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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band.

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gehen auch in bloßem Kopfe einher. Die männlichen Schwarzen trugen früher,
vor ihrer Emancipation, keine Kopfbedeckung. Seitdem aber legen sie einen
großen Eifer an den Tag, sich Hüte zu verschaffen, obwohl es nicht allen ge¬
lingt, so daß eine Anzahl noch barhäuptig umhergeht. Wunderlich ist, daß sie
mit Ausnahme der Hausdienerschaft nicht an die Thüren zu klopfen verstehen.
Sie sind im Stande, eine Stunde vor eiuer Hausthür zu warten, bis jemand
zu ihnen herauskommt, ungeduldige Burschen geben ihre Anwesenheit dann
durch Rütteln an der Klinke oder Anschlagen mit der flachen Hand an die
Thür oder auch durch Aufstampfen mit ihrem Stocke auf die Stufen vor der-
felben (sie führen alle Stöcke bei sich) zu erkennen; nie aber steigen sie die
Stufen hinauf, um anzupochen.

Und doch, trotz allem, was wir gesagt haben, ist der Neger -- so ist nun
einmal die menschliche Natur -- ein Mensch, der gern den Stutzer spielt und
schöne Kleider und Schmucksachen über Alles liebt. Vorzüglich die Weiber
sind außerordentliche Freundinnen Heller Farben und glücklich, wenn sie des
Sonntags in den abgelegten Putzsachen ihrer Herrinnen herumstolziren können.
Die Gesetzgeber und sonst wohlsituirte Leute unter den Schwarzen treten als
Stutzer ersten Ranges auf. Unter den Weibern von rein afrikanischer Abkunft
vermag das Auge eines Weißen niemals eine Spur von wirklicher Schönheit
zu entdecken, höchstens die Augen und die Zähne machen davon eine Aus¬
nahme; unter den Männern dieser Klasse gibt es dagegen manchen schmucken
Burschen. Mit den Mulattinnen verhält es sich anders, und unter denen, die
weiße Väter und Großväter gehabt haben, bemerkt man Frauen und Mädchen,
die ganz entschieden Anspruch darauf erheben können, als Schönheiten zu gelten.
Ihre wohlgebildete Figur, ihre tadellose Gesichtsbildung mit den feurigen
schwarzen Augen, ihr leicht gebrannter Teint und ihr blauschwarzcs, gelocktes,
nicht wolliges Haar lassen diese "^iter Mls" bisweilen bezaubernd anmuthig
erscheinen.

Im Süden kaut oder raucht alle Welt, Männer, Knaben, unter den
Schwarzen selbst die Mehrzahl der Weiber. Unter den Weißen rauchte man
vom Ausgange des Krieges an bis vor etwa einem Jahre fast ausschließlich aus
Pfeifen, da dies weniger kostspielig als der Genuß von Cigarren war. Jetzt
sind die letzteren wieder mehr in Gebrauch, doch kaufen nur die Schwarzen,
welche Aemter inne haben, und ewige reiche Weiße die besseren Ernten und
Sorten, und die übrige Bevölkerung begnügt sich zum großen Theile mit sehr
wenig edlem Kraute. Die gemeinen Neger betteln sich, wo sie können, die
Cigarrenstümpfe, welche die Weißen wegzuwerfen im Begriffe stehen. Wie die
Weiber der Neger, so rauchen auch die der Sandhillers.

Jedermann, weiß oder schwarz, arm oder reich, Plebejer oder Aristokrat,


gehen auch in bloßem Kopfe einher. Die männlichen Schwarzen trugen früher,
vor ihrer Emancipation, keine Kopfbedeckung. Seitdem aber legen sie einen
großen Eifer an den Tag, sich Hüte zu verschaffen, obwohl es nicht allen ge¬
lingt, so daß eine Anzahl noch barhäuptig umhergeht. Wunderlich ist, daß sie
mit Ausnahme der Hausdienerschaft nicht an die Thüren zu klopfen verstehen.
Sie sind im Stande, eine Stunde vor eiuer Hausthür zu warten, bis jemand
zu ihnen herauskommt, ungeduldige Burschen geben ihre Anwesenheit dann
durch Rütteln an der Klinke oder Anschlagen mit der flachen Hand an die
Thür oder auch durch Aufstampfen mit ihrem Stocke auf die Stufen vor der-
felben (sie führen alle Stöcke bei sich) zu erkennen; nie aber steigen sie die
Stufen hinauf, um anzupochen.

Und doch, trotz allem, was wir gesagt haben, ist der Neger — so ist nun
einmal die menschliche Natur — ein Mensch, der gern den Stutzer spielt und
schöne Kleider und Schmucksachen über Alles liebt. Vorzüglich die Weiber
sind außerordentliche Freundinnen Heller Farben und glücklich, wenn sie des
Sonntags in den abgelegten Putzsachen ihrer Herrinnen herumstolziren können.
Die Gesetzgeber und sonst wohlsituirte Leute unter den Schwarzen treten als
Stutzer ersten Ranges auf. Unter den Weibern von rein afrikanischer Abkunft
vermag das Auge eines Weißen niemals eine Spur von wirklicher Schönheit
zu entdecken, höchstens die Augen und die Zähne machen davon eine Aus¬
nahme; unter den Männern dieser Klasse gibt es dagegen manchen schmucken
Burschen. Mit den Mulattinnen verhält es sich anders, und unter denen, die
weiße Väter und Großväter gehabt haben, bemerkt man Frauen und Mädchen,
die ganz entschieden Anspruch darauf erheben können, als Schönheiten zu gelten.
Ihre wohlgebildete Figur, ihre tadellose Gesichtsbildung mit den feurigen
schwarzen Augen, ihr leicht gebrannter Teint und ihr blauschwarzcs, gelocktes,
nicht wolliges Haar lassen diese „^iter Mls" bisweilen bezaubernd anmuthig
erscheinen.

Im Süden kaut oder raucht alle Welt, Männer, Knaben, unter den
Schwarzen selbst die Mehrzahl der Weiber. Unter den Weißen rauchte man
vom Ausgange des Krieges an bis vor etwa einem Jahre fast ausschließlich aus
Pfeifen, da dies weniger kostspielig als der Genuß von Cigarren war. Jetzt
sind die letzteren wieder mehr in Gebrauch, doch kaufen nur die Schwarzen,
welche Aemter inne haben, und ewige reiche Weiße die besseren Ernten und
Sorten, und die übrige Bevölkerung begnügt sich zum großen Theile mit sehr
wenig edlem Kraute. Die gemeinen Neger betteln sich, wo sie können, die
Cigarrenstümpfe, welche die Weißen wegzuwerfen im Begriffe stehen. Wie die
Weiber der Neger, so rauchen auch die der Sandhillers.

Jedermann, weiß oder schwarz, arm oder reich, Plebejer oder Aristokrat,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/200>, abgerufen am 28.09.2024.