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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band.

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"um die wiederhabenden Oelsen zu verkauften." Uebrigens habe der Kanzlei¬
rath Brüning, so ein braver Mann, der auf Alles genaue Achtung gebe, sein
Kommando so lange übernommen. Lieutenant Martens scheint neben seinen
ihm als Kommandanten obliegenden Geschäften noch einen Viehhandel betrieben
zu haben, wenigstens bittet er im September desselben Jahres den Justizrath
Wardenburg um einen dreitägigen Urlaub, abermals nach dem Budjadinger Lande,
und sagt in dem bezüglichen Schreiben wörtlich: "Es ist mir viel daran ge¬
legen, weil ich alsdann einen verkaufften Oelsen abliefern muß. Mein Patron,
der Herr Kanzleirath Brüning will das Kommando mir zu Gefallen so lange
übernehmen." Der Bescheid hierauf dürfte wohl nicht ganz den jetzigen mili-
türischen Anschauungen entsprechen. Der Urlaub wird zwar rundweg abge¬
schlagen, gleichzeitig aber bemerkt, daß, wenn die Reise dennoch nicht auf¬
geschoben werden könne, sie jedenfalls so geheim gehalten werden solle, daß
nur der Kanzleirath Brüning und der Amtmann Siegen etwas davon erführen.
Ein Jahr später, als es sich darum handelte, für einen dänischen General
Pferde einzukaufen, wurde der hierzu erbetene Urlaub ohne Umstände bewilligt.

Wir haben diese Episoden aus dem Stillleben des Kommandanten einer
der vielen Duodez-Festungen, welche damals in den deutschen Landen existirten,
den Lesern nicht vorenthalten zu sollen geglaubt, da solche Züge für die Zeit
und ihre Anschauungsweise immerhin charakteristisch und für den Kultnr-
historiker nicht ohne Interesse sind.

Wenden wir uns nun speciell den Kniphausenschen Kriegsvölkern, der
officiell sogenannten Burg-Millne zu. Die Stärke derselben war, je nachdem
der politische Horizont bewölkt oder klar, die Börse der Werbebüreaux flau
oder animirt, resp, der gesuchte Artikel höher oder niedriger notirt war, sehr
verschieden. Im Anfang der fünfziger Jahre gab es sogar einen Oberstab, be¬
stehend aus dem Lieutnant Weißbrodt und dem Fähnrich von Monkewitz, mit
jährlich 200 Thaler Gage. Später verschwinden jedoch diese Offiziere aus
dem Etat, wahrscheinlich im Jahre 1756 mit Eintreffen des dänischen Kommandos.
Das Militärbudget wurde dadurch der Art belastet, daß man auf anderweitige
Ersparnisse denken mußte. Dem entsprechend wurde auch der Mannschaftsetat
verringert, denn während im Anfang der fünfziger Jahre noch 1 Feldwebel,
1 Sergeant, 1 Korporal, 2 Tambours und l8 Grenadiere in den Listen geführt
werden, beträgt im Anfang des Jahres 1757 die Effektivstärke nur noch
1 Unteroffizier, 1 Tambour und 8 Gemeine. An Löhnung erhielt der Feld¬
webel monatlich 5 Thaler, der Sergeant 3 Thaler, der Korporal 2 Thaler
48 Grote*), der Tambour 2 Thaler 24 Grote und der Gemeine 2 Thaler



*) Der Thaler galt 72 Grote, sonach werden 1L Grote gleich ein halb Mark unserer
gegenwärtigen Münze gewesen sein. >

„um die wiederhabenden Oelsen zu verkauften." Uebrigens habe der Kanzlei¬
rath Brüning, so ein braver Mann, der auf Alles genaue Achtung gebe, sein
Kommando so lange übernommen. Lieutenant Martens scheint neben seinen
ihm als Kommandanten obliegenden Geschäften noch einen Viehhandel betrieben
zu haben, wenigstens bittet er im September desselben Jahres den Justizrath
Wardenburg um einen dreitägigen Urlaub, abermals nach dem Budjadinger Lande,
und sagt in dem bezüglichen Schreiben wörtlich: „Es ist mir viel daran ge¬
legen, weil ich alsdann einen verkaufften Oelsen abliefern muß. Mein Patron,
der Herr Kanzleirath Brüning will das Kommando mir zu Gefallen so lange
übernehmen." Der Bescheid hierauf dürfte wohl nicht ganz den jetzigen mili-
türischen Anschauungen entsprechen. Der Urlaub wird zwar rundweg abge¬
schlagen, gleichzeitig aber bemerkt, daß, wenn die Reise dennoch nicht auf¬
geschoben werden könne, sie jedenfalls so geheim gehalten werden solle, daß
nur der Kanzleirath Brüning und der Amtmann Siegen etwas davon erführen.
Ein Jahr später, als es sich darum handelte, für einen dänischen General
Pferde einzukaufen, wurde der hierzu erbetene Urlaub ohne Umstände bewilligt.

Wir haben diese Episoden aus dem Stillleben des Kommandanten einer
der vielen Duodez-Festungen, welche damals in den deutschen Landen existirten,
den Lesern nicht vorenthalten zu sollen geglaubt, da solche Züge für die Zeit
und ihre Anschauungsweise immerhin charakteristisch und für den Kultnr-
historiker nicht ohne Interesse sind.

Wenden wir uns nun speciell den Kniphausenschen Kriegsvölkern, der
officiell sogenannten Burg-Millne zu. Die Stärke derselben war, je nachdem
der politische Horizont bewölkt oder klar, die Börse der Werbebüreaux flau
oder animirt, resp, der gesuchte Artikel höher oder niedriger notirt war, sehr
verschieden. Im Anfang der fünfziger Jahre gab es sogar einen Oberstab, be¬
stehend aus dem Lieutnant Weißbrodt und dem Fähnrich von Monkewitz, mit
jährlich 200 Thaler Gage. Später verschwinden jedoch diese Offiziere aus
dem Etat, wahrscheinlich im Jahre 1756 mit Eintreffen des dänischen Kommandos.
Das Militärbudget wurde dadurch der Art belastet, daß man auf anderweitige
Ersparnisse denken mußte. Dem entsprechend wurde auch der Mannschaftsetat
verringert, denn während im Anfang der fünfziger Jahre noch 1 Feldwebel,
1 Sergeant, 1 Korporal, 2 Tambours und l8 Grenadiere in den Listen geführt
werden, beträgt im Anfang des Jahres 1757 die Effektivstärke nur noch
1 Unteroffizier, 1 Tambour und 8 Gemeine. An Löhnung erhielt der Feld¬
webel monatlich 5 Thaler, der Sergeant 3 Thaler, der Korporal 2 Thaler
48 Grote*), der Tambour 2 Thaler 24 Grote und der Gemeine 2 Thaler



*) Der Thaler galt 72 Grote, sonach werden 1L Grote gleich ein halb Mark unserer
gegenwärtigen Münze gewesen sein. >
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/216>, abgerufen am 28.09.2024.