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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band.

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Dienstpflicht war zu jener Zeit, wie überall, auch in der Herrlichkeit Kniphausen
noch nicht eingeführt -- gibt uns ein Promemoria vom Jahre 1757 "wegen
Enrollirung einiger Mannschaft von Seiner Hochgräflicher Excellenz den
Herren Grafen von Bentinck zur Verstärkung der Kniphausenschen Garnison"
genügende Auskunft.

Wir haben bereits früher erwähnt, wie bis zu Anfang des Jahres 1757
die Burgmilice in so erheblicher Weise, d. h. bis zu einer Kopfstärke von zehn
Mann, reduzirt worden war, daß dadurch deren Schlagfertigkeit unbedingt in
Frage gestellt werden mußte. Solche Erwägungen führten, im Hinblick auf
die drohenden Gewitterwolken, welche damals am politischen Himmel Deutsch¬
lands aufzogen, um sich bald darauf in Sachsen und Böhmen zu entladen,
zu dem Entschluß, die Besatzung der Burg auf etwa 20 Mann zu vermehren.
Zu dem Ende wandte sich der damalige Herr Amtsschreiber, spätere Kanzlei¬
rath Brüning, der allem Anschein nach auf Kniphausen das Portefeuille des
Auswärtigen wie des Krieges in Händen hatte, im Auftrage Seiner Hoch¬
gräflicher Excellenz des Herrn Grafen von Bentinck an zwei auswärtige
Agenten, Kapitän de la Porte zu Westerstede und an einen Kapitän Strackerjan,
um die benöthigten Mannschaften anzuwerben. In dem Begleitschreiben, wel¬
chem das erwähnte Promemoria beigefügt war, wurde am Schlüsse noch er¬
munternd bemerkt, daß ja möglicher Weise manchem Menschen damit gedient
werde, wenn er durch solche Anwerbung auf Kniphausen sein "Todtbrodt"
finden konnte. Das Promemoria enthält nun nachstehende zehn Punkte:

1) Die Leute sind vorläufig auf näheren Bescheid anzunehmen und muß
gewiß sein, daß sie, wenn es verlangt wird, auf den ersten Wink bereit sind,
die Dienste anzutreten.

2) Müssen sie auf drei Jahre kapituliren.

3) Die Leute müssen gesund, frisch und vollkommen diensttüchtige
Männer sein.

4) Auf die Größe ist sodann nicht so sehr zu sehen.

5) Sie müsse" sicher, zuverlässig und treu sein.

6) Keine Weiber haben, oder doch wenigstens ihre Weiber und Kinder
zurücklassen.

7) Sie bekommen nebst Mundirung und freiem Quartier die gewöhnliche
Musquetierverpflegung.

8) Dabei haben sie den Vortheil, daß sie gar kommode Tage haben wer¬
den und im Sommer nebenher tagelöhnen und solchergestalt, wenn sie nur
tüchtige Kerls sind, noch Geld genug verdienen können, welches nicht fehlen
kann, da die Tagelöhner im Sommer sehr rar in Kniphausen sind.

9) Es können auf jeden Kerl 10 Thaler mit allen Kosten, nachdem er


Dienstpflicht war zu jener Zeit, wie überall, auch in der Herrlichkeit Kniphausen
noch nicht eingeführt — gibt uns ein Promemoria vom Jahre 1757 „wegen
Enrollirung einiger Mannschaft von Seiner Hochgräflicher Excellenz den
Herren Grafen von Bentinck zur Verstärkung der Kniphausenschen Garnison"
genügende Auskunft.

Wir haben bereits früher erwähnt, wie bis zu Anfang des Jahres 1757
die Burgmilice in so erheblicher Weise, d. h. bis zu einer Kopfstärke von zehn
Mann, reduzirt worden war, daß dadurch deren Schlagfertigkeit unbedingt in
Frage gestellt werden mußte. Solche Erwägungen führten, im Hinblick auf
die drohenden Gewitterwolken, welche damals am politischen Himmel Deutsch¬
lands aufzogen, um sich bald darauf in Sachsen und Böhmen zu entladen,
zu dem Entschluß, die Besatzung der Burg auf etwa 20 Mann zu vermehren.
Zu dem Ende wandte sich der damalige Herr Amtsschreiber, spätere Kanzlei¬
rath Brüning, der allem Anschein nach auf Kniphausen das Portefeuille des
Auswärtigen wie des Krieges in Händen hatte, im Auftrage Seiner Hoch¬
gräflicher Excellenz des Herrn Grafen von Bentinck an zwei auswärtige
Agenten, Kapitän de la Porte zu Westerstede und an einen Kapitän Strackerjan,
um die benöthigten Mannschaften anzuwerben. In dem Begleitschreiben, wel¬
chem das erwähnte Promemoria beigefügt war, wurde am Schlüsse noch er¬
munternd bemerkt, daß ja möglicher Weise manchem Menschen damit gedient
werde, wenn er durch solche Anwerbung auf Kniphausen sein „Todtbrodt"
finden konnte. Das Promemoria enthält nun nachstehende zehn Punkte:

1) Die Leute sind vorläufig auf näheren Bescheid anzunehmen und muß
gewiß sein, daß sie, wenn es verlangt wird, auf den ersten Wink bereit sind,
die Dienste anzutreten.

2) Müssen sie auf drei Jahre kapituliren.

3) Die Leute müssen gesund, frisch und vollkommen diensttüchtige
Männer sein.

4) Auf die Größe ist sodann nicht so sehr zu sehen.

5) Sie müsse» sicher, zuverlässig und treu sein.

6) Keine Weiber haben, oder doch wenigstens ihre Weiber und Kinder
zurücklassen.

7) Sie bekommen nebst Mundirung und freiem Quartier die gewöhnliche
Musquetierverpflegung.

8) Dabei haben sie den Vortheil, daß sie gar kommode Tage haben wer¬
den und im Sommer nebenher tagelöhnen und solchergestalt, wenn sie nur
tüchtige Kerls sind, noch Geld genug verdienen können, welches nicht fehlen
kann, da die Tagelöhner im Sommer sehr rar in Kniphausen sind.

9) Es können auf jeden Kerl 10 Thaler mit allen Kosten, nachdem er


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[0219] Dienstpflicht war zu jener Zeit, wie überall, auch in der Herrlichkeit Kniphausen noch nicht eingeführt — gibt uns ein Promemoria vom Jahre 1757 „wegen Enrollirung einiger Mannschaft von Seiner Hochgräflicher Excellenz den Herren Grafen von Bentinck zur Verstärkung der Kniphausenschen Garnison" genügende Auskunft. Wir haben bereits früher erwähnt, wie bis zu Anfang des Jahres 1757 die Burgmilice in so erheblicher Weise, d. h. bis zu einer Kopfstärke von zehn Mann, reduzirt worden war, daß dadurch deren Schlagfertigkeit unbedingt in Frage gestellt werden mußte. Solche Erwägungen führten, im Hinblick auf die drohenden Gewitterwolken, welche damals am politischen Himmel Deutsch¬ lands aufzogen, um sich bald darauf in Sachsen und Böhmen zu entladen, zu dem Entschluß, die Besatzung der Burg auf etwa 20 Mann zu vermehren. Zu dem Ende wandte sich der damalige Herr Amtsschreiber, spätere Kanzlei¬ rath Brüning, der allem Anschein nach auf Kniphausen das Portefeuille des Auswärtigen wie des Krieges in Händen hatte, im Auftrage Seiner Hoch¬ gräflicher Excellenz des Herrn Grafen von Bentinck an zwei auswärtige Agenten, Kapitän de la Porte zu Westerstede und an einen Kapitän Strackerjan, um die benöthigten Mannschaften anzuwerben. In dem Begleitschreiben, wel¬ chem das erwähnte Promemoria beigefügt war, wurde am Schlüsse noch er¬ munternd bemerkt, daß ja möglicher Weise manchem Menschen damit gedient werde, wenn er durch solche Anwerbung auf Kniphausen sein „Todtbrodt" finden konnte. Das Promemoria enthält nun nachstehende zehn Punkte: 1) Die Leute sind vorläufig auf näheren Bescheid anzunehmen und muß gewiß sein, daß sie, wenn es verlangt wird, auf den ersten Wink bereit sind, die Dienste anzutreten. 2) Müssen sie auf drei Jahre kapituliren. 3) Die Leute müssen gesund, frisch und vollkommen diensttüchtige Männer sein. 4) Auf die Größe ist sodann nicht so sehr zu sehen. 5) Sie müsse» sicher, zuverlässig und treu sein. 6) Keine Weiber haben, oder doch wenigstens ihre Weiber und Kinder zurücklassen. 7) Sie bekommen nebst Mundirung und freiem Quartier die gewöhnliche Musquetierverpflegung. 8) Dabei haben sie den Vortheil, daß sie gar kommode Tage haben wer¬ den und im Sommer nebenher tagelöhnen und solchergestalt, wenn sie nur tüchtige Kerls sind, noch Geld genug verdienen können, welches nicht fehlen kann, da die Tagelöhner im Sommer sehr rar in Kniphausen sind. 9) Es können auf jeden Kerl 10 Thaler mit allen Kosten, nachdem er

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/219>, abgerufen am 28.09.2024.