Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band.will nicht sagen, eine starke Willenskraft, (denn er besitzt davon genug) Wir fragen jetzt, hat der Einfluß der Aristokratie durch den Krieg ge¬ Und doch sind wie einst so noch heutigen Tages die südlichen Aristokraten will nicht sagen, eine starke Willenskraft, (denn er besitzt davon genug) Wir fragen jetzt, hat der Einfluß der Aristokratie durch den Krieg ge¬ Und doch sind wie einst so noch heutigen Tages die südlichen Aristokraten <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0152" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/138383"/> <p xml:id="ID_419" prev="#ID_418"> will nicht sagen, eine starke Willenskraft, (denn er besitzt davon genug)<lb/> sondern etwas von jener im Norden so gewöhnlichen rührigen Ausdauer<lb/> hat, so hat er alle Eigenschaften, die zu einem großen Staatsmann erforder¬<lb/> lich sind."</p><lb/> <p xml:id="ID_420"> Wir fragen jetzt, hat der Einfluß der Aristokratie durch den Krieg ge¬<lb/> litten? Die Antwort lautet: Ganz unzweifelhaft. Ihre unbestrittene Herr¬<lb/> schaft vor 1860 gründete sich auf drei Ursachen: auf ihren ungeheuren Land¬<lb/> besitz und die ihnen gehörige Sklavenmenge, dann anf ihre vornehme Abkunft<lb/> und schließlich auf ihre größere soziale und intellektuelle Bildung. Nun war<lb/> die erstgenannte Ursache allein schon hinreichend, ihnen die Obmacht zu sichern.<lb/> Sie besaßen das meiste Grundeigenthum und zahlten die meisten Steuern, und<lb/> da die grundbesitzende Klasse im Süden die Wähler stellte, (die meisten Süd¬<lb/> staaten beschränkten das Recht zur Abstimmung bei den Wahlen auf Bürger,<lb/> welche ein Gut von nicht weniger als fünfzig Ackern besaßen, und verlangten<lb/> von denen, die sich in die Legislatur wählen lassen wollten, den Nachweis,<lb/> daß sie fünfhundert Acker und wenigstens zehn Neger hatten) so trat niemals<lb/> die Nothwendigkeit ein, die große Masse des Volkes zu befragen, was zu thun<lb/> sei. Aber der Sklavenbesitz der Aristokratie ist gänzlich vernichtet, und drei<lb/> Viertheile ihres Grundeigenthums sind in die Hände von Plebejern oder Negern<lb/> übergegangen, und das übrige Viertel ist entwerthet. In der That, ihre Aus¬<lb/> zeichnung als Sklavenhalter und Landedelleute ist vollständig dahin. Sie.sind<lb/> gezwungen worden, mit dem Gehirn und den Händen zu arbeiten, und gewerb¬<lb/> lich auf das Niveau der andern Weißen herabgedrückt, von denen sie jetzt<lb/> einen Theil bilden. So aber kann man unmöglich behaupten, daß sie nicht<lb/> an Macht verloren hätten.</p><lb/> <p xml:id="ID_421" next="#ID_422"> Und doch sind wie einst so noch heutigen Tages die südlichen Aristokraten<lb/> unsere Parteiführer und Staatsmänner, und die „feuerfressende Politik" herrscht<lb/> wieder im ganzen Süden. Die Erklärung dieser Erscheinung ist nicht schwer.<lb/> Während den Aristokraten ihre gewerbliche Kraft genommen ist, sind ihnen<lb/> ihre vornehme Herkunft und ihre intellektuelle und soziale Ueberlegenheit über<lb/> die große Masse der Weißen ungeschmälert verblieben. Sie bilden noch<lb/> immer den höchsten Kreis der südlichen Gesellschaft, nach dem alle Tiefer-<lb/> stehenden mit unsäglicher Ehrerbietung emporblicken, und den alle zu kopiren<lb/> bemüht sind. Dann haben die Südländer einen stark ausgeprägten besondern<lb/> Nationalcharakter, und wo ein Einzelner die Züge, die diesen Charakter bilden,<lb/> in ihrer stärksten Ausprägung zeigt, ist er sicher, populär, bewundert und ein¬<lb/> flußreich zu werden. Nun trug die Aristokratie sehr wesentlich zur Gestaltung<lb/> dieses Nationalcharakters des Südens bei, und ihre Mitglieder zeigen die süd¬<lb/> lichen Züge in ihrer kräftigsten und schärfsten Form. Die Folge ist, daß sie</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0152]
will nicht sagen, eine starke Willenskraft, (denn er besitzt davon genug)
sondern etwas von jener im Norden so gewöhnlichen rührigen Ausdauer
hat, so hat er alle Eigenschaften, die zu einem großen Staatsmann erforder¬
lich sind."
Wir fragen jetzt, hat der Einfluß der Aristokratie durch den Krieg ge¬
litten? Die Antwort lautet: Ganz unzweifelhaft. Ihre unbestrittene Herr¬
schaft vor 1860 gründete sich auf drei Ursachen: auf ihren ungeheuren Land¬
besitz und die ihnen gehörige Sklavenmenge, dann anf ihre vornehme Abkunft
und schließlich auf ihre größere soziale und intellektuelle Bildung. Nun war
die erstgenannte Ursache allein schon hinreichend, ihnen die Obmacht zu sichern.
Sie besaßen das meiste Grundeigenthum und zahlten die meisten Steuern, und
da die grundbesitzende Klasse im Süden die Wähler stellte, (die meisten Süd¬
staaten beschränkten das Recht zur Abstimmung bei den Wahlen auf Bürger,
welche ein Gut von nicht weniger als fünfzig Ackern besaßen, und verlangten
von denen, die sich in die Legislatur wählen lassen wollten, den Nachweis,
daß sie fünfhundert Acker und wenigstens zehn Neger hatten) so trat niemals
die Nothwendigkeit ein, die große Masse des Volkes zu befragen, was zu thun
sei. Aber der Sklavenbesitz der Aristokratie ist gänzlich vernichtet, und drei
Viertheile ihres Grundeigenthums sind in die Hände von Plebejern oder Negern
übergegangen, und das übrige Viertel ist entwerthet. In der That, ihre Aus¬
zeichnung als Sklavenhalter und Landedelleute ist vollständig dahin. Sie.sind
gezwungen worden, mit dem Gehirn und den Händen zu arbeiten, und gewerb¬
lich auf das Niveau der andern Weißen herabgedrückt, von denen sie jetzt
einen Theil bilden. So aber kann man unmöglich behaupten, daß sie nicht
an Macht verloren hätten.
Und doch sind wie einst so noch heutigen Tages die südlichen Aristokraten
unsere Parteiführer und Staatsmänner, und die „feuerfressende Politik" herrscht
wieder im ganzen Süden. Die Erklärung dieser Erscheinung ist nicht schwer.
Während den Aristokraten ihre gewerbliche Kraft genommen ist, sind ihnen
ihre vornehme Herkunft und ihre intellektuelle und soziale Ueberlegenheit über
die große Masse der Weißen ungeschmälert verblieben. Sie bilden noch
immer den höchsten Kreis der südlichen Gesellschaft, nach dem alle Tiefer-
stehenden mit unsäglicher Ehrerbietung emporblicken, und den alle zu kopiren
bemüht sind. Dann haben die Südländer einen stark ausgeprägten besondern
Nationalcharakter, und wo ein Einzelner die Züge, die diesen Charakter bilden,
in ihrer stärksten Ausprägung zeigt, ist er sicher, populär, bewundert und ein¬
flußreich zu werden. Nun trug die Aristokratie sehr wesentlich zur Gestaltung
dieses Nationalcharakters des Südens bei, und ihre Mitglieder zeigen die süd¬
lichen Züge in ihrer kräftigsten und schärfsten Form. Die Folge ist, daß sie
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