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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band.

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hat eine Flinte oder Büchse, oder wenigstens eine Pistole im Hause. Die
Weißen sind fast ohne Ausnahme vortreffliche Schützen. Der Staat Süd-
carolina hat noch so viel Wald, daß ein Gang von einer halben Stunde den
Jäger nach einer Stelle bei seiner Stadt oder seinem Dorfe führt, wo es
Wild gibt, und natürlich haben die, welche fern von lärmenden Städten und
belebten Landstraßen wohnen, noch viel reichlicher Gelegenheit, das Waidwerk
zu treiben. In den Flußsümpfen gibt es, allerdings nicht mehr in solcher
Menge wie ehedem, Rehe, häufig begegnet man Füchsen, massenhaft kommen
in manchen Gegenden wilde Truthühner, Opossums, Waschbären, Eichhörnchen
und Kaninchen vor. So ist die Jagd allenthalben ein beliebtes Vergnügen.
Die Neger waren in der Zeit, wo ihnen der Gebrauch vou Feuerwaffen zu¬
erst gestattet wurde, im Vergleich mit den Weißen etwa so gute Schützen, wie
der Mohikanerhänptling bei Cooper in: Vergleich mit dem Nehtödter. Seitdem
hat ihnen die Praxis zu größerer Geschicklichkeit verholfen, und sie würden sich
noch besser geübt haben, wenn die Munition nicht so viel Geld kostete.

Jeder Südländer ist ferner von dem Ehrgeiz erfüllt, Vieh, Pferde, Hunde
und Vögel von edler Race zu besitzen, und wenn dieser Ehrgeiz in der letzten
Zeit wenig Befriedigung fand, so war nur der Mangel an Mitteln daran
schuld. Besonders beliebt sind Pferderennen und, in geringerem Maße, Hahnen-
kümpfe. Die Neger ahmen dies in bescheidener Weise nach, sie haben fast alle
einen oder ein paar Hunde, und häufig besitzen sie stattliche Kampfhähne. Der
Weiße ist, stets ein guter, gewöhnlich auch ein graziöser Reiter und liebt es,
fleißig ein Pferd zu tummeln. Dem Neger kann man keinen größeren Gefallen
thun, als wenn man ihn ein Pferd besteigen läßt, und er sitzt stets fest, selten aber
anmuthig im Sattel. Die weißen Damen Südearolinas waren berühmt wegen
ihrer Leistungen als Reiterinnen, jetzt aber sieht man sie, da die Pferde im
Staate fast durchgehends nicht viel taugen, nur selten im Sattel.

Kunstreitergesellschaften durchziehen den Staat nur im Herbst und im
Winter. Sie erfreuen sich überall großer Beliebtheit, namentlich aber unter
den Negern und der ärmeren Klasse der Weißen. Sie nahmen im vorletzten
Jahre von diesen so viel Geld ein, daß die Legislatur den Beschluß faßte,
alle solche Gesellschaften sollten für die Erlaubniß, Vorstellungen zu geben,
Pro Tag hundert Dollars an die öffentliche Kasse entrichten. Gelegentlich
wandern Photographen durch das Land, und immer machen sie, vorzüglich bei
den Negern, gute Geschäfte. Zelte mit Zauberlaternen, Sängergesellschaften,
die Volkslieder und Gassenhauer vortragen, Seiltänzer und Taschenspieler
haben unter Sandhillers und Farbigen immer reichliche Einnahmen gefunden.
Im Circus der Kunstreiter sind immer zwei Sitzreihen eingerichtet, die durch
die Arena von einander getrennt sind, und von denen die eine für die Weißen,


Grenzboten III. 1877. 25

hat eine Flinte oder Büchse, oder wenigstens eine Pistole im Hause. Die
Weißen sind fast ohne Ausnahme vortreffliche Schützen. Der Staat Süd-
carolina hat noch so viel Wald, daß ein Gang von einer halben Stunde den
Jäger nach einer Stelle bei seiner Stadt oder seinem Dorfe führt, wo es
Wild gibt, und natürlich haben die, welche fern von lärmenden Städten und
belebten Landstraßen wohnen, noch viel reichlicher Gelegenheit, das Waidwerk
zu treiben. In den Flußsümpfen gibt es, allerdings nicht mehr in solcher
Menge wie ehedem, Rehe, häufig begegnet man Füchsen, massenhaft kommen
in manchen Gegenden wilde Truthühner, Opossums, Waschbären, Eichhörnchen
und Kaninchen vor. So ist die Jagd allenthalben ein beliebtes Vergnügen.
Die Neger waren in der Zeit, wo ihnen der Gebrauch vou Feuerwaffen zu¬
erst gestattet wurde, im Vergleich mit den Weißen etwa so gute Schützen, wie
der Mohikanerhänptling bei Cooper in: Vergleich mit dem Nehtödter. Seitdem
hat ihnen die Praxis zu größerer Geschicklichkeit verholfen, und sie würden sich
noch besser geübt haben, wenn die Munition nicht so viel Geld kostete.

Jeder Südländer ist ferner von dem Ehrgeiz erfüllt, Vieh, Pferde, Hunde
und Vögel von edler Race zu besitzen, und wenn dieser Ehrgeiz in der letzten
Zeit wenig Befriedigung fand, so war nur der Mangel an Mitteln daran
schuld. Besonders beliebt sind Pferderennen und, in geringerem Maße, Hahnen-
kümpfe. Die Neger ahmen dies in bescheidener Weise nach, sie haben fast alle
einen oder ein paar Hunde, und häufig besitzen sie stattliche Kampfhähne. Der
Weiße ist, stets ein guter, gewöhnlich auch ein graziöser Reiter und liebt es,
fleißig ein Pferd zu tummeln. Dem Neger kann man keinen größeren Gefallen
thun, als wenn man ihn ein Pferd besteigen läßt, und er sitzt stets fest, selten aber
anmuthig im Sattel. Die weißen Damen Südearolinas waren berühmt wegen
ihrer Leistungen als Reiterinnen, jetzt aber sieht man sie, da die Pferde im
Staate fast durchgehends nicht viel taugen, nur selten im Sattel.

Kunstreitergesellschaften durchziehen den Staat nur im Herbst und im
Winter. Sie erfreuen sich überall großer Beliebtheit, namentlich aber unter
den Negern und der ärmeren Klasse der Weißen. Sie nahmen im vorletzten
Jahre von diesen so viel Geld ein, daß die Legislatur den Beschluß faßte,
alle solche Gesellschaften sollten für die Erlaubniß, Vorstellungen zu geben,
Pro Tag hundert Dollars an die öffentliche Kasse entrichten. Gelegentlich
wandern Photographen durch das Land, und immer machen sie, vorzüglich bei
den Negern, gute Geschäfte. Zelte mit Zauberlaternen, Sängergesellschaften,
die Volkslieder und Gassenhauer vortragen, Seiltänzer und Taschenspieler
haben unter Sandhillers und Farbigen immer reichliche Einnahmen gefunden.
Im Circus der Kunstreiter sind immer zwei Sitzreihen eingerichtet, die durch
die Arena von einander getrennt sind, und von denen die eine für die Weißen,


Grenzboten III. 1877. 25
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/201>, abgerufen am 28.09.2024.