu wissen." <S. 245--246.)

"An den Grenzen der portugiesischen Besitzungen, besonders an denen
von BiP nach Urua und Kabarga wird ein großer, binnenlündischer Sklaven¬
handel betrieben. Der größte Theil dieser Gefangenen -- sie sind fast alle
gewaltsam geraubt -- wird nicht nach der Küste, sondern in die Kafirlünder
gebracht, wo sie gegen Elfenbein vertauscht werde". Ich würde gar nicht
überrascht sein, wenn ich erführe, daß die "Arbeiter" in den Diamantfeldern
aus dieser Quelle stammen. Die Händler stehen in nichts hinter ihren Vor¬
gängern zurück. Auch sie betrachten und behandeln den Sklaven als Waare,
wie einen Ballen Zeug. Dieser Julandsklavenhandel wird hauptsächlich durch
Sklaven von Kaufleuten an der Küste betrieben; sie sind -- wie es stets
der Fall ist -- die grausamsten Bedrücker Aller, die in ihre Klanen fallen."
(S. 323--325.)

"Auf meinem Marsch mit Alvez wurde ich durch die Art und Weise, in
welcher ich die Sklaven behandelt sah, über alle Maßen empört. Ich nehme
keinen Anstand, den gemeinsten Araber für einen schuldlosen Engel des Himmels
im Vergleich zu den Portugiesen und denen, welche mit ihnen reisen, zu halten.
Hätte ich es uicht mit meinen eigenen Augen gesehen, würde ich nie geglaubt


diesem unwürdigen, blutigen Handel besudeln. Diejenige Nation, welche den
ersten Sklaven in Afrika kaufte, scheint auch die letzte sein zu wollen, die mit
ihren Mitmenschen Handel treibt. Es sind die Portugiesen. Cameron's
und ebenso Joung's Aussagen sind zwar von den Portugiesen selbst stark ange¬
zweifelt worden, und, wie bekannt, herrschte in der Sitzung der Kammer am
17. Februar d. I. in Lissabon keine geringe Aufregung. Leider ist diese An¬
zweifelung der Aussagen des berühmten Reisenden völlig werthlos, denn die
Anklagen Hming's ^o Cameron's reihen sich nur an die Livingstone's und
früherer Reisender in jenen Gegenden bestätigend an. Hören wir, was Cameron
mittheilt. „Ein kleiner Theil von Senator Goncalves' Leuten stieß am Morgen
zu uns; wir hörten von ihm, daß keine Sklaven mehr nach Bengella eingeführt
werden dürften und daß die letzthin hereingebrachten befreit und die Händler
bestraft seien. Dies war für Manoel und die M-ba-lnndu, welche mich be¬
gleiteten, eine unwillkommene Neuigkeit, und sie zogen merkwürdig lange Ge¬
sichter. Manoel hatte mir erst noch am vorhergehenden Tage erzählt, daß noch
jetzt Sklaven von der Küste und besonders von Mossamedes ausgeführt würden.
Er sagte, daß sie nicht wie früher in Barakuus, sondern außerhalb der Stadt
in kleinen Partien zerstreut zur Verschiffung bereit gehalten würden. Ein
Dampfer liefe für ein bis zwei Stunden ein, nähme die Sklaven an Bord
und gehe schleunigst auf und davou. Ich fragte nach ihrem Bestimmungsort,
allein Manoel konnte mir keine Auskunft darüber geben; er war zu sehr
Ignorant, um etwas von der Außenseite der Welt zu wissen." <S. 245—246.)

„An den Grenzen der portugiesischen Besitzungen, besonders an denen
von BiP nach Urua und Kabarga wird ein großer, binnenlündischer Sklaven¬
handel betrieben. Der größte Theil dieser Gefangenen — sie sind fast alle
gewaltsam geraubt — wird nicht nach der Küste, sondern in die Kafirlünder
gebracht, wo sie gegen Elfenbein vertauscht werde». Ich würde gar nicht
überrascht sein, wenn ich erführe, daß die „Arbeiter" in den Diamantfeldern
aus dieser Quelle stammen. Die Händler stehen in nichts hinter ihren Vor¬
gängern zurück. Auch sie betrachten und behandeln den Sklaven als Waare,
wie einen Ballen Zeug. Dieser Julandsklavenhandel wird hauptsächlich durch
Sklaven von Kaufleuten an der Küste betrieben; sie sind — wie es stets
der Fall ist — die grausamsten Bedrücker Aller, die in ihre Klanen fallen."
(S. 323—325.)

„Auf meinem Marsch mit Alvez wurde ich durch die Art und Weise, in
welcher ich die Sklaven behandelt sah, über alle Maßen empört. Ich nehme
keinen Anstand, den gemeinsten Araber für einen schuldlosen Engel des Himmels
im Vergleich zu den Portugiesen und denen, welche mit ihnen reisen, zu halten.
Hätte ich es uicht mit meinen eigenen Augen gesehen, würde ich nie geglaubt


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/226>, abgerufen am 21.10.2024.