Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Brüning vom April 1763 heißt es in Bezug auf die Anwerbung der manqui-
renden Leute: "Ueber diesem sind noch einige Leute in der hiesigen Herrlich¬
keit, welche zwar nicht von der besten Aufführung sind/ besonders sich aber
mit Spielen sehr abgeben, die jedoch im Falle man keine besseren bekommen
könnte, wohl zu Soldaten angenommen werden möchten. Da wir aber bisher
allezeit gehoffet, annoch solche Leute zu bekommen, die nebst den übrigen Er¬
fordernissen auch eine gute Aufführung hätten, so haben wir dieselben noch bei
Seite gelassen, wir sehen uns aber jedennoch nunmehr genöthigt, auf deren
Engagement Bedacht zu sein." Zum Schluß wirft er noch die sehr zeitgemäße
Frage auf, "ob nicht in Zukunft zu desto mehrer Aufmunterung für die allhier
zu haltende Mannschaft etwas mehr an Löhnung zu bewilligen wäre."

Wie die Gemeinen mit 2 Thaler 12 Grote monatlicher Löhnung, wovon
noch 5 Grote zur Krankenkasse abgegeben werden mußten, ohne Brod, ohne
Quartier, welches erst vom Ende der fünfziger Jahre an bewilligt, resp, ver¬
gütet wurde, haben existiren können, ist allerdings schwer begreiflich. Und wie
mögen nach dreijähriger Tragezeit die Röcke ausgesehen haben, namentlich der
des Tambours mit seiner rothen "Muudirung"? Daß die Kammerbestände
auf eine unerwartete Augmentation nicht eingerichtet waren, erhellt aus einem
Bericht vom 25. April 1761, in welchem es heißt: "Es ist für den neuange¬
worbenen Musquetier Gerhardts keine Mondirung vorhanden, indem des ver¬
storbenen Gunnel Jaußen seine gänzlich zerrissen und überdem auch viel zu
klein ist; so fehlt es auch dem anderen angeworbenen Jakob Swenscky an
einer Hose."

Wir haben vorher gesehen, in welcher Weise die Kräfte der Leute zum
Wachdienst in Anspruch genommen wurden. Dies scheint sich denn doch nicht
auf die Dauer haben durchführen zu lassen, und aus dem vorher erwähnten lamen-
tabeln Berichte des Kanzleirath Brüning vom Jahre 1763 geht schon hervor,
daß die Bereitwilligkeit der Soldaten für die Manquirenden Lohnwachen zu
thun, wenigstens in der Ausdehnung, daß sie sich drei Viertel des Jahres auf
Wache befanden, im Rückgange begriffen war. Man suchte sich sonach auf
andere Art zu helfen. Im Jahre 1769 sollte die Kniphausensche Armee, die
zur Zeit einen Bestand von 3 Unteroffizieren, 1 Tambour und 14 Gemeinen
hatte, jedenfalls aus Ersparungsrücksichten, stark reduzirt werden, d. h. um 6
Gemeine, so daß nur 8 Mann im Dienst verblieben. Trotzdem daß man nun
endlich zu dem Entschlüsse gekommen war, dem geringen Etat entsprechend auch
die Wache zu reduziren und zwar ans 1 Unteroffizier und 3 Mann, so fehlte zu
einem regelmäßigen dreitägigen Turnus immer noch ein Mann. Aus dieser
Kalamität wußte mau sich auf sehr sinnreiche Weise herauszuziehen, wie aus
dem nachstehenden Berichte der Kanzlei ä, ä. Kniphausen den 3. April 1769


Brüning vom April 1763 heißt es in Bezug auf die Anwerbung der manqui-
renden Leute: „Ueber diesem sind noch einige Leute in der hiesigen Herrlich¬
keit, welche zwar nicht von der besten Aufführung sind/ besonders sich aber
mit Spielen sehr abgeben, die jedoch im Falle man keine besseren bekommen
könnte, wohl zu Soldaten angenommen werden möchten. Da wir aber bisher
allezeit gehoffet, annoch solche Leute zu bekommen, die nebst den übrigen Er¬
fordernissen auch eine gute Aufführung hätten, so haben wir dieselben noch bei
Seite gelassen, wir sehen uns aber jedennoch nunmehr genöthigt, auf deren
Engagement Bedacht zu sein." Zum Schluß wirft er noch die sehr zeitgemäße
Frage auf, „ob nicht in Zukunft zu desto mehrer Aufmunterung für die allhier
zu haltende Mannschaft etwas mehr an Löhnung zu bewilligen wäre."

Wie die Gemeinen mit 2 Thaler 12 Grote monatlicher Löhnung, wovon
noch 5 Grote zur Krankenkasse abgegeben werden mußten, ohne Brod, ohne
Quartier, welches erst vom Ende der fünfziger Jahre an bewilligt, resp, ver¬
gütet wurde, haben existiren können, ist allerdings schwer begreiflich. Und wie
mögen nach dreijähriger Tragezeit die Röcke ausgesehen haben, namentlich der
des Tambours mit seiner rothen „Muudirung"? Daß die Kammerbestände
auf eine unerwartete Augmentation nicht eingerichtet waren, erhellt aus einem
Bericht vom 25. April 1761, in welchem es heißt: „Es ist für den neuange¬
worbenen Musquetier Gerhardts keine Mondirung vorhanden, indem des ver¬
storbenen Gunnel Jaußen seine gänzlich zerrissen und überdem auch viel zu
klein ist; so fehlt es auch dem anderen angeworbenen Jakob Swenscky an
einer Hose."

Wir haben vorher gesehen, in welcher Weise die Kräfte der Leute zum
Wachdienst in Anspruch genommen wurden. Dies scheint sich denn doch nicht
auf die Dauer haben durchführen zu lassen, und aus dem vorher erwähnten lamen-
tabeln Berichte des Kanzleirath Brüning vom Jahre 1763 geht schon hervor,
daß die Bereitwilligkeit der Soldaten für die Manquirenden Lohnwachen zu
thun, wenigstens in der Ausdehnung, daß sie sich drei Viertel des Jahres auf
Wache befanden, im Rückgange begriffen war. Man suchte sich sonach auf
andere Art zu helfen. Im Jahre 1769 sollte die Kniphausensche Armee, die
zur Zeit einen Bestand von 3 Unteroffizieren, 1 Tambour und 14 Gemeinen
hatte, jedenfalls aus Ersparungsrücksichten, stark reduzirt werden, d. h. um 6
Gemeine, so daß nur 8 Mann im Dienst verblieben. Trotzdem daß man nun
endlich zu dem Entschlüsse gekommen war, dem geringen Etat entsprechend auch
die Wache zu reduziren und zwar ans 1 Unteroffizier und 3 Mann, so fehlte zu
einem regelmäßigen dreitägigen Turnus immer noch ein Mann. Aus dieser
Kalamität wußte mau sich auf sehr sinnreiche Weise herauszuziehen, wie aus
dem nachstehenden Berichte der Kanzlei ä, ä. Kniphausen den 3. April 1769


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0221" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/138452"/>
          <p xml:id="ID_649" prev="#ID_648"> Brüning vom April 1763 heißt es in Bezug auf die Anwerbung der manqui-<lb/>
renden Leute: &#x201E;Ueber diesem sind noch einige Leute in der hiesigen Herrlich¬<lb/>
keit, welche zwar nicht von der besten Aufführung sind/ besonders sich aber<lb/>
mit Spielen sehr abgeben, die jedoch im Falle man keine besseren bekommen<lb/>
könnte, wohl zu Soldaten angenommen werden möchten. Da wir aber bisher<lb/>
allezeit gehoffet, annoch solche Leute zu bekommen, die nebst den übrigen Er¬<lb/>
fordernissen auch eine gute Aufführung hätten, so haben wir dieselben noch bei<lb/>
Seite gelassen, wir sehen uns aber jedennoch nunmehr genöthigt, auf deren<lb/>
Engagement Bedacht zu sein." Zum Schluß wirft er noch die sehr zeitgemäße<lb/>
Frage auf, &#x201E;ob nicht in Zukunft zu desto mehrer Aufmunterung für die allhier<lb/>
zu haltende Mannschaft etwas mehr an Löhnung zu bewilligen wäre."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_650"> Wie die Gemeinen mit 2 Thaler 12 Grote monatlicher Löhnung, wovon<lb/>
noch 5 Grote zur Krankenkasse abgegeben werden mußten, ohne Brod, ohne<lb/>
Quartier, welches erst vom Ende der fünfziger Jahre an bewilligt, resp, ver¬<lb/>
gütet wurde, haben existiren können, ist allerdings schwer begreiflich. Und wie<lb/>
mögen nach dreijähriger Tragezeit die Röcke ausgesehen haben, namentlich der<lb/>
des Tambours mit seiner rothen &#x201E;Muudirung"? Daß die Kammerbestände<lb/>
auf eine unerwartete Augmentation nicht eingerichtet waren, erhellt aus einem<lb/>
Bericht vom 25. April 1761, in welchem es heißt: &#x201E;Es ist für den neuange¬<lb/>
worbenen Musquetier Gerhardts keine Mondirung vorhanden, indem des ver¬<lb/>
storbenen Gunnel Jaußen seine gänzlich zerrissen und überdem auch viel zu<lb/>
klein ist; so fehlt es auch dem anderen angeworbenen Jakob Swenscky an<lb/>
einer Hose."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_651" next="#ID_652"> Wir haben vorher gesehen, in welcher Weise die Kräfte der Leute zum<lb/>
Wachdienst in Anspruch genommen wurden. Dies scheint sich denn doch nicht<lb/>
auf die Dauer haben durchführen zu lassen, und aus dem vorher erwähnten lamen-<lb/>
tabeln Berichte des Kanzleirath Brüning vom Jahre 1763 geht schon hervor,<lb/>
daß die Bereitwilligkeit der Soldaten für die Manquirenden Lohnwachen zu<lb/>
thun, wenigstens in der Ausdehnung, daß sie sich drei Viertel des Jahres auf<lb/>
Wache befanden, im Rückgange begriffen war. Man suchte sich sonach auf<lb/>
andere Art zu helfen. Im Jahre 1769 sollte die Kniphausensche Armee, die<lb/>
zur Zeit einen Bestand von 3 Unteroffizieren, 1 Tambour und 14 Gemeinen<lb/>
hatte, jedenfalls aus Ersparungsrücksichten, stark reduzirt werden, d. h. um 6<lb/>
Gemeine, so daß nur 8 Mann im Dienst verblieben. Trotzdem daß man nun<lb/>
endlich zu dem Entschlüsse gekommen war, dem geringen Etat entsprechend auch<lb/>
die Wache zu reduziren und zwar ans 1 Unteroffizier und 3 Mann, so fehlte zu<lb/>
einem regelmäßigen dreitägigen Turnus immer noch ein Mann. Aus dieser<lb/>
Kalamität wußte mau sich auf sehr sinnreiche Weise herauszuziehen, wie aus<lb/>
dem nachstehenden Berichte der Kanzlei ä, ä. Kniphausen den 3. April 1769</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0221] Brüning vom April 1763 heißt es in Bezug auf die Anwerbung der manqui- renden Leute: „Ueber diesem sind noch einige Leute in der hiesigen Herrlich¬ keit, welche zwar nicht von der besten Aufführung sind/ besonders sich aber mit Spielen sehr abgeben, die jedoch im Falle man keine besseren bekommen könnte, wohl zu Soldaten angenommen werden möchten. Da wir aber bisher allezeit gehoffet, annoch solche Leute zu bekommen, die nebst den übrigen Er¬ fordernissen auch eine gute Aufführung hätten, so haben wir dieselben noch bei Seite gelassen, wir sehen uns aber jedennoch nunmehr genöthigt, auf deren Engagement Bedacht zu sein." Zum Schluß wirft er noch die sehr zeitgemäße Frage auf, „ob nicht in Zukunft zu desto mehrer Aufmunterung für die allhier zu haltende Mannschaft etwas mehr an Löhnung zu bewilligen wäre." Wie die Gemeinen mit 2 Thaler 12 Grote monatlicher Löhnung, wovon noch 5 Grote zur Krankenkasse abgegeben werden mußten, ohne Brod, ohne Quartier, welches erst vom Ende der fünfziger Jahre an bewilligt, resp, ver¬ gütet wurde, haben existiren können, ist allerdings schwer begreiflich. Und wie mögen nach dreijähriger Tragezeit die Röcke ausgesehen haben, namentlich der des Tambours mit seiner rothen „Muudirung"? Daß die Kammerbestände auf eine unerwartete Augmentation nicht eingerichtet waren, erhellt aus einem Bericht vom 25. April 1761, in welchem es heißt: „Es ist für den neuange¬ worbenen Musquetier Gerhardts keine Mondirung vorhanden, indem des ver¬ storbenen Gunnel Jaußen seine gänzlich zerrissen und überdem auch viel zu klein ist; so fehlt es auch dem anderen angeworbenen Jakob Swenscky an einer Hose." Wir haben vorher gesehen, in welcher Weise die Kräfte der Leute zum Wachdienst in Anspruch genommen wurden. Dies scheint sich denn doch nicht auf die Dauer haben durchführen zu lassen, und aus dem vorher erwähnten lamen- tabeln Berichte des Kanzleirath Brüning vom Jahre 1763 geht schon hervor, daß die Bereitwilligkeit der Soldaten für die Manquirenden Lohnwachen zu thun, wenigstens in der Ausdehnung, daß sie sich drei Viertel des Jahres auf Wache befanden, im Rückgange begriffen war. Man suchte sich sonach auf andere Art zu helfen. Im Jahre 1769 sollte die Kniphausensche Armee, die zur Zeit einen Bestand von 3 Unteroffizieren, 1 Tambour und 14 Gemeinen hatte, jedenfalls aus Ersparungsrücksichten, stark reduzirt werden, d. h. um 6 Gemeine, so daß nur 8 Mann im Dienst verblieben. Trotzdem daß man nun endlich zu dem Entschlüsse gekommen war, dem geringen Etat entsprechend auch die Wache zu reduziren und zwar ans 1 Unteroffizier und 3 Mann, so fehlte zu einem regelmäßigen dreitägigen Turnus immer noch ein Mann. Aus dieser Kalamität wußte mau sich auf sehr sinnreiche Weise herauszuziehen, wie aus dem nachstehenden Berichte der Kanzlei ä, ä. Kniphausen den 3. April 1769

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/221
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/221>, abgerufen am 21.10.2024.