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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band.

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sich sicher unter dem Schutze nicht nur ihrer eigenen daheim gebliebenen Armee,
sondern auch eines dänischen Hilfs-Korps.

Zu dieser Zeit residirte der regierende Graf Beutinck in Brüssel, und sein
Regierungsbevollmächtigter Justizrath Wardeuburg hatte sein Daniell in Olden¬
burg, während auf Burg Kuiphciusen eine Regierungs-Kanzlei, eine Finanz-
Kammer, ein Landgericht und, als höchste Justizinstanz, ein Revisionsgericht
ihren Sitz hatten. Von der jetzigen Arbeitsteilung hatte man damals natürlich
noch keinen Begriff, Verwaltung und Justiz gingen einträchtiglich mit einander,
und das Kollegium des Revisionsgerichtes dürfte wohl mit dem des Land¬
gerichtes identisch gewesen sein.

Da die Burg Kniphausen als Festung galt, so durfte bei den unruhigen
Kriegsläufteu die Besatzung um so weniger fehlen, als sich der Graf, wie be¬
reits oben angedeutet, von seiner geschiedenen Gemahlin, die in unbequemer
Nachbarschaft zu Jever residirte, nichts Gutes versah. Zu diesem Zwecke hielt
man auf Kniphausen eine eigene Truppe, die sogenannte Burg-Millne, welche
seit dem Jahre 1756 durch ein dänisches Kommando, 1 Offizier, 1 Unter¬
offizier und 12 Maun, verstärkt worden war.

Was es zunächst mit dieser dänischen Besatzung für eine Bewandniß hatte,
geht aus einem Schreiben des Justizraths Wardeuburg an den regierenden
Grafen Beutinck vom 18. Februar 1763 hervor. Darin heißt es wörtlich:
"So lange die Fran Gräfin sich zu Jever aufhalten, welches wie es scheint
bis zum Absterben Ihrer Hochgräflicher Durchlaucht (jedenfalls Prinzessin von
Anhalt-Zerbst) zum wenigsten dauern wird, müssen Euer Hochgräsliche Exellenz
das Königlich Dänische Kommando zu Kniephauseu, wegen eines etwa zu be¬
sorgenden Ueberfalls, mit großen, jährlich an die 1500 Thaler steigenden Kosten,
unterhalten. Es könnte aber diese jährliche Ausgabe erspart werden, wenn
Mittel und Wege ausfindig zu machen wären, welche die Frau Gräfin deter-
miniren müßten, Ihren dasigen Aufenthalt zu verändern, und falls dies auf
irgend eine Art zuverlässig bewerkstelligt werden könnte, müßte meines unter -
thauigen Ermessens 100 Pistolen und allenfalls mehr, gar nicht geachtet
werden. Solchergestalt könnte das ganze zu Kniephcmsen liegende Kommando
abgehen, und es brauchte nur an dessen statt, wenn ja alsdann uoch etwas zu
besorgen wäre, etwa einige Gemeine zur Kniphausenschen Bnrgmiliee ange¬
worben werden, welches sodann mit geringeren Kosten geschehen könnte. Zu
geschweige", daß man durch die Entfernung der Frau Gräfin vielerlei Chikanen
und Intriguen überhoben sein würde!"

Nach einem Memoire der Kanzleiverordneten zu Kniphausen wird die
vorstehend in Anregung gebrachte Frage wegen Entlassung des dänischen
Kommandos nochmals eingehend und unter Berücksichtigung aller politischen


sich sicher unter dem Schutze nicht nur ihrer eigenen daheim gebliebenen Armee,
sondern auch eines dänischen Hilfs-Korps.

Zu dieser Zeit residirte der regierende Graf Beutinck in Brüssel, und sein
Regierungsbevollmächtigter Justizrath Wardeuburg hatte sein Daniell in Olden¬
burg, während auf Burg Kuiphciusen eine Regierungs-Kanzlei, eine Finanz-
Kammer, ein Landgericht und, als höchste Justizinstanz, ein Revisionsgericht
ihren Sitz hatten. Von der jetzigen Arbeitsteilung hatte man damals natürlich
noch keinen Begriff, Verwaltung und Justiz gingen einträchtiglich mit einander,
und das Kollegium des Revisionsgerichtes dürfte wohl mit dem des Land¬
gerichtes identisch gewesen sein.

Da die Burg Kniphausen als Festung galt, so durfte bei den unruhigen
Kriegsläufteu die Besatzung um so weniger fehlen, als sich der Graf, wie be¬
reits oben angedeutet, von seiner geschiedenen Gemahlin, die in unbequemer
Nachbarschaft zu Jever residirte, nichts Gutes versah. Zu diesem Zwecke hielt
man auf Kniphausen eine eigene Truppe, die sogenannte Burg-Millne, welche
seit dem Jahre 1756 durch ein dänisches Kommando, 1 Offizier, 1 Unter¬
offizier und 12 Maun, verstärkt worden war.

Was es zunächst mit dieser dänischen Besatzung für eine Bewandniß hatte,
geht aus einem Schreiben des Justizraths Wardeuburg an den regierenden
Grafen Beutinck vom 18. Februar 1763 hervor. Darin heißt es wörtlich:
„So lange die Fran Gräfin sich zu Jever aufhalten, welches wie es scheint
bis zum Absterben Ihrer Hochgräflicher Durchlaucht (jedenfalls Prinzessin von
Anhalt-Zerbst) zum wenigsten dauern wird, müssen Euer Hochgräsliche Exellenz
das Königlich Dänische Kommando zu Kniephauseu, wegen eines etwa zu be¬
sorgenden Ueberfalls, mit großen, jährlich an die 1500 Thaler steigenden Kosten,
unterhalten. Es könnte aber diese jährliche Ausgabe erspart werden, wenn
Mittel und Wege ausfindig zu machen wären, welche die Frau Gräfin deter-
miniren müßten, Ihren dasigen Aufenthalt zu verändern, und falls dies auf
irgend eine Art zuverlässig bewerkstelligt werden könnte, müßte meines unter -
thauigen Ermessens 100 Pistolen und allenfalls mehr, gar nicht geachtet
werden. Solchergestalt könnte das ganze zu Kniephcmsen liegende Kommando
abgehen, und es brauchte nur an dessen statt, wenn ja alsdann uoch etwas zu
besorgen wäre, etwa einige Gemeine zur Kniphausenschen Bnrgmiliee ange¬
worben werden, welches sodann mit geringeren Kosten geschehen könnte. Zu
geschweige», daß man durch die Entfernung der Frau Gräfin vielerlei Chikanen
und Intriguen überhoben sein würde!"

Nach einem Memoire der Kanzleiverordneten zu Kniphausen wird die
vorstehend in Anregung gebrachte Frage wegen Entlassung des dänischen
Kommandos nochmals eingehend und unter Berücksichtigung aller politischen


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[0213] sich sicher unter dem Schutze nicht nur ihrer eigenen daheim gebliebenen Armee, sondern auch eines dänischen Hilfs-Korps. Zu dieser Zeit residirte der regierende Graf Beutinck in Brüssel, und sein Regierungsbevollmächtigter Justizrath Wardeuburg hatte sein Daniell in Olden¬ burg, während auf Burg Kuiphciusen eine Regierungs-Kanzlei, eine Finanz- Kammer, ein Landgericht und, als höchste Justizinstanz, ein Revisionsgericht ihren Sitz hatten. Von der jetzigen Arbeitsteilung hatte man damals natürlich noch keinen Begriff, Verwaltung und Justiz gingen einträchtiglich mit einander, und das Kollegium des Revisionsgerichtes dürfte wohl mit dem des Land¬ gerichtes identisch gewesen sein. Da die Burg Kniphausen als Festung galt, so durfte bei den unruhigen Kriegsläufteu die Besatzung um so weniger fehlen, als sich der Graf, wie be¬ reits oben angedeutet, von seiner geschiedenen Gemahlin, die in unbequemer Nachbarschaft zu Jever residirte, nichts Gutes versah. Zu diesem Zwecke hielt man auf Kniphausen eine eigene Truppe, die sogenannte Burg-Millne, welche seit dem Jahre 1756 durch ein dänisches Kommando, 1 Offizier, 1 Unter¬ offizier und 12 Maun, verstärkt worden war. Was es zunächst mit dieser dänischen Besatzung für eine Bewandniß hatte, geht aus einem Schreiben des Justizraths Wardeuburg an den regierenden Grafen Beutinck vom 18. Februar 1763 hervor. Darin heißt es wörtlich: „So lange die Fran Gräfin sich zu Jever aufhalten, welches wie es scheint bis zum Absterben Ihrer Hochgräflicher Durchlaucht (jedenfalls Prinzessin von Anhalt-Zerbst) zum wenigsten dauern wird, müssen Euer Hochgräsliche Exellenz das Königlich Dänische Kommando zu Kniephauseu, wegen eines etwa zu be¬ sorgenden Ueberfalls, mit großen, jährlich an die 1500 Thaler steigenden Kosten, unterhalten. Es könnte aber diese jährliche Ausgabe erspart werden, wenn Mittel und Wege ausfindig zu machen wären, welche die Frau Gräfin deter- miniren müßten, Ihren dasigen Aufenthalt zu verändern, und falls dies auf irgend eine Art zuverlässig bewerkstelligt werden könnte, müßte meines unter - thauigen Ermessens 100 Pistolen und allenfalls mehr, gar nicht geachtet werden. Solchergestalt könnte das ganze zu Kniephcmsen liegende Kommando abgehen, und es brauchte nur an dessen statt, wenn ja alsdann uoch etwas zu besorgen wäre, etwa einige Gemeine zur Kniphausenschen Bnrgmiliee ange¬ worben werden, welches sodann mit geringeren Kosten geschehen könnte. Zu geschweige», daß man durch die Entfernung der Frau Gräfin vielerlei Chikanen und Intriguen überhoben sein würde!" Nach einem Memoire der Kanzleiverordneten zu Kniphausen wird die vorstehend in Anregung gebrachte Frage wegen Entlassung des dänischen Kommandos nochmals eingehend und unter Berücksichtigung aller politischen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/213>, abgerufen am 28.09.2024.