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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band.

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der zweiten und dritten Klasse ziemlich streng unterschieden. Der höhere Bürger¬
stand brauchte, da er Sklaven hielt, keine Handarbeit zu verrichten und ahmte nach
Kräften die Sitten und Manieren der Aristokraten nach, wogegen er gering¬
schätzig auf die herabsah, welche von ihrer Hände Arbeit lebten und in der
Regel keine Sklaven besaßen.

Die vierte Klasse endlich bewohnte größtentheils die sandigen Hügel der
Fichtenwälder im Norden, doch waren Einige davon anch im Walde der Ebne
angesiedelt. Es waren schmutzige, träge und äußerst unwissende Menschen, die
von den andern Klassen beinahe so verachtet wurden als die Schwarzen.

Die Wohnungen der Pflanzer wurden leicht an ihrer Größe -- sie hatten
selten weniger als zehn Zimmer -- ihren geräumigen Veranden und dein
wohlgepflegten Rasenplatz oder Park vor der Front erkannt, zu welcher Alleen
von stattlichen Eichen führten. Sie waren gemeiniglich ans Holz erbaut, und
auf der Hinterseite befanden sich eine Küche, einige Negerhütten sür das Haus¬
gesinde und in einiger Entfernung eine Scheune und ein geräumiger Stall.
"Der Südländer von reiner Race," sagt Michel Chevalier, "ist freimüthig,
herzlich, offen, treuherzig in seinen Manieren, von edlem Gemüth, vornehm
in seinem Denken, er ist ein würdiger Sprößling des englischen Gentleman.
Von Kindesbeinen an von seinen Sklaven umgeben, die ihm jede Mühe und
Anstrengung abnehmen, soweit sie körperlicher Natur ist, hat er wenig Neigung
zur Thätigkeit und ist er bisweilen selbst träge. Er ist großmüthig und frei¬
gebig ... Die Ausübung der Gastfreundschaft ist ihm Pflicht, aber zugleich
Glück und Vergnügen. Wie die morgenländischen Patriarchen und die Helden
Homers, schlachtet er einen Stier, um den Gast zu bewirthen, den die Vor¬
sehung ihm sendet und ein alter Freund seiner Berücksichtigung empfiehlt, und
um dieses kräftige Mahl zu befeuchten, bietet er Madeira dar, welcher zweimal
die Reise nach Ostindien gemacht hat und volle zwanzig Jahre im Keller ge¬
reift ist. Er liebt die Einrichtung seines Vaterlandes, doch zeigt er mit Stolz
das Silbergeräth seiner Familie, auf welchem das von der Zeit halb ausgelöschte
Wappen seine Abkunft von den ersten Ansiedlern bezeugt und den Beweis
führt, daß seine Ahnen von guter englischer Familie waren. Ist sein Geist
durch Studien gebildet, und hat eine Reise durch Europa ihm feinere Sitten kennen
gelehrt und seinen Geschmack verfeinert, so gibt es keinen Ort in der Welt,
wo er nicht vortheilhaft auftreten, keine Bestimmung zu hoch, die er nicht er¬
reichen würde. Er gehört zu den Menschen, die man gern zu Gesellschaftern
hat ip:d zum Freunde zu haben wünscht. Feurig und warmherzig ist er von
dem Holze, aus dem große Redner gemacht werden. Er ist besser geeignet,
Menschen zu gebieten, als die Natur zu besiegen und sich den Boden dienstbar
zu machen. Wenn er einen gewissen Grad vom Geist der Methode und ich


der zweiten und dritten Klasse ziemlich streng unterschieden. Der höhere Bürger¬
stand brauchte, da er Sklaven hielt, keine Handarbeit zu verrichten und ahmte nach
Kräften die Sitten und Manieren der Aristokraten nach, wogegen er gering¬
schätzig auf die herabsah, welche von ihrer Hände Arbeit lebten und in der
Regel keine Sklaven besaßen.

Die vierte Klasse endlich bewohnte größtentheils die sandigen Hügel der
Fichtenwälder im Norden, doch waren Einige davon anch im Walde der Ebne
angesiedelt. Es waren schmutzige, träge und äußerst unwissende Menschen, die
von den andern Klassen beinahe so verachtet wurden als die Schwarzen.

Die Wohnungen der Pflanzer wurden leicht an ihrer Größe — sie hatten
selten weniger als zehn Zimmer — ihren geräumigen Veranden und dein
wohlgepflegten Rasenplatz oder Park vor der Front erkannt, zu welcher Alleen
von stattlichen Eichen führten. Sie waren gemeiniglich ans Holz erbaut, und
auf der Hinterseite befanden sich eine Küche, einige Negerhütten sür das Haus¬
gesinde und in einiger Entfernung eine Scheune und ein geräumiger Stall.
„Der Südländer von reiner Race," sagt Michel Chevalier, „ist freimüthig,
herzlich, offen, treuherzig in seinen Manieren, von edlem Gemüth, vornehm
in seinem Denken, er ist ein würdiger Sprößling des englischen Gentleman.
Von Kindesbeinen an von seinen Sklaven umgeben, die ihm jede Mühe und
Anstrengung abnehmen, soweit sie körperlicher Natur ist, hat er wenig Neigung
zur Thätigkeit und ist er bisweilen selbst träge. Er ist großmüthig und frei¬
gebig ... Die Ausübung der Gastfreundschaft ist ihm Pflicht, aber zugleich
Glück und Vergnügen. Wie die morgenländischen Patriarchen und die Helden
Homers, schlachtet er einen Stier, um den Gast zu bewirthen, den die Vor¬
sehung ihm sendet und ein alter Freund seiner Berücksichtigung empfiehlt, und
um dieses kräftige Mahl zu befeuchten, bietet er Madeira dar, welcher zweimal
die Reise nach Ostindien gemacht hat und volle zwanzig Jahre im Keller ge¬
reift ist. Er liebt die Einrichtung seines Vaterlandes, doch zeigt er mit Stolz
das Silbergeräth seiner Familie, auf welchem das von der Zeit halb ausgelöschte
Wappen seine Abkunft von den ersten Ansiedlern bezeugt und den Beweis
führt, daß seine Ahnen von guter englischer Familie waren. Ist sein Geist
durch Studien gebildet, und hat eine Reise durch Europa ihm feinere Sitten kennen
gelehrt und seinen Geschmack verfeinert, so gibt es keinen Ort in der Welt,
wo er nicht vortheilhaft auftreten, keine Bestimmung zu hoch, die er nicht er¬
reichen würde. Er gehört zu den Menschen, die man gern zu Gesellschaftern
hat ip:d zum Freunde zu haben wünscht. Feurig und warmherzig ist er von
dem Holze, aus dem große Redner gemacht werden. Er ist besser geeignet,
Menschen zu gebieten, als die Natur zu besiegen und sich den Boden dienstbar
zu machen. Wenn er einen gewissen Grad vom Geist der Methode und ich


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[0151] der zweiten und dritten Klasse ziemlich streng unterschieden. Der höhere Bürger¬ stand brauchte, da er Sklaven hielt, keine Handarbeit zu verrichten und ahmte nach Kräften die Sitten und Manieren der Aristokraten nach, wogegen er gering¬ schätzig auf die herabsah, welche von ihrer Hände Arbeit lebten und in der Regel keine Sklaven besaßen. Die vierte Klasse endlich bewohnte größtentheils die sandigen Hügel der Fichtenwälder im Norden, doch waren Einige davon anch im Walde der Ebne angesiedelt. Es waren schmutzige, träge und äußerst unwissende Menschen, die von den andern Klassen beinahe so verachtet wurden als die Schwarzen. Die Wohnungen der Pflanzer wurden leicht an ihrer Größe — sie hatten selten weniger als zehn Zimmer — ihren geräumigen Veranden und dein wohlgepflegten Rasenplatz oder Park vor der Front erkannt, zu welcher Alleen von stattlichen Eichen führten. Sie waren gemeiniglich ans Holz erbaut, und auf der Hinterseite befanden sich eine Küche, einige Negerhütten sür das Haus¬ gesinde und in einiger Entfernung eine Scheune und ein geräumiger Stall. „Der Südländer von reiner Race," sagt Michel Chevalier, „ist freimüthig, herzlich, offen, treuherzig in seinen Manieren, von edlem Gemüth, vornehm in seinem Denken, er ist ein würdiger Sprößling des englischen Gentleman. Von Kindesbeinen an von seinen Sklaven umgeben, die ihm jede Mühe und Anstrengung abnehmen, soweit sie körperlicher Natur ist, hat er wenig Neigung zur Thätigkeit und ist er bisweilen selbst träge. Er ist großmüthig und frei¬ gebig ... Die Ausübung der Gastfreundschaft ist ihm Pflicht, aber zugleich Glück und Vergnügen. Wie die morgenländischen Patriarchen und die Helden Homers, schlachtet er einen Stier, um den Gast zu bewirthen, den die Vor¬ sehung ihm sendet und ein alter Freund seiner Berücksichtigung empfiehlt, und um dieses kräftige Mahl zu befeuchten, bietet er Madeira dar, welcher zweimal die Reise nach Ostindien gemacht hat und volle zwanzig Jahre im Keller ge¬ reift ist. Er liebt die Einrichtung seines Vaterlandes, doch zeigt er mit Stolz das Silbergeräth seiner Familie, auf welchem das von der Zeit halb ausgelöschte Wappen seine Abkunft von den ersten Ansiedlern bezeugt und den Beweis führt, daß seine Ahnen von guter englischer Familie waren. Ist sein Geist durch Studien gebildet, und hat eine Reise durch Europa ihm feinere Sitten kennen gelehrt und seinen Geschmack verfeinert, so gibt es keinen Ort in der Welt, wo er nicht vortheilhaft auftreten, keine Bestimmung zu hoch, die er nicht er¬ reichen würde. Er gehört zu den Menschen, die man gern zu Gesellschaftern hat ip:d zum Freunde zu haben wünscht. Feurig und warmherzig ist er von dem Holze, aus dem große Redner gemacht werden. Er ist besser geeignet, Menschen zu gebieten, als die Natur zu besiegen und sich den Boden dienstbar zu machen. Wenn er einen gewissen Grad vom Geist der Methode und ich

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/151>, abgerufen am 28.09.2024.