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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band.

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50 Thalern übernehmen sollte, eingetroffen sein würde. Ohne jedoch diesen
abzuwarten -- in der That traf er auch niemals ein -- wurde schon im nächsten
Monat auch der letzte Rest des dänischen Kommandos entlassen, so daß von
nun ab das Geschick der Festung und des Landes der braven Burgmilice
allein überantwortet war. Nur der Sergeant Rudolph Niedtmcmn, um der
Nachwelt seinen Namen aufzubewahren, trat, nachdem er seinen Abschied aus
der dänischen Armee erlangt, als eine Art von Waffen-Jnspieient und höchste
artilleristische Autorität in gräflich Bentinck'sche Kriegsdienste über.*)

Ehe wir jedoch das dänische Kommando gänzlich verlassen, um dann nur
der eigentlichen Burgmiliee unsere ganze Aufmerksamkeit zuzuwenden, sei es
gestattet, dem Führer des genannten Kommandos, dem königl. dänischen
Lieutenant Martens, noch einige Worte zu widmen.

Wenn auch nicht von ihm selbst, so scheinen doch von dem Bevoll¬
mächtigten des Grafen Bentinck, dem bereits erwähnten Justizrath Wardenburg
zu Oldenburg, die Pflichten eines Kommandanten der Feste Kniphausen sehr
ernst genommen worden zu sein. Wenigstens erhielt Lieutenant Martens von
dem xx. Wardenburg sehr ernste Vorwürfe, weil er 3 Tage und Nächte ohne
Urlaub von Kniphausen abwesend geblieben war; es heißt in dem be¬
treffenden Schreiben vom 10. August 1762: "Euer Wohlgeboren können leicht
erachten, daß dergleichen Posten, wie Ihnen dort anvertrauet worden, noch
weniger eine Abwesendheit bei jetzigen Umständen gestatten, als den Komman¬
danten der Königlich Dünischen Festungen erlaubet ist, aus solchen eine Nacht
zu bleiben. Ich muß also bitten, daß solches fernerhin nicht wieder geschehen
möge, maßen ich es sonst gehörigen Orts würde melden müssen und Ihnen
sodann schwere Verantwortung daraus zuwachsen dürfte. Gleich ich dann auch
hoffe Euer Wohlgeboren werden die Ihnen Untergebnen ohne Noth und
dringende Uhrsachen, noch ohne des Herren Kanzleirath Brüning Vorwissen, nicht
beurlauben."

Lieutenant Martens bittet sofort submisfest um Entschuldigung. Er habe
aus dringender Veranlassung nach dem Budjcidinger Lande verreisen müssen,



*) Da pp. Niedtmcmn, als früherer Kanonier, der einzige war, der mit grobem Ge¬
schütz umzugehen wußte und ohne ihn selbst bei feierlichen Gelegenheiten die Kanonen nicht
gelöst werden konnten, so wurde er zum Aufseher über das gesummte Waffenwesen auf
Kniphausen ernannt und ihm von Seiten des Grafen eine Zulage von 12 Thalern jährlich
bewilligt. Erst im Jahre 1771 schied er zweiundfünfzigjährig aus dein Dienste. In Bezug
auf seinen Abgang heißt es in einem Bericht der Kanzlei vom ü. Juni 1771: "Sergeant
Niedtmcmn hat um seinen Abschied bei uns nachgesucht, indem er Gelegenheit seine Glücks-
umstände, und zwar als Feuerwerker, zu verbessern- Wir sehen eben nicht, daß wir ihm
solchen werden versagen können- Zu wünschen wäre es aber, daß man eines anderen guten
Menschen, welcher mit Kanonen umzugehen weiß, wieder habhaft werden könne."

50 Thalern übernehmen sollte, eingetroffen sein würde. Ohne jedoch diesen
abzuwarten — in der That traf er auch niemals ein — wurde schon im nächsten
Monat auch der letzte Rest des dänischen Kommandos entlassen, so daß von
nun ab das Geschick der Festung und des Landes der braven Burgmilice
allein überantwortet war. Nur der Sergeant Rudolph Niedtmcmn, um der
Nachwelt seinen Namen aufzubewahren, trat, nachdem er seinen Abschied aus
der dänischen Armee erlangt, als eine Art von Waffen-Jnspieient und höchste
artilleristische Autorität in gräflich Bentinck'sche Kriegsdienste über.*)

Ehe wir jedoch das dänische Kommando gänzlich verlassen, um dann nur
der eigentlichen Burgmiliee unsere ganze Aufmerksamkeit zuzuwenden, sei es
gestattet, dem Führer des genannten Kommandos, dem königl. dänischen
Lieutenant Martens, noch einige Worte zu widmen.

Wenn auch nicht von ihm selbst, so scheinen doch von dem Bevoll¬
mächtigten des Grafen Bentinck, dem bereits erwähnten Justizrath Wardenburg
zu Oldenburg, die Pflichten eines Kommandanten der Feste Kniphausen sehr
ernst genommen worden zu sein. Wenigstens erhielt Lieutenant Martens von
dem xx. Wardenburg sehr ernste Vorwürfe, weil er 3 Tage und Nächte ohne
Urlaub von Kniphausen abwesend geblieben war; es heißt in dem be¬
treffenden Schreiben vom 10. August 1762: „Euer Wohlgeboren können leicht
erachten, daß dergleichen Posten, wie Ihnen dort anvertrauet worden, noch
weniger eine Abwesendheit bei jetzigen Umständen gestatten, als den Komman¬
danten der Königlich Dünischen Festungen erlaubet ist, aus solchen eine Nacht
zu bleiben. Ich muß also bitten, daß solches fernerhin nicht wieder geschehen
möge, maßen ich es sonst gehörigen Orts würde melden müssen und Ihnen
sodann schwere Verantwortung daraus zuwachsen dürfte. Gleich ich dann auch
hoffe Euer Wohlgeboren werden die Ihnen Untergebnen ohne Noth und
dringende Uhrsachen, noch ohne des Herren Kanzleirath Brüning Vorwissen, nicht
beurlauben."

Lieutenant Martens bittet sofort submisfest um Entschuldigung. Er habe
aus dringender Veranlassung nach dem Budjcidinger Lande verreisen müssen,



*) Da pp. Niedtmcmn, als früherer Kanonier, der einzige war, der mit grobem Ge¬
schütz umzugehen wußte und ohne ihn selbst bei feierlichen Gelegenheiten die Kanonen nicht
gelöst werden konnten, so wurde er zum Aufseher über das gesummte Waffenwesen auf
Kniphausen ernannt und ihm von Seiten des Grafen eine Zulage von 12 Thalern jährlich
bewilligt. Erst im Jahre 1771 schied er zweiundfünfzigjährig aus dein Dienste. In Bezug
auf seinen Abgang heißt es in einem Bericht der Kanzlei vom ü. Juni 1771: „Sergeant
Niedtmcmn hat um seinen Abschied bei uns nachgesucht, indem er Gelegenheit seine Glücks-
umstände, und zwar als Feuerwerker, zu verbessern- Wir sehen eben nicht, daß wir ihm
solchen werden versagen können- Zu wünschen wäre es aber, daß man eines anderen guten
Menschen, welcher mit Kanonen umzugehen weiß, wieder habhaft werden könne."
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/215>, abgerufen am 28.09.2024.